Ein Leserbrief zu den aktuellen Katastropen und denen, die sie ausnutzen
Hetze und Fake-News in Zeiten von Katastrophen

Symbolbild | Foto: Symbolbild

Landkreis. Zur aktuellen Situation nach der Flutkatastrophe wird uns geschrieben:

Nach jeder (Menschheits) Katastrophe ist der immer gleiche Reflex bei gewissen Gruppierungen zu beobachten: Leugnen der Fakten, der Verdacht eines geheimen Masterplans der Eliten, Fake-News und nicht zuletzt, die Katastrophe für die eigene (politische) Agenda zu instrumentalisieren, ja gar zu missbrauchen. Egal ob 09/11, die Corona-Pandemie oder nun ganz aktuell die schreckliche Flutkatastrophe in unserem Land.

Wir, die anständige und brave breite Masse, empören uns: „Wie kann man nur so einen Quatsch glauben, das Leid der Menschen so ausnutzen und nicht ernst nehmen.“ Und jedes Mal aufs Neue lachen sich die Querdenker und Schwurbler eins ins Fäustchen, wenn sie wieder einen veritablen Empörungs-Shit-Storm in der „Lügenpresse“ entfacht haben. Lachen denen ins Gesicht, die an Anstand, Menschlichkeit, Werte, Mitgefühl und Vernunft glauben.

Offenbar scheint diesen Leuten die Fähigkeit zu rationalen, kritischen, reflektierten Denken und damit einhergehend auch die Fähigkeit zur Empathie für andere Menschen wie Sichtweisen irgendwann in ihrem Leben verloren gegangen zu sein! Vielleicht weil sie selbst einmal Zuständen von Ohnmacht ausgeliefert waren und deshalb jegliches Aufflackern von Ungewissheit, Überwältigung oder Leid von sich weisen? Wozu sich solche vereinfachenden Theorien oder aus dem Kontext gerissene Bilder, Videos oder Aussagen hervorragend eignen.

Querdenker und Verschwörungsgläubige scheinen in ihrer eigenen Filterblase zu leben, in der die Welt in Schwarz und Weiß aufgeteilt wird, in „die da oben und ich hier unten, in dumme Herdenschafe und ich lass mich nicht mehr für dumm verkaufen.“ Diese eingeschränkte Weltsicht scheint das eigene Leben erträglicher zu machen.

Der reflexartige Widerstand gegen alles, was von der breiten Masse geglaubt wird, gepaart mit der Überzeugung, im Besitz der einzig wahren und richtigen Wahrheit zu sein, egal wie absurd, hetzerisch oder antisemitisch sie auch sein mag. Das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gruppe der „Wissenden“, die hinter den „Schleier" geschaut hat, erzeugt bei den Betroffenen wiederum ein Gefühl der Identität und der Kohärenz: einer Übereinstimmung der äußeren Welt mit dem eigenem inneren Erleben. Solch ein einmal erworbenes Identitätsgefühl gibt man nicht mehr so schnell her.

Was bleibt nach der Verhöhnung, Leugnung und Instrumentalisierung der Flutopfer, den erneuten Ausschreitungen am Wochenende bei der verbotenen Querdenker-Demo in Berlin?

Antwort: Alles beim Alten. Leider.

Auch bei der nächsten großen Katastrophe, die sicher kommen wird, wird man die Verharmlosung, Vereinfachung und Leugnung wieder beobachten können, ebenso wie den Aufschrei der empörten, schweigenden Mehrheit.

So bleibt für mich am Ende die Frage: Wo hört die freie Meinungsäußerung wie Dialogbereitschaft auf - beides übrigens wichtige Errungenschaften einer funktionierenden Demokratie - mit Akteuren, die zum Teil offen rechtsradikal sind, die die demokratische Grundordnung ablehnen?

Die zwar jedes Mal lautstark brüllen, dass Ihre Meinungsfreiheit beschnitten wird - aber gleichzeitig auf andere Meinungen wie demokratische Institutionen (wozu auch die Polizei gehört) mit Füßen treten - leider nicht nur im übertragenen Sinne!

Oliver Domöse, Stockach Wahlwies

Leserbriefe geben nicht zwingend die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich auch vor Leserbriefe zu kürzen.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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