Der „Heilige Sebastian“ von Curt Lahs in der Sonderausstellung „Hölle & Paradies“ in Engen
Die Schaffung eines neuen, freiheitlichen Menschen

Sonderausstellung Hölle und Paradies, Engen | Foto: Curt Lahs, Heiliger Sebastian, 1918, Privatbesitz 
swb-Bild: Bernhard Strauss
  • Sonderausstellung Hölle und Paradies, Engen
  • Foto: Curt Lahs, Heiliger Sebastian, 1918, Privatbesitz
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Engen. Zum Abschluss unserer Bildbetrachtungen zur aktuellen Sonderausstellung kommen wir auf das Titelbild von „Hölle & Paradies“ zu sprechen, auf das kleine Aquarell des „Heiligen Sebastian“ von Curt Lahs aus dem Jahr 1918. Es wurde als Leitmotiv gewählt, weil es die beiden Grundaspekte der Ausstellung, die Hölle und das Paradies, in sich vereint.

Da ist zum einen der Soldatenheilige Sebastian, der eigentlich ein christlicher Märtyrer in römischer Zeit war, als das Bekenntnis zum christlichen Glauben noch mit der Todesstrafe geahndet wurde. Die Künstler kurz vor und nach dem Ersten Weltkrieg haben ihn als Sinnbild für ihr Außenseitertum angesehen, weil sie sich von der Gesellschaft unverstanden, wenn nicht geächtet fühlten. Außerdem war er Soldat wie sie, und musste daher wie viele Künstler die Grausamkeiten des Krieges über sich ergehen lassen.

Curt Lahs zeigt also den Heiligen Sebastian, zwar nicht von Pfeilen durchbohrt, aber in die blaue Farbe des Geistes getaucht. Und eben darum ging es den Expressionisten: Um ein neues geistiges Zeitalter, um die Schaffung eines neuen, freiheitlichen Menschen.

Die Farbe Blau ist auch Sinnbild des Himmels, des Unendlichen, des Kosmos. Der neue Geistmensch sollte in den großen Zusammenklang von irdischen und kosmischen Kräften eingebunden sein und auf diese Weise den blinden Materialismus und den zerstörerischen Nationalismus überwinden. Nach Schiller und Beethoven: „Alle Menschen werden Brüder…“.

Insofern ist dieses kleinformatige Aquarell eine Hymne an die Überwindung des menschlichen Leidens durch die Universalität der Humanität des schöpferischen Geistes. Es ist wichtig, diese Zusammenhänge zu kennen, um zu erahnen, unter welch extremen Spannungen die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg standen, und mit welchen Sehnsüchten und Hoffnungen sie verbunden waren – zwischen „Hölle & Paradies“.

Mit diesem zuversichtlichen Ausblick auf die schöpferischen Fähigkeiten des Menschen endet die kleine Bilderreise. Von den gezeigten 113 Werken konnten im Verlauf der „Corona-Wochen“ 16 Bilder besprochen werden – ein kleiner aber repräsentativer Ausschnitt. Die Sonderausstellung läuft noch bis zum 13. September.

Autor:

Ute Mucha aus Moos

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