Radolfzeller Stolpersteininitiative erinnert an Reichspogromnacht
Aufstehen gegen entsehendes Unrecht

Stolpersteine Gedenken | Foto: Klassenlehrerin Susanne Braun (li.) mit drei Schülerinnen und Schülern bei der Reinigung des Stolpersteins für Ernst Gnirs in der Seestraße. swb-Bild: Heim
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Radolfzell. In der vergangenen Woche fand eine Mahnwache zum Gedenken an die Reichspogromnacht und zeitgleich die Reinigung der 23 Radolfzeller Stolpersteine statt. Über 20 Teilnehmer vernahmen auf dem Seetorplatz beim Gurs-Stein die Begrüßung durch Ute Müller. Plötzlich bringt Klaus Riedel, Mitglied der Initiative Stolpersteine Radolfzell mitgebrachte Fensterscheiben zum Klirren und dreht zuerst langsam, dann immer schneller zwei brennende Fackeln vor seinem, Körper. »Den Schrecken nachzuvollziehen, der damals alle erfasste«, so Ute Müllers begleitender Kommentar, »die den Brand und die Zerstörung der Konstanzer Synagoge am Morgen des 10. November 1938 miterlebten, können wir heute kaum noch nachempfinden«.

Sie erinnerte an die Reichspogromnacht, in der 267 Synagogen brannten, jüdische Wohnungen und Geschäfte zerstört und ihre Besitzer vom Mob durch die Straßen gejagt wurden. 400 von ihnen seien in jener Nacht ermordet, 30.000 in Konzentrationslager gesteckt worden. Sie fragt, ob »wir die Courage gehabt hätten, uns diesen Schergen entgegenzustellen und den jüdischen Nachbarn zu helfen«. Ute Müller knüpfte dann an die heutige Zeit an: »Sind wir bereit die Werte unserer Demokratie, Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität, mitzutragenund zu verteidigen? Und das in Zeiten, in denen Politiker für ihre Überzeugungen Morddrohungen erhalten, die nach der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübke mehr als ernst zu nehmen sind? Hätten wir uns vor den Eingang der Synagoge in Halle gestellt? Wie dicht uns doch die Schatten der Reichspogromnacht wieder auf den Fersen sind!«, so Müller.

Im Anschluss wies sie darauf hin, dass die Radolfzeller Stolpersteine eine Mahnung sind, die Folgen des Wegschauens oder unbeteiligten Zuschauens zu bedenken. Müllers Forderung: »Lasst uns durch das Schicksal der hier Gewürdigten den Mut fassen, aufzustehen gegen das neu und heute entstehende Unrecht!«
Drei Schüler der Teggingerschule lasen die Leidensgeschichte von Ernst Gnirß vor, für dessen Stolperstein ihre Schule 2014 die Patenschaft übernommen hatte. In der vorangegangenen Projektwoche der Teggingerschule behandelte Klassenlehrerin Susanne Braun mit ihrer 10. Klasse das Thema »Radolfzell in der NS-Zeit und den Stolperstein für Ernst Gnirß« in der Seestraße. Dieses dezentrale Mahnmal reinigten sie in Vertretung für ihre Schule, legten eine Rose neben den Stolperstein und entzündeten eine Kerze. Die Anwesenden verteilten sich dann in verschiedenen Gruppen, um die anderen Radolfzeller Stolpersteine zu reinigen.

- Dominique Hahn

Autor:

Redaktion aus Singen

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