Archäologische Untersuchungen in Markelfingen abgeschlossen
Christliche Spuren aus der Zeit vor der Reichenau

Archäologen Markelfingen | Foto: Georg Häußler und Kreisarchäologe Dr. Jürgen Haldvor dem teilweise freigelegten römischen Brunnenschacht im künftigen Neubaugebiet in Radolfzell-Markelfingen. swb-Bild: Landratsamt Konstanz
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Radolfzell-Markelfingen. Die archäologischen Untersuchungen im künftigen Neubaugebiet »Im Tal« am östlichen Ortsrand von Markelfingen konnten nun abgeschlossen werden. Seit Juni haben Archäologen der Grabungsfirma Archaeotask GmbH unter der örtlichen Leitung von Andreas Gutekunst und Georg Häußler die künftigen Bereiche der Straßentrasse sowie des Regenrückhaltebeckens im Westteil des Baugebietes untersucht.

Die wissenschaftliche Leitung und fachliche Begleitung lag bei der Kreisarchäologie des Landratsamtes Konstanz und dem Landesamt für Denkmalpflege. Kreisarchäologe Dr. Jürgen Hald hatte mit seinem Mitarbeiter Björn Schleicher vor einem Jahr bei Probe schürfen die Reste einer römischen Siedlung aus dem 1. bis 3. Jahrhundert n. Chr. entdeckt, die nur wenig entfernt von der Kirche St. Laurentius unerkannt unter dem Acker- und Wiesenboden schlummerten. Ziel der vorgezogenen Ausgrabungen war die Freilegung der archäologischen Befunde, deren Sicherung und Dokumentation bevor die Erschließungsarbeiten beginnen. Damit konnte eine Verzögerung beim Baustart vermieden werden.

Überraschend war die große Zahl von etwa 400 Einzelfundstellen auf der 6.000 Quadratmeter großen Grabungsfläche. Sie zeigen, dass nach ersten Siedlungstätigkeiten während der Bronzezeit, rund 1500 v. Chr., römische Siedler die Gunst dieses Siedlungsareals wiederentdeckten. An einem flachen Hang mit Blick auf den Gnadensee und guter Wasserversorgung durch den aus dem Mindelsee gespeisten Mühlbach errichteten sie vermutlich schon im 1. Jh. n. Chr. einfachere Pfostengebäude mit Flechtwerkausfachungen.

Das Gelände wurde von zahlreichen Zäunen unterteilt und abgegrenzt. Die vielen sich überschneidenden Zaungräbchen, welche die Archäologen mühsam freigelegt haben, belegen eine rege Bautätigkeit und zahlreiche Umbauten, bevor dann im 2. Jh. n.Chr. zwei stattliche Gebäude mit Steinfundament und vermutlich fachwerkartigem Aufbau angelegt wurden. Diese stattlichen Gebäude dürften zu einem römischen Gutshof gehören, von dem im Baugebiet »Im Tal« aber nur Teilbereiche berührt werden. Vermutlich hat sich das römische Landgut weiter nach Norden und Westen in den bereits bebauten Bereich von Markelfingen ausgedehnt.

Im künftigen Regenrückhaltebecken konnten die Forscher auch zwei große Herdstellen mit aufwendiger Unterkonstruktion aus Ziegelplatten sowie einen 3,5 Meter tiefen gemauerten Brunnen freilegen. Der Brunnen war im oberen Teil, der näher untersucht wurde, mit Bauschutt und römischen Funden verfüllt. Er wurde noch während der römischen Siedlungsphase, die vermutlich im 3. Jh. n. Chr. endete, aufgegeben und aufgefüllt. Kurioserweise war in die Brunnenverfüllung auch ein Brandgrab mit verbrannten Menschenknochen eingegraben worden. »Völlig überrascht waren wir von frühmittelalterlichen Funden in einem der römischen Gebäude«, so Kreisarchäologe Dr. Jürgen Hald. Dort fand sich eine Steinpflasterung mit zwei Gruben, in welchen neben Speiseresten und Geschirrbruchstücken auch etliche Steckkreuze aus dem 6. Bis 8. Jh. n. Chr. lagen. Sie zeigen, dass in Markelfingen Alamannen einen frühchristlichen Ritus praktizierten, den man hauptsächlich aus Vergleichsfunden in Bayern kennt.

»Die Ausgrabungen haben sich auch aus wissenschaftlicher Sicht sehr gelohnt. Diese seltenen frühchristlichen Artefakte sind über die Region hinaus von großer Bedeutung, da sie die Frühphase der allmählichen Christianisierung der Alamannen beleuchten, noch bevor auf der Insel Reichenau im 8. Jahrhundert das Kloster begründet wurde«, wertet Dr. Jürgen Hald den außergewöhnlichen Fund.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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