WOCHENBLATT-Sommerinterview mit Oberbürgermeister Bernd Häusler
Conti-Abriss noch nicht ganz in trockenen Tüchern

Foto: Singens OB Bernd Häusler im Wochenblatt-Sommerinterview. swb-Bild: of/Archiv
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Singen (of). Ein hartes Stück Arbeit liegen hinter OB Bernd Häusler, dem Gemeinderat und der Singener Stadtverwaltung. Die Aufarbeitung der GVV-Insolvenz, der Rahmenplan für ein ECE Shoppingcenter einschließlich Bürgerentscheid, Planungen zum Bahnhofsvorplatz, die Sanierungsgebiete in der Innenstadt sind dabei nur einige der vielen Themen. OB Bernd Häusler fand dennnoch Zeit vor seinem Urlaub, dem WOCHENBLATT zu den wichtigsten Fragen dieses Jahres Rede und Antwort zu stehen.

WOCHENBLATT: Die Insolvenz der GVV hat die Stadt viel Kraft gekostet. Und das Thema ist noch lange nicht abgehakt, trotz aller Untersuchungsberichte. Schließlich werden nun noch strafrechtliche Konsequenzen durch die Staatsanwaltschaft geprüft und auch eine finanzielle Abwicklung der Pleite dürfte sich noch einige Jahre hinziehen.
Bernd Häusler: Das Thema hängt jetzt erst mal davon ab, wie schnell sich die Gläubiger und der Insolvenzverwalter Dr. Bilgery einig werden. Ein großes Thema, das nach wie vor im Raum steht, ist das Darlehen in Schweizer Franken über »Zins-Swops«, wo nach wie vor geprüft wird, inwieweit die damaligen Darlehensverträge rechtswirksam waren. Das läuft aber nicht über die Stadt, sondern über den Insolvenzverwalter Dr. Bilgery. Die Gläubigerversammlung und letztlich Dr. Bilgery als Verantwortlicher muss darüber entscheiden, ob er gegen den Geber der Franken-Kredite mit einer Anfechtungsklage vorgeht. Hierzu sind noch Gutachten in Arbeit. Je nachdem, wie diese Entscheidung ausfällt, wird sich dann auch erst zeigen, was für die Stadt Singen an Kosten übrig bleibt.
Es ist sehr komplex und man kann es auch noch nicht genau beziffern.
Auf jeden Fall haben wir aktuell rund 10 bis 12 Millionen Euro bereits bezahlt, inklusive des Kassendarlehens, das die Stadt Singen der GVV in 2013 noch gewährt hatte. Wir haben auch ein Teil der Bürgschaften auszahlen müssen, die EU-rechtlich unproblematisch waren und die noch aus der Übergangszeit des städtischen Wohnbestands an die GGV aus dem Jahr 1995 stammen.

WOCHENBLATT: Es fehlen also noch rund 20 Millionen Euro, die auf die Stadt zukommen?
Bernd Häusler: Da muss man abwarten und das kann so noch nicht beziffert werden. Das war jetzt erst mal das, was an Geld geflossen ist.
Aber es gibt ja auch noch einen Wertverlust, weil die Immobilien nun weg sind. Heute eine Prognose abzugeben, ist wie in eine Glaskugel zu schauen. Erst am Schluss kann sich wirklich verifizieren lassen, was wir an barem Geld bezahlt haben und was an Wert verloren ging. Da gerade die Sache mit den Zins-Swops durchaus Präzedenzcharakter hat, könnte sich das im Fall einer Klage noch viel länger hinziehen.

WOCHENBLATT: Nun ist die GVV auf jeden Fall erst mal weg und in Singen gibt es in Problem zur Versorgung mit Wohnraum, vor allem günstigem. Wäre da nicht doch ein städtischer Wohnbau-Eigenbetrieb vornöten?
Bernd Häusler: Das Problem der Wohnraumversorgung haben wir auch mit der GVV gehabt. Sie hat in ihrer Geschichte nicht ein einziges Mietwohnungsprojekt verkauft und den ehemaligen städtischen Wohnbestand auf rund 400 halbiert. Ich spüre nun eher mehr, dass Singen durch den Wegfall der GVV für andere Investoren aus der Region wie von außerhalb wieder interessant geworden ist. Ein Beispiel sind die aktuellen Investitionen in Wohnraum bei der Hohenkrähenstraße durch einen Investor der hier jahrelang nichts mehr gemacht hatte. Unsere beiden Wohnbaugenossenschaft sind höchst aktiv, die bis zum nächsten Jahr über270 Wohnungen auf den Mietwohnungsmarkt bringen oder den Start zu vollziehen. Auch für das Projekt Malvenweg (ehemaliges Herler-Heim) haben wir inzwischen einen Investor, der nun an die Mehrfachbeauftragung geht, so dass hier bis Ende des Jahres der Architekt feststehen könnte. Es gibt auch weitere Gespräche mit Investoren, die sehr interessant sind. Klar muss man sich da allerdings darüber sein, dass dies zu einer Verdichtung der Bebauung in der Innenstadt führen würde. Da bin ich gespannt, was es da für Reaktionen aus der Nachbarschaft geben wird. Das wird sicher auch noch ein spannender Prozess. Eine neue städtische Wohnbaugesellschaft wäre derzeit nur ein Schuss aus der Hüfte.

WOCHENBLATT: Uns als Zeitung gegenüber laufen immer wieder Menschen auf, die keine Wohnung finden und die im „Conti“ gelandet sind um nicht obdachlos zu werden.
Bernd Häusler: Wir sind nicht das Sozialamt und haben keine Sozialwohnungen anzubieten. Wir sind für die Unterbringung Obdachloser zuständig und investierten gerade 2,4 Millionen Euro für ein neues Heim am Bahnhof das in einigen Wochen fertig sein soll. Wir investieren fast eine Million Euro in ein Projekt in der Rielasinger Straße um den regulären Mietern im Conti wegen des geplanten Abrisses wieder regulären Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

WOCHENBLATT: Apropos Conti-Abriss. Wann kommt der Schandfleck nun wirklich weg?
Bernd Häusler: Wir sind jetzt so weit, dass wir für fast alle regulären Mieter Ersatzwohnraum haben. Das Obdachlosenheim steht Ende September zur Verfügung, die Asylbewerber aus dem Nachbarhaus sind schon seit Ende Juni ausgezogen und in andere Einrichtungen verlegt worden. Wir haben jetzt noch ein Problem mit einem Funkmast auf dem Gebäude. Für einen der beiden Anbieter konnten wir einen neuen Standort finden, mit dem anderen gibt es noch rechtliche Auseinandersetzung obwohl ein Auflösungsvertrag unterschrieben wurde. Allerdings würde dieser Vertrag, falls alle Stricke reißen, auch nur noch bis Oktober 2018 gehen. Die Zuschüsse aus dem Sanierungsgebiet für den Abriss würden uns noch bis Frühjahr 2019 zur Verfügung stehen, so dass wir schon noch Zeit haben. Wir wollen trotzdem das Conti natürlich so schnell wie möglich abreissen. Schließlich soll auch schon im September der Siegerentwurf für eine mögliche Neugestaltung des Sanierungsgebiets Scheffel-Areal gekürt werden, der da die weitere Richtung festlegt.

In der nächsten Ausgabe des WOCHENBLATT folgt der zweite Teil des Interviews. Die Fragen stellte Chefredakteur Oliver Fiedler

- Matthias Güntert

Autor:

Redaktion aus Singen

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