Welche Auswirkungen haben die vielen Lockdown-bedingten Schließungen auf Menschen, die zurzeit eigentlich für ihr Berufsleben vorbereitet werden sollen?
Corona als Ausbildungsbremse?

Ausbildung Gastro | Foto: Vielen Azubis geht aufgrund des Lockdowns gerade die Möglichkeit verloren, praktische Erfahrungen in einem normalen Berufsalltag zu sammeln. Nicht nur in der Gastronomie. swb-Bild: Adobe Stock
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Region. Seit fast einem Jahr bereitet uns die Corona-Krise allerhand Unannehmlichkeiten. Viele davon sind allenthalben zu spüren: Fehlender Kontakt zu Mitmenschen, Maskenpflicht in der Öffentlichkeit und geschlossene Geschäfte und Schulen sind dabei allerdings nur ein Teil der Corona-Realität, denn vieles davon zieht einen sprichwörtlichen »Rattenschwanz« hinter sich her.

Beispielsweise wenn es um Ausbildungszeiten geht. Was passiert zum Beispiel mit Menschen, die derzeit eine Ausbildung in einer Branche machen, die von den coronabedingten Schließungen betroffen ist? Alexandra Thoß, Geschäftsführerin und Leiterin Ausbildung der IHK Hochrhein-Bodensee, erklärt dazu auf Anfrage des Wochenblatts: »Die Situation ist für alle Beteiligten nicht optimal, weder für die Auszubildenden noch für die Ausbilder. Dennoch versuchen viele Unternehmen, ihre Azubis so lange es geht mit entsprechenden Aufgaben zu beschäftigen. Sie bekommen eigene Projekte und erarbeiten sich eigenständig Wissen.«

Laut Auskunft der IHK habe die ungewöhnliche Ausbildungssituation bisher allerdings noch keine allzu großen Auswirkungen auf die Prüfungen, da in Summe die fehlende Praxiszeit »nicht so erheblich war«, erklärt Thoß. Außerdem haben sich die Kammern darauf geeinigt, im Sinne der Prüflinge großzügig bei der Zulassung zur Prüfung vorzugehen.

Prüfungsanforderungen werden nicht gesenkt

Ohnehin sei die Zulassung zur Prüfung letztendlich immer eine Einzelfallentscheidung und hänge davon ab, wie der Ausbildungsbetrieb die berufliche Handlungsfähigkeit des Azubis beurteilt.
Es könne daher durchaus sein, dass ein Auszubildender die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten in der kürzeren Zeit bereits erworben hat. »Auf jeden Fall werden die Prüfungsanforderungen nicht gesenkt, das würde zu Lasten der Qualität der beruflichen Bildung gehen«, betont Alexandra Thoß. Auch wenn Azubis ihre Kenntnisse in kürzerer Zeit als normal erworben haben, müssen sie diese also in der regulären Prüfung unter Beweis stellen.

»Wir wissen nicht, wie lange die Pandemie noch unser Leben bestimmen wird. Sollte sich die Lage nicht bald ändern und die Ausbildung kann nicht so stattfinden, wie sie sollte, dann ist denkbar, dass die Dauer der Ausbildung verlängert wird. Das ist ja ein ganz regulärer Prozess, der auch eintreten würde, wenn ein Auszubildender wegen längerer Krankheit ausfällt«, erklärt Thoß gegenüber dem Wochenblatt.
Auch die Lehrer-ausbildung ist betroffen

Geschlossen bleiben derzeit auch die Schulen. Das ist nicht nur für die Schülerinnen und Schüler eine ungünstige Situation, es hat auch Einfluss auf die rund 4.500 Referendarinnen und Referendare, die seit dem Beginn des vergangenen Jahres momentan eigentlich ihre anderthalbjährige Praxisphase und damit einen wichtigen Baustein der Lehrerausbildung an den Schulen absolvieren sollten.
Wie das Kultusministerium des Landes auf Anfrage des Wochenblatts mitteilt, erfolgt die Beurteilung der Unterrichtspraxis derzeit ausschließlich in einem alternativen Format. An Stelle der Beurteilung der Unterrichtspraxis tritt dabei eine mündliche Präsentation einer geplanten Unterrichtsstunde mit einem anschließenden Reflexionsgespräch.

Verlängerung nicht angedacht

»Die angehenden Lehrerinnen und Lehrer werden aktuell natürlich trotzdem im Unterricht ausgebildet. Sie übernehmen wie die vollständig ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer Fernunterricht und beschulen die Schülerinnen und Schüler über diesen Weg. Am Ende des Vorbereitungsdienstes erfolgt außerdem verpflichtend eine Beurteilung der Schulleitung. Diese Beurteilung basiert auf der Unterrichtsbeobachtung, welche durch die Schulleitung weiter stattfindet, sodass die Fähigkeiten der Lehrerinnen und Lehrer im Unterricht weiterhin begutachtet werden«, erklärt Benedikt Reinhard, Pressereferent beim Kultusministerium. Eine generelle Verlängerung des Vorbereitungsdienstes sei keine Option, da dies eine erhebliche Lücke bei der Lehrerversorgung für die kommenden Schuljahre bedeuten würde.

Eine individuelle Verlängerung ist aber aufgrund besonderer Härten wie beispielsweise einer längeren Erkrankung oder auch einer besonderen Pflegesituation möglich, so die Info aus dem Ministerium.

Und die Schüler?

Aber auch für Schüler ist die Situation alles andere als einfach. Das liege vor allem daran, dass sie aus der Ferne nicht vernünftig betreut werden, wie Claudia Schubärth-Pulla von der Schülerhilfe Singen erklärt. »Wir beobachten immer wieder, dass Online-Unterricht im Grunde nichts weiter ist, als sich Aufgaben hin und her zu schicken. Das ist nicht Sinn der Sache, vor allem leidet aber die Lernqualität extrem darunter, was sich später auch auf das Berufsleben auswirken kann.«

- Dominique Hahn

Autor:

Redaktion aus Singen

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