Interview mit Thomas Jochim
Das Mensch sein als wichtige Aufgabe

Aktivist Thomas Jochim | Foto: Thomas Jochim mit einer weiteren Aktivistin am Morgen des 1. Advent beim Kriegerdenkmal zur Mahnwache für Frieden und Klimagerechtigkeit. swb-Bild: pr
  • Aktivist Thomas Jochim
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Engen. Er ist seit vielen Jahren aktiv und engagiert in der Klima- und Friedensbewegung und Initiator des Alternativen Weihnachtsmarktes in Engen. Thomas Jochim ist Mahner und Aktivist und fordert lautstark von Politik, Wirtschaft und jedem einzelnen Bürger, Verantwortung zu übernehmen für die zukünftigen Generationen und die Erde - eine »radikale Umkehr zum Leben«.

Wochenblatt: Sie sind seit vielen Jahren Friedens- und Umweltaktivist, welche Ziele haben Sie erreicht und welche streben Sie noch an?
Thomas Jochim: Gemeinsam haben wir Die Grünen auf Bundes- und Landkreisebene gegründet, den Atomkrieg in den 80er Jahren in Europa verhindert, die Blockkonfrontation durch »Schwerter zu Pflugscharen« und »Ohne Rüstung leben« aufgeweicht und die Wiedervereinigung gefördert, den Atomausstieg und die Erneuerbaren in Deutschland durchgesetzt. Ich möchte weiter dafür arbeiten, dass sich im Kleinen wie im Großen, nah und fern ein erdverträgliches und enkeltaugliches Leben durchsetzt.

Wochenblatt: Vor Jahren hoben Sie den alternativen Weihnachtsmarkt im Alten Stadtgarten in Engen aus der Taufe. Nun fielen dieses Jahr alle Weihnachtsmärkte Corona zum Opfer, Sie wollen künftig die Organisation des alternativen Marktes in andere Hände legen – wie sieht die Zukunft des AWM aus?
Thomas Jochim: Zuerst war der AWM ab 1999 auf dem Marienplatz hinter der alten Stadtkirche, als Mahnung gedacht zu Beginn der Adventszeit: Das Motto »... und Frieden auf Erden??!« sollte die Augen und Herzen öffnen für die von uns Menschen verursachten grausamen Realitäten auf der Erde. Frieden kommt nicht durch Kaufrausch, tolle Autos und glamouröse Fernseh- und Rüstungsprogramme, sondern nur durch Umkehr, wie bei den Hirten. Corona machte es möglich, dass wir darauf am 1. Advent beim Kriegerdenkmal wieder besonders hinweisen konnten. Die Unterstützung, die ich aus unserem Team bei dieser Aktion erfuhr, macht mich zuversichtlich, dass 2021 wieder ein AWM stattfinden wird.

Wochenblatt: Ihr Engagement für Frieden und Umwelt reicht über die Grenzen des Hegaus hinaus in die Schweiz, wo in Benken ein Atomendlager entstehen soll. Wie wollen Sie das verhindern?
Thomas Jochim: Es wird kein für eine Million Jahre sicheres atomares Endlager geben und für keinen der drei ausgewählten Standorte wird es eine stichhaltige Begründung geben, warum er der am wenigsten unsichere sein soll, weder für den Bötzberg, noch für Hohentengen/Kaiserstuhl oder Benken/Marthalen. Der Entsorgungsnachweis als Voraussetzung für den Betrieb von Atomkraftwerken steht nur auf dem Papier. Trotzdem wird weiter Atommüll produziert. Verhindern kann ich es nicht, aber das Volk eventuell zusammen mit den Politikern.

Wochenblatt: Wie hat sich Ihre politische Einstellung entwickelt? Gab es ein Schlüsselerlebnis, dass Sie prägte?
Thomas Jochim: Mit ca. 16 Jahren sang ich mit großer Begeisterung in einem Spiritual-Chor mit zwei schwarzen Musikern aus der benachbarten amerikanischen Gemeinde, bewunderte den gewaltlosen Kampf Martin Luther Kings und war erschüttert über die Rassentrennung, den Holocaust an den Juden im Dritten Reich und den unfassbar grausamen Vietnamkrieg. Mit 23 lernte ich über meine Familie die indische Kultur und Musik und Gandhis gewaltfreien Weg der Wertschätzung aller Menschen, Rassen, Religionen und gesellschaftlichen Schichten kennen, was mich bis heute prägt und trägt.

Wochenblatt: Was motiviert Sie, immer weiter zu machen, auch wenn Sie auf Gleichgültigkeit und Ablehnung ihrer Mitmenschen stoßen?
Thomas Jochim: Der tiefe Glaube, dass jeder Mensch, tief im Herzen spürt, dass das Mensch Sein eine Aufgabe ist, in der er wachsen und reifen kann und so zur Reifung der Menschheit beiträgt.

Wochenblatt: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Thomas Jochim: Dass viele Menschen auf der ganzen Erde durch die Corona- und Klima-Krise erkennen, dass wir nur zusammen diese Krisen bewältigen können und die Erde als unsere Wohnstatt und Ernährerin nur bewahren können, wenn wir auf den Krieg in jeder Form gegen Mensch und Natur verzichten. Mit Krieg und Rüstung, mit Agrarindustrie und Massentierhaltung, mit fossilen und nuklearen Energien, mit Verschwendung und sinnloser Selbstbetäubung im Konsumrausch werden wir das Klimaziel nicht erreichen.
Und für die Stadt Engen wünsche ich mir, dass auch hier eine aktive fridaysforfuture-Bewegung entsteht, die lokal und global die Problematik zusammendenkt und auch entsprechend handelt. Vielleicht wird auch der alternative Weihnachtsmarkt ein Teil dieser Bewegung.

- Graziella Verchio

Autor:

Redaktion aus Singen

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