Hallo und guten Tag
Der Kampf um das beleglose Ticket ist entbrannt

Meine Chefin hatte dieser Tage Probleme mit der Technik und das kam so: Die Aufgabenverteilung in unserer kleinen Familie ist klar geregelt. Alle handwerklich anfallenden Arbeiten erledigt mein Leithund und für den »Papierkram« ist meine Leibköchin zuständig. Mit der Genauigkeit eines Schweizer Uhrwerks sorgt die allerbeste Ehefrau auch regelmäßig für die Vernichtung alter Unterlagen, die nicht mehr gebraucht werden. Ihr »Mitarbeiter« ist der gefräßige Aktenvernichter unter ihrem Schreibtisch. Vor wenigen Tagen allerdings war Schluss mit lustig; der Reißwolf wollte nicht mehr. Da hatten sich einige Blätter Papier in seinen Messern verheddert und es ging weder vor noch zurück. Da war guter Rat teuer. Mit einer Pinzette und viel Geduld zupfte meine Leibköchin in mühevoller Kleinarbeit das Papier Stückchenweise aus dem Rachen des streikenden Mitarbeiters. Doch alle Mühe war umsonst; der Kerl wollte nicht mehr. Mein Chef fackelte nicht lange; er packte den kaputten Aktenvernichter, brachte ihn zum Wertstoffhof und kam mit einem neuen »Mitarbeiter« für die allerbeste Ehefrau zurück.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat es auch mit der Technik; er will ein neues Ticketsystem für den öffentlichen Nahverkehr; bargeldlos, digital, die Abrechnung kilometergenau und ohne jeglichen Papierkram. Die Fahrkarten löst der moderne Zweibeiner zukünftig nicht mehr am Automaten sondern er lädt das Ticket auf seine Smartphone – App. Das ehrgeizige Ziel: Ab 2019 sollen die Papierfahrscheine im Nahverkehr in fast allen deutschen Städten passé sein. Ist das Vorhaben von Herrn Dobrindt in »fast allen« Städten auch bekannt? Ich frag’ ja nur. Schließlich ist es nicht mehr lang hin bis 2019. Warum hat es der Minister so eilig? Sieht er vielleicht eine Gefahr, weil Google und Co. sich diesen Markt auch noch unter den Nagel reißen wollen? Bisher sind die regionalen Verkehrsverbünde oder beauftragte Privatfirmen für dieses Geschäft zuständig. Will der Minister anstelle der bisherigen Flächentarife ein neues Tarifsystem um die Verkehrsverbünde fit für die Zukunft zu machen? Das erscheint aus meiner unmaßgeblichen Sicht auf vier Pfoten durchaus sinnvoll. Eine andere Möglichkeit wäre die Flächentarife beizubehalten; denn der Gesetzgeber schützt bislang dieses Modell. In Frankfurt wurde ja ein Pilotprojekt gestartet, das aber für viel Ärger gesorgt hat. Als „die Quadratur des Kreises“ bezeichnete einer der Planer das Ganze. Wenn das so schwierig ist, wie will Herr Dobrindt das bis 2019 schaffen? Wie kommen Zweibeiner ohne Smartphone dann künftig an eine Fahrkarte und wo bleibt der Datenschutz?

In diesem Sinn bis zum nächsten Mal, Ihr bunter Hund.

Autor:

Redaktion aus Singen

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