Im Radolfzeller Stadtgebiet wurden fünf neue Stolpersteine verlegt
Die Narben der Geschichte

Gunter Demnig | Foto: Der Kölner Künstler Gunter Demnig setzte die fünf neuen Stolpersteine in Radolfzell. swb-Bild: dh
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  • Foto: Der Kölner Künstler Gunter Demnig setzte die fünf neuen Stolpersteine in Radolfzell. swb-Bild: dh
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Radolfzell. Pünktlich zur diesjährigen Fastnacht hatte die Nachricht bei vielen Radolfzeller Narren für einen Schock gesorgt. Ein beliebtes Narrensprüchle, das seit Jahrzehnten gekläppert und gesungen wird, soll ein Opfer des Nationalsozialistischen Regimes verhöhnen. Die Rede ist von Josefine Fetzer, oder „Fetzer Fine“, wie sie im Narrensprüchle genannt wurde. Wie ihre Schwestern Anna Fetzer und Agnes Zimmerman wurde sie auf Grundlage des von den Nationalsozialisten erlassenen Gesetzes „Zur Verhinderung erbkranken Nachwuchses“ zwangssterilisiert. Nun konnten die Radolfzeller ihrern Frieden mit Josefine Fetzer machen, denn die Initiative Stolpersteine Radolfzell hat zusammen mit dem Kölner Künstler Gunter Demning für Sie und vier weitere Opfer des Nazi-Regimes Stolpersteine verlegt.

Narrizella nimmt Stellung

„Wir Radolfzeller Narren sind alle über diesen Stein gestolpert“, gestand Martin Schäuble, der Präsident der Narrizella Ratoldi. Jahrzehntelang habe man den oberflächlich harmlos erscheinenden Spruch gekläppert und auf die Melodie des Allensbacher Narrenmarsches gesungen, ohne sich groß Gedanken darüber zu machen. Bei den Nachforschungen, die nun angestellt wurden habe man auch nicht mehr herausfinden können, wann und wie der Spruch entstanden ist, erklärte Schäuble und betonte: „Durch die jetzige Verwendung verbietet sich eine weitere Verwendung dieses Sprüchles“, denn für ihn stehe ganz klar fest, dass hier das Motto der Zeller Fasnet oberste Priorität habe: „Allen zur Freud und niemand zum Leid“. Dafür gab es Applaus von den Anwesenden.

Es war die vierte Stolpersteinverlegung im Stadtgebiet und neben den drei Steinen für die Geschwister Fetzer in der Ekkehardstraße 16 wurden auch Steine für Hermine Bauer (Teggingerstraße 19), die Ebenfalls Opfer der Zwangssterilisierung wurde und für Josepha Trost (Bollstetterstraße 2), die im Rahmen der „Aktion T4“ nach Grafeneck verschleppt und ermordet wurde, verlegt. An den Stationen wurde das Schicksal der Opfer vorgetragen.

"Die Narben müssen bleiben, damit sich Geschichte nicht wiederholt"

„Wo sich eine Gesellschaft selbst verletzt, muss eine Narbe bleiben, damit sich die Geschichte nicht wiederholt, betonte Oberbürgermeister Staab bei der Stolpersteinverlegung. Für ihn zeigt sich gerade in der jetzigen Situation wie wichtig es ist, als Gesellschaft zusammenzuhalten. Und so sollen die Stolpersteine für ihn auch dazu Mahnen, Gräben in der Gesellschaft nicht tiefer werden lassen, sondern für einander einzustehen.

Elisabeth Burkart von der Initiative Stolpersteine Radolfzell betonte, dass dieses größte dezentrale Mahnmal zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus nicht nur eine Erinnerung sein soll, sondern auch eine Mahnung, die Menschenrechte zu achten. Sie erklärte zudem dass das Team weiter daran arbeitet, die Schicksale von Radolfzellerinnen und Radolfzellern aufzuarbeiten, die Opfer der Nationalsozialisten geworden sind.

- Dominique Hahn

Autor:

Redaktion aus Singen

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