Erste Bilanz des Einzelhandels über den Neustart

Ein tüchtiges »blaues Auge«

Landkreis Konstanz. Die Türen von des Modegeschäfts »Zinser« in der Singener Innenstadt sind weit geöffnet. Trotzdem gibt es dort Kurzarbeit, bestätigt Geschäftsleiter Stefan Suszek auf Anfrage des WOCHENBLATTs. Auch wurde gekämpft um die absurde Regelung der 800 Quadratmeter Begrenzung wegzubekommen. Seit zwei Wochen steht die ganze Fläche zur Verfügung, das Kaufinteresse sei jedoch überschaubar, zumal das Modegeschäft sonst auf einen Anteil schweizer Kundschaft rechnen kann. Kunden kämen gezielt, die Spontankäufe, die einen bedeutenden Anteil haben am Umsatz gäbe es kaum noch, zumal sie die Stadt ja auch durch geschlossene Cafes und Gastronimie ungastliche zeigte und auch die Maske nicht gerade ein Shopping-Gefühl fördere. Das Jahr 2020 werde in vielen Punkten anders werden, denn nach dem Lock Down gebe es doch eine Verunsicherung, unsichere Jobs und auch wenig sichere Perspektiven. Wenn weniger Menschen in Urlaub fahren, dann würde gespartes Geld vielleicht auch in Bekleidung für die Ferien daheim investiert, hofft er auf einen guten Sommer. Es sei schon ein ordentlich blaues Auge, was man sich hier gefangen habe und das sei auch zum Ende des Jahres nicht weg.

Schuhe machen glücklich

Positiv geht Bettina Fahr von Schuhstudio Fahr in Gottmadingen mit der schwierigen Situation in Coronazeiten um, nachdem sie fünf Wochen lang ihr Geschäft in den Dorfgärten schließen musste: »Schuhe machen Frauen glücklich und diese Glücksmomente sind jetzt gerade besonders wichtig«, ist sie überzeugt. Zwar ist der Kundenstrom nach der Wiedereröffnung eher verhalten, da die Schweizer Kunden fehlen. Doch die Stammkundschaft des Schuhstudios Fahr freut sich, ganz gezielt schöne und hochwertige Schuhe und Handtaschen auszusuchen - viele auch als Schnäppchen. »Ich schaue jetzt, dass ich meine Rechnungen zahle, jammere nicht sondern schau positiv nach vorne. Und ich hoffe, dass die Leute den lokalen Handel unterstützen und somit wertschätzen«, so Bettina Fahr.

Bewusstes Einkaufen im Blick

Rosige Aussichten gibt es für Anja Schmidt mit ihrer Boutique wundervoll in Stockach: zahlreiche Kaufwillige kommen in ihren Laden, um sich von ihr beraten zu lassen. »Mir ist in den Wochen der Öffnung aufgefallen, dass die Leute bewusst einkaufen. Sie nehmen sich Zeit für den Einkauf. Ich höre von den Kunden oft ›endlich darf ich wieder in den Laden‹. Das freut mich natürlich sehr«, erklärt Schmidt auf Nachfrage des WOCHENBLATTs. Mit der Schließung der Geschäfte durch die Coronaverordnung musste auch sie kreativ werden, sodass Schmidt die Zeit zuhause nutzte, sich über einen Online-Auftritt Gedanken zu machen. »Ich habe mich sehr in das Thema vertieft und ich hatte das Glück, dass dieses Angebot gut ankam.« Anja Schmidt konnte aus der Krise für sich persönlich positive Aspekte ziehen. »Ich sehe es nicht mehr so verbissen, sondern es macht mir richtig Spaß«, gesteht sie.

Kaufzurückhaltung noch zu spüren

»Wir sind zufrieden! Es ist sehr schön nach der langen Schließung die Kunden wieder persönlich begrüßen zu können. Noch sind die Kunden verhalten. Dies ist aber auch verständlich, da die Hygienevorschriften mit Abstand und Maske nicht gerade das gewohnte Einkaufserlebnis ermöglichen«, Erklärt Hermann Kratt, Geschäftsführer des gleichnamigen Radolfzeller Traditionskaufhauses. Eine Einfache Situation sei es trotzdem noch nicht, denn schließlich fehlen trotz allem sechs Wochen Umsatz und eine gewisse Kaufzurückhaltung sei noch zu spüren, so Kratt. Der Warendruck im Bereich der Mode sei zudem sehr groß. Trotzdem beton Kratt, dass man den Kunden das gleiche Einkaufserlebnis wie vor Corona bieten wolle. »Unsere Kunden begrüßen wir auch mit Maske mit einem Lächeln«, betont er.

- Dominique Hahn