»Theatäter« führen »Die Kinder vom Hinterhof« auf
Ein Zeichen gegen andere Zeichen dieser Zeit

Hinterhof | Foto: Ein Maskenball ist einer der vielen Höhepunkte von »Die Kinder vom Hinterhof«. Er ebnet den Weg für die Rückkehr der Familie von Paul in ihre Wohnung im Hinterhaus. swb-Bild: of
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  • Foto: Ein Maskenball ist einer der vielen Höhepunkte von »Die Kinder vom Hinterhof«. Er ebnet den Weg für die Rückkehr der Familie von Paul in ihre Wohnung im Hinterhaus. swb-Bild: of
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Singen. Es war ein Stück, das sich die Mitwirkenden der Unterstufen-Theater AG des Singener Friedrich-Wöhler-Gymnasium, besser bekannt als die »Theatäter«, selbst ausgesucht haben. Und das spürte man auch genau in den drei Aufführungen im Singener Kulturzentrum Gems am vergangenen Wochenende, wo das Ergebnis aus vielen Wochen Probenarbeit unter der Regie von Maria Vrijdaghs (Assistenz Nicola Fritsch) mit »Wir Kinder vom Hinterhof« nach seinem Roman von Lisa Tetzner in der Drehbuchfassung von Michael Assies präsentieren konnten, und dafür jedes mal mit stehenden Ovationen gewürdigt wurden.

Es ist das Jahr 1932 in Berlin, eines der Jahre, das schon für die folgenden Zeichen zu setzen begann. Ein Hinterhof mit der »Mitttelklasse« im Vorderhaus und der »Unterschicht« im Hinterhaus - und eben diesem Hof dazwischen, in das der Hausmeister das Schild »Spielen verboten« aufgehängt hat. Die Kinder machen es trotzdem, und sie merken bald, wie sich die Welt verändert. Da ist Paul (Ben Vollmer), dessen Vater seine Arbeit verloren hat und der nun für nichts mehr Geld hat, nicht mal um etwas zu Essen. Paul kann irgendwann nicht mehr anders und stiehlt die Brötchen, die der Bäcker für wie wohlhabenderen Kunden um Vorderhaus allmorgenlich frisch duftend vor die Türe legt. Da ist Mirjam (Malena Wenger), ein Waisenkind aus dem Spreewald, das bei der Kostümverleiherin aus dem Vorderhaus, ihrer kinderlosen Tante Aufnahme findet, und erst mal schon wegen ihrer Hautfarbe ausgegrenzt wird. Und da ist Willi (Jeremia Lischka) der eher offen für die Ideen der aufkeimenden »Hitlerjugend« ist, als für das herrlich bunte Gemisch dieses Hinterhofs. Zwischen diesen drei Polen entwickeln sich viele Spannungen, aus denen schließlich eine wunderschöne Hinterhofgeschichte wird. Pauls Vater fliegt leider mit der Familie aus einer Wohnung, muss ins Armenasyl. Auch er meint übrigens, dass man da endlich mal eine »andere Regierung« bräuchte. Aber die Kinder wollen ihren Spielkameraden zurück haben. Und da holen sie sogar die hartherzige Vermieterin mit ins Boot. Sie legen sich ins Zeug, putzen Schuhe, schieben Kinderwägen, holen die Milch, bügeln die Wäsche. Aber es kommt durch die kleinen Trinkgelder längst nicht das Geld zusammen, das benötigt wird. Da hilft nur noch eins: ein Maskenball soll das Quartier hier vereinen für den guten Zweck. und es wird ein wirklich toller Abend zu dessen Finale der Zauberer der Familie von Paul einen Mietvertrag präsentiert. Ein Happy-End möchte man meinen, denn Willi und seine Konsorten wurden erst mal verscheucht. Doch wie lange. Das bleibt am Schluss trotz aller Freude das Fragezeichen in der Luft.

Auf jeden Fall haben die insgesamt 22 jungen SchauspielerInnen und ArtistInnen, die hier das Publikum auf eine so sympathisch gelebte Zeitreise mitgenommen haben, hier in den Kostümen von Oxana Starosvit ein absolut ausgereiftes Theater aufgeführt. »Weiter so« möchte man da laut rufen.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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