Theater Konstanz präsentiert »Stalin« in der Spiegelhalle
„Es ist eine Krankheit der Zeit, dass Verrückte Blinde führen.“

Stalin | Foto: Stalin und Sager im Gespräch - eine erzwungene Konfrontation. swb-bild: Bjöern Jansen/ Theater KN
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  • Foto: Stalin und Sager im Gespräch - eine erzwungene Konfrontation. swb-bild: Bjöern Jansen/ Theater KN
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Konstanz. Am Samstag gelang es dem Ensemble des Konstanzer Theaters das Publikum durch die Premiere des Schauspiels „Stalin“ von Gaston Salvatore in eine Zeit des Schreckens und Terrors zu führen. „Stalin“ erzählt die Geschichte zweier Persönlichkeiten, dem cholerisch dargestellten Josef Stalin (Andreas Haase) und dem jüdischen Schauspieler Itsik Sager (Peter Cieslinski), welche im Gespräch aufeinandertreffen. Durch das junge aufstrebende Talent Lorenz Leander Haas wurde das Stück gekonnt inszeniert, in der Spielstätte Werkstatt von zwei erfahrenen Schauspielern durch hervorragende spielerische Leistung an den Zuschauer gebracht und ein Gefühl der Herausforderung im Umgang mit Gewalt und Kontrolle, welche bis in die heutige Zeit reicht, hinterlassen.

Innerhalb von knappen eineinhalb Stunden wurde dem Publikum nicht nur verdeutlicht, welche Zustände der Diktatur in der damaligen Sowjetunion herrschten, sondern auch, geleitet von Zitaten und Metaphern aus dem Stück „König Lear“, welchen Sager zur besagten Zeit im Moskauer Künstlertheater verkörpert, Aspekte des antiken Britanniens, sowie der Gegenwart aufgezeigt.

Das Schauspiel beginnt mit dem Auftritt Stalins (Haase) in Uniform, erhaben und mächtig erscheint er dem Zuschauer, im Hintergrund Hammer und Sichel, welche mit Videoprojektionen aus der Zeit der Diktatur beleuchtet werden. Doch schnell verändert sich das Bühnenbild in die Datsche Stalins, in welcher dieser in Jogginganzug und silbernen Turnschuhen auftritt. Dem Publikum wurde dadurch schnell klar, dass sich ihm ein privater Einblick in Stalins Charakter ermöglichen würde.

Sager (Cieslinski) dagegen, welcher noch im Kostüm des König Lears direkt in die Datsche Stalins gebracht worden ist, macht neben dem leger gekleideten Stalin, einen eher kultivierten Eindruck, was nicht zuletzt an der hochgestochenen Sprache Sagers liegt, welche von Zeit zu Zeit mit Zitaten aus dem Shakespeare-Drama ausgefüllt wird.

Während dem Gespräch der Beiden wird dem Zuschauer nur langsam vermittelt, aus welchem Grund Sager unfreiwillig in diese Situation gebracht worden ist. Thematisiert wird währenddessen ein möglicher Rücktritt Stalins, persönliche Erfahrungen zu der Kollektivierung der Landwirtschaft, aber auch der Selbstmord Stalins Frau.

Als dann allerdings vermehrt antisemitische Beleidigungen zu Stalins Idee der Aussiedlung aller Juden aus Großstädten führen, nimmt das Gespräch einen zunehmenden politischen Charakter an und Sager erkennt immer mehr, aus welchem Grund er als jüdischer Schauspieler in diese Situation verwickelt ist. Nachdem das Verhör des Sohnes Sagers und die Gefangennahme dessen zur Sprache kommt, kann der Zuschauer die Verbreitung von Terror durch Stalin förmlich spüren. Doch nicht nur Stalin, welcher durch seine aggressive und zugleich zerbrechliche Art der Darstellung einen sehr konträren Charakter annimmt, sondern auch Sager hat sich in der Vergangenheit schuldig gemacht, was metaphorisch auch im Bühnenbild verkörpert worden ist. Blutbefleckte Stühle und zwei Holzwände, zeigen in ihrer Einfachheit Gewalt und Unterdrückung.

Neben dem simplen Bühnenbild werden außerdem moderne Lieder zwischen beendeten Sequenzen eingesetzt, wodurch gekonnt ein Bogen zur Gegenwart gespannt wird.

Dass der Regisseur Lorenz Leander Haas mit seinen jungen 23 Jahren ein Talent der Inszenierung in sich trägt, wurde allerdings nicht nur durch Bühnenbild und Ton oder den anhaltenden Applaus aus den vollbesetzten Stuhlreihen, sondern auch durch die Lobsagung, die Schauspieler Cieslinski bei der Verbeugung aussprach, deutlich.

»Stalin« wird am Theater Konstanz bis zum 27. März gespielt. Karten und weitere Informationen unter www.theaterkonstanz.de

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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