Hallo und guten Tag
Geburtstage

Bei meinem Frauchen löst bei-spielsweise der herannahende Geburtstag in jedem Jahr ungute Gefühle aus. Am liebsten würde sie mit ihrem Mann, den kleinen Zweibeinern und mir irgendwohin fahren. Stattdessen wird von ihrem Rudel, pardon, von ihrer Familie erwartet, dass sie zu einem Geburtstagsfest einlädt. Allein die Vorbereitungen für so eine Feier lassen bei meinem Frauchen das Stimmungsbarometer schon viele Tage davor in den Minusbereich sinken. Für mich nicht verwunderlich, habe ich schließlich schon einige dieser Feste aus sicherer Entfernung in meinem Hundekörbchen beobachten können. Mein Herrchen muss bei diesen Familienfeiern unser Esszimmer jedes Mal komplett verändern. Da werden noch Tische aufgebaut und viele zusätzliche Stühle herbeigeschleppt. Ein Riesenaufwand. Und während es sich die Gäste am schön dekorierten Tisch gemütlich machen und vom Geburtstagskind bedienen lassen, hetzt mein Frauchen an ihrem Ehrentag zwischen Küche, Keller und Esszimmer hin und her. Getränke müssen nachgeschenkt, das Essen fertig zubereitet und die Kinder bei Laune gehalten werden. Dazu sollte sie auf witzig gemeinte Kommentare der Schwiegereltern ein frohgelauntes Lächeln erwidern und mit einem schlagfertigen Konter die Stimmung unterhaltsam auf einem fröhlichen Niveau halten. Beim anschließenden Essen springt sie immer wieder auf, um ihren Gästen die leergefutterten Teller wieder zu füllen oder sich um die leeren Gläser und trockenen Kehlen zu kümmern. Ein anstrengender Ehrentag, wenn man nicht andere Zweibeiner hat, die einem auch ein bisschen unter die Arme greifen. Die eigentliche Herausforderung an so einem Fest ist allerdings eine ganz andere, wie ich festgestellt habe. Wenn die zweibeinigen Gäste mit Essen und Trinken beschäftigt sind, ist alles eigentlich noch ganz einfach. Die Tatsache, seine Gäste nach der Mahlzeit mit einer lustigen Unterhaltung bei Laune zu halten und keine heiklen Themen anzusprechen, nicht in Fettnäpfchen zu treten, was vertrauliche Geschichten angeht, und sich gleichermaßen um jeden auf dem Stuhl festgesessenen Gast zu kümmern, birgt meiner Ansicht nach die größte Anstrengung an diesem Tag. Zum Glück hatte mein Frauchen bei ihrem letzten Geburtstag dann, trotz der zusätzlichen Anzahl von Gästen, noch gute Freunde eingeladen. Und ich habe festgestellt, dass die Blutsverwandtschaft überhaupt nichts darüber aussagt, wie gut sich Zweibeiner verstehen. Es sind wohl die Seelenverwandten, die bei den Zweibeinern die wirklich wichtigen Menschen im Leben darstellen. Das zeigte sich mir ganz deutlich. Während die Verwandtschaft sitzen blieb, waren es die Freunde, die meinem Frauchen unter die Arme griffen, sich um die Unterhaltung der Gäste kümmerten – und durch eine lockere und lustige Art meinem Frauchen eine schöne Geburtstagsfeier bescherten. Mir stellte sich nach diesem Tag dann die Frage, warum man nicht einfach nur die Menschen zu einer Feier einladen kann, die einem gut tun und mit denen man schöne Stunden erleben möchte. Erwartungsdruck und anstrengende Unterhaltungen haben an so einem Fest nichts zu suchen – und sollte sich ein Geburtstagskind einmal entscheiden, sich dem Stress und der Hektik der Festorganisation entziehen zu wollen, so finde ich, dass diese Entscheidung akzeptiert werden sollte. Das ist in meinen Augen dann ein richtiges Geburtstagsgeschenk.

Ihr Pünktchen.

Autor:

Redaktion aus Singen

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