Evangelische Gemeinde in Böhringen wird Vorbild für Kirchenerneuerung
Geschenke machen ohne Gegenleistung

Weimer Böhringen | Foto: Pfarrer Markus Weimer vor der Auferstehungsszene in der evangelischen Kirche Böhringen. swb-Bild: of
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Radolfzell-Böhringen. Zum Osterfest als höchstem Fest des christlichen Abendlands geht es immer um den Stein, der da vom Grabe des auferstandenen Christi weggerollt wurde. "Wir haben bis jetzt vielleicht einen kleinen Riss geschafft, aber das ist für uns schon sehr viel", schränkt der Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Böhringen, Markus Weimer ein.

Doch das ist sehr viel für den mit ansteckender Begeisterung gesegneten Seelsorger, denn die evangelische Gemeinde in Böhringen, die auch die Singener Stadtteile Überlingen und Bohlingen, wie die Orte der vorderen Höri mit abdeckt und rund 2.000 Gemeindemitglieder auf dem Papier zählt, gilt ein Stück weit als Hoffnungsträger für die Kirche der Zukunft. Eine Kirche, die gelernt hat, sich als Minderheit zu verstehen, aber genau dies als Chance nutzt, um als Gemeinschaft daraus wachsen zu können. »Quellgemeinde« ist der Begriff dazu und kommt aus dem anglikanischen England, welches Markus Weimer nachhaltig geprägt hat. Andere Begriffe dazu sind zum Beispiel die »Fresh X«-Bewegung, die ebenfalls von den britischen Inseln kommt, wo eine spürbare Erneuerungsbewegung christlicher Gemeinschaften im Gang ist. Und bei der kürzlichen Visitation durch den Badischen Oberkirchenrat wurde die Böhringer Gemeinde ein Stück weit zum Leuchtturm in ihrer Funktion als »Quellgemeinde« erhoben. »Das bedeutet nicht, dass wir eine Quelle wären die andere auch suchen, sondern eher, dass wir wissen, dass wir in Christus ein Quelle haben.

Der Prozess heißt erst seit zwei Jahren so, ist aber schon seit sechs Jahren im Gange. Wir wollen die Menschen in den Blick nehmen, die zwar zu uns gehören, die aber mit uns nicht mehr viel anfangen können. Vor dem Weihnachtsfest 2016, am Ewigkeitssonntag haben sich die aktiven Gemeindemitglieder zum Beispiel auf den Weg gemacht und in alle Haushalte, in Gemeindemitglieder wohnen, ein Licht gebracht. »Wir wollte hier auch etwas verschenken, ohne eine Gegenleistung zu erwarten« , macht Pfarrer Weimer klar. Und dieses Prinzip wird immer wieder spürbar. »Wir investieren sehr viel Energie in unsere Jugend. Wir bieten ihnen zum Beispiel ein Trainee-Programm nach der Konfirmation an, um ihnen zu ermöglichen Verantwortung zu übernehmen. Rund 70 Jugendliche haben derzeit dieses Angebot angenommen. Auch die aktuellen Konfirmanten, 38 an der Zahl, was für eine Gemeinde dieser Größe sehr beachtlich ist, haben 28 Trainees zur Seite, die sie begleiten. Dazu werden in der Gemeinde auch Stellen für Freiwillige Soziale Jahr angeboten und genutzt, wir geben unsere damit gewonnene Energie weiter für andere Projekte.

Elternabende vor der Konfirmation werden mit Bewirtung verbunden, in der Regel einen Vier-Gänge-Menü, denn damit wird spürbar, dass die Menschen hier willkommen sind. Auch rund um die Gottesdienste gehört der Kirchenkaffee und weiteres dazu, so wird auch die Zeit am Ostersonntag zwischen dem Morgengrauen und dem Festgottesdienst kulinarische begleitet. Das wirkt. Die Sonntagsgottesdienste sind inzwischen meistens voll.

Und die Gemeinde ist tatsächlich ganz leicht gewachsen in den letzten Jahren - also mehr Taufen als Sterbefälle, mehr Ein- als Austritte. Und ist eine Gemeinde wichtig, die sich nicht ums sich selbst dreht, sondern die ausstrahlen kann. Damit sieht man sich auch als Teil des Dorfs, ist Teil der Kulturnacht Radolfzell, und, und..

»Wir können die Welt nicht retten«, stellt Markus Weimer klar, aber man man zum Beispiel treffen mit den Vereinsvorständen in der Kirche abhalten, um sich näher zu kommen, um zusammen zu kommen.

Das hat auch beim Oberkirchenrat und der Bezirkssynode gewirkt: Die Gemeinde soll nämlich Standort eines weiteren Pfarrers werden, der keine eigene Gemeinde betreut, sondern die die anderen Gemeinen dabei unterstützen soll, ihren Weg in die Zukunft zu suchen. »Die Idee verfolgen wird schon seit zwei Jahren, der Beschluss bei der Visitation im März hat uns dann doch überrascht«, sagt Pfarrer Weimer. Die Stelle soll aus Spenden finanziert werden. Gesucht werden noch Spender, für die dieses Projekt der Kircherneuerung einen Euro pro Tag übrig hätten. Ein drittel habe man bereits dafür zu sammen und der Kircherat gibt eine kleine Anschubfinanziert. Das wäre nun ein wirklicher Stein, der an Ostern weggerollt werden könnte.

Mehr auch unter www.ekiboe.de

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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