Dr. Franziska Brantner von den Grünen zu "Frauen in der Corona-Krise"
Gleichstellung statt Rückschritt für Frauen

Frauenpolitik | Foto: Die Rolle der Frau in Zeiten der Corona-Krise wurde am Freitag im Cafe Horizont politisch durchleuchtet. swb-Bild: Büro Wehinger
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Singen. Auf Einladung der Landtagsabgeordneten Dorothea Wehinger zu einem Fachgespräch mit Dr. Franziska Brantner MdB Bündnis 90 / Die Grünen trafen sich Führungskräfte aus Behörden, Pflegezentrum, Betriebsrat, Krankenhaus, Agentur für Arbeit, Jobcenter, Verwaltung und Gemeinderat am Freitag im Tagungsraum des Café Horizont in Singen, um über die Auswirkungen der Corona-Krise besonders auf Frauen und ihre Arbeit zu diskutieren.

„Gleichstellungsdefizite sind während der Corona-Zeit wie unter einem Brennglas sichtbar geworden“, erläuterte Dorothea Wehinger, Sprecherin für Frauen, Familie und Kinder der Grünen Landtagsfraktion ihre Motivation zu dieser Gesprächsrunde, „Durch Homeoffice, Homeschooling, Kinderbetreuung, Kochen, Putzen, Waschen und all den Müttern zugedachten Aufgaben rückte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen wieder in weite Ferne. Zudem sind Frauen, die die Mehrheit in den „systemrelevanten Berufen“ stellen, auch finanziell im Allgemeinen und im Besonderen durch Corona betroffen. Das Klatschen für die Fachpflegekräfte in den Alten- und Pflegeheimen während Corona war schön, doch die Anerkennung muss sich auf dem Gehaltszettel bemerkbar machen. Minijobberinnen stehen beispielsweise häufig vor dem Nichts!“

Dr. Franziska Brantner, MdB, Parlamentarische Geschäftsführerin und aktuell Sprecherin für Europapolitik, lobte die Runde, denn „PolitikerInnen sind Ihre AnsprechpartnerInnen in Krisen und sind darauf angewiesen, ein Feedback von der Basis zu bekommen.“

In diesem Sinne wurde in der Runde diskutiert, was durch Corona sichtbar geworden ist, was sich verändert, aber auch wo dringend nachgebessert werden müsste. Auch im Hinblick auf eine zweite Corona-Welle, die eventuell im Herbst/Winter eintreffen könnte. Einig waren sich die ExpertInnen, dass, wenn von „systemrelevanten“ Frauen gesprochen werde, es auch feste Konzepte für die Frauen geben müsse für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

„Die Politik muss den Frauen die Zusicherung geben, dass sie arbeiten gehen können, und die Kinderbetreuung gewährleistet ist. Dies auch als wichtiges Signal an die Arbeitgeber. Dafür haben wir gekämpft und darauf haben wir uns verlassen“, appellierte Dr. Isabelle Büren-Brauch an die Adresse des Landes-Kultusministeriums.

Lösungen könnten zum Beispiel durch flexiblere Einbindung anderer Berufsgruppen in Unterricht und Betreuung gefunden werden, regte Dr. Franziska Brantner an, warum sollten z.B. MusiklehrerInnen, die in der Musikschule nicht unterrichten konnten, nicht in anderen Schulen oder Kitas einsetzbar gewesen sein. Das war laut Verordnung in Baden-Württemberg nicht möglich. „Und Bildung ist die größte und beste Investition für die Zukunft.“

Jutta Driesch, geschäftsführende Vorsitzende der Bundesagentur für Arbeit Konstanz-Ravensburg, warnte abschließend, dass der strukturelle Wandel in der Arbeitswelt auch im besonderen Maße Frauen betreffe und es dringend geboten sei, das im Auge zu behalten. Ansonsten gäbe es gerade bei den Frauen einen hohen Anstieg der Arbeitslosigkeit und damit gravierende gesamtgesellschaftliche Folgen.

„Mir war es wichtig, zu unserem Fachgespräch nicht nur weibliche Führungskräfte am Tisch zu haben, sondern auch die männliche Perspektive miteinzubeziehen. Bernd Sieber, Frank Kunde und Dominik Eisermann gaben dazu wichtige Impulse aus ihren Arbeitsbereichen. „Frauen und Männer können die Situation nur gemeinsam verbessern“, betonte Dorothea Wehinger abschließend, „Fazit: Nach der Krise darf es nicht weitergehen wie vor der Krise, sondern es muss ein neues gesellschaftliches Bewusstsein entstehen gegenüber der Gleichstellung von Frauen und Männern. Sorgearbeit darf nicht nur Sache der Frauen sein. Aufwertung der sozialen Berufe, insbesondere die Bezahlung muss angemessener werden! Die Erwerbsarbeit muss zwischen Männern und Frauen besser aufgeteilt werden. Und wir müssen weg von dem Gedanken, dass Männer die Hauptverdiener sind und Frauen nur dazuverdienen!“

Es diskutierten: Bernd Sieber (Geschäftsführer Gesundheitsverbund LK KN), Solveig Elze (Leiterin Finanzamt Singen), Ute Seifried (Bürgermeisterin Stadt Singen), Dr. Astrid Koberstein-Pes (Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt Jobcenter Landkreis Konstanz), Jutta Driesch (GF-Vorsitzende Bundesagentur für Arbeit Konstanz-Ravensburg), Frank Kunde (Betriebsrat Maggi-Nestlé Singen), Dr. Isabelle Büren-Brauch (Rechtsanwältin und Grüne Gemeinderätin Singen), Dominik Eisermann (Leiter Seniorenheim Emil-Sräga-Haus Singen), Caroline Schmalfuß (Altenpflegerin und Wohnbereichsleitung Emil-Sräga-Haus), Dr. Franziska Brantner (MdB Bündnis90/Die Grünen), Dorothea Wehinger (MdL Bündnis90/Die Grünen).

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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