OB Martin Staab im Sommerinterview, Teil 1
Heiß diskutiert: Radweg und Seezugang

Martin Staab | Foto: Oberbürgermeister Martin Staab beim Sommerinterview mit dem WOCHENBLATT im frisch sanierten Seebad. swb-Bild: dh
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  • Foto: Oberbürgermeister Martin Staab beim Sommerinterview mit dem WOCHENBLATT im frisch sanierten Seebad. swb-Bild: dh
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Radolfzell. Die Sanierung der Konstanzer Straße und Brücke hat in Gemeinderat und Stadt für einigen Unmut gesorgt. Auch die Seetorquerung wird heiß diskutiert und die Zahl der Unterstützer des Projekts wird immer dünner. Im Gespräch mit dem WOCHENBLATT schildert OB Martin Staab seine Sichtweise auf die beiden Reizthemen.

WOCHENBLATT: Zu einem Reizthema wurde in den vergangenen Monaten die Sanierung der Konstanzer Straße und Brücke. Von verschiedenen Seiten wurde der Verwaltung vorgeworfen, die Sanierung sei »verbockt« worden. Wie kann so etwas passieren?
Staab: Gemeinderat und Ausschuss haben die Planungen so freigegeben, mit den entsprechenden Mittelinseln. Es ist ein allgemeiner Grundsatz, dass man versucht autobahnähnliche Straßen, auf denen prinzipiell zu schnell gefahren wird, durch solche Maßnahmen zu beruhigen. Hier hat man sich entschieden, dies über Mittelinseln zu machen, die ja auch das Überqueren der Straße sicherer gestalten. Das ist so richtig. Was jetzt vor allem kritisiert wird, ist falsches Parken und falsche Verhaltensweisen, aber wir sind noch mitten in einer Baustellensituation. Sobald die Straße fertig ist, wird das Problem mit dem Falschparken abnehmen.
Um die Straße für die Radfahrer sicherer zu machen, könnte auf die ursprünglich angedachten Parktaschen verzichtet werden. Dadurch fallen zwar Parkplätze weg, aber bei einer Straßenplanung treffen immer gegensätzliche Interessen aufeinander. Man kann es nie allen recht machen, aber wir sind als Untere Straßenverkehrsbehörde verpflichtet, rechtlich saubere Zustände herzustellen.

WOCHENBLATT: Abgesehen von der rechtlichen Situation, die in der vorhandenen Breite keinen Radweg auf der Konstanzer Brücke zulässt – Haben Sie Verständnis für die Bürger, die sich dort Radwege statt Radstreifen gewünscht hätten?
Staab: Ja, dafür habe ich großes Verständnis, denn die gefühlte Sicherheit ist sehr wichtig. Aber die Statistiken sprechen nicht dafür, dass Radwege wirklich sicherer als Radfahrstreifen sind. Leider ist es so, dass wir den rechtlich nötigen Verkehrsraum an dieser Stelle einfach nicht haben und deshalb einen Kompromiss suchen müssen, der genau so sicher ist.

WOCHENBLATT:
Den Beschlüssen des Gemeinderats zum Thema Radweg mussten Sie aufgrund der rechtlichen Situation zweimal widersprechen. Ist es aber nicht für die Demokratie ein schlechtes Zeichen, wenn der OB den Beschlüssen des Gemeinderats widersprechen muss?
Staab: Ich darf dem Beschluss des Gemeinderats ja nur »widersprechen«. Ich darf ihn nicht ersetzen. Ersetzen darf ihn höchstens die Rechtsaufsicht und auch die hat da nochmal ein demokratisches Element vorgeschaltet, denn der Gemeinderat hat die Möglichkeit den Beschluss selbst zu revidieren. Erst im letzten Schritt, wenn der Gemeinderat den Beschluss nicht aufgehoben hätte, hätte das Regierungspräsidium den Beschluss ersetzt. Also die Demokratie ist gewahrt, aber der Begriff der Demokratie steht immer auch unter dem Begriff der Rechtmäßigkeit, die eines der höchsten Gebote in unserem Rechtsstaat ist. Deshalb muss diese natürlich gewahrt sein. Anders ausgedrückt, ohne Rechtsstaat keine Demokratie.

WOCHENBLATT: Auch über die »Seetorquerung« wird immer wieder heiß diskutiert. Glauben Sie, dass das Projekt im neuen Gemeinderat, unabhängig von den Kosten, überhaupt noch eine Chance hat?
Staab: Ich glaube es wird sich am Ende an den Kosten entscheiden. Trotz mancher Geplänkel im Kommunalwahlkampf, was die Diskussion um die Seetorquerung angeht, glaube ich nicht, dass die Ratsmitglieder dieses lang diskutierte Thema so einfach über Bord werfen können. Aber da ich nicht in 26 Köpfe hineinschauen kann, wage ich hierzu keine Prognose.

WOCHENBLATT: Gibt es eine Alternative, falls das Projekt im Herbst stirbt?
Staab: Ich glaube im Moment sind alle Alternativen ausgelotet. Wir hatten einen Brückenwettbewerb, der meines Erachtens den gleichen Fehler gemacht hat wie bei der Unterführung, nämlich mit dem Partner Bahn zusammenarbeiten zu wollen. Man wollte einen Anschluss an die Bahngleise. Ich hatte mit meinem Brückenentwurf bewusst eine Version ohne Anschluss an die Bahngleise vorgeschlagen, weil ich der Meinung war, wir müssen den attraktiven Seezugang ohne die Bahn schaffen, aber diese Variante wurde vom Gemeinderat nicht gewünscht. Deshalb sehe ich im Moment auch keine Lösung, wie man dieses Thema angehen könnte, aber vielleicht gibt es noch kluge Köpfe im Gemeinderat, die einen guten Vorschlag einbringen.

WOCHENBLATT: Das heißt, wenn kein Baubeschluss gefasst wird, bleibt alles wie es ist und die Bahn muss schauen, wie sie Barrierefreiheit herstellt?
Staab: Genau. Die Bahn ist dann gesetzlich verpflichtet, bis 2022 Barrierefreiheit auf den Bahnsteigen herzustellen. Das bedeutet, die Bahnsteige müssen niedriger gesetzt und durch Aufzüge erschlossen werden. Das ist natürlich ein sehr enger zeitlicher Korridor, von dem ich nicht glaube, dass die Bahn ihn einhalten kann, denn allein beim Eisenbahnbundesamt dauert ein Genehmigungsverfahren bis zu neun Monate und dazu müssten erstmal die fertigen Planungen der Bahn vorliegen.


Der 2. Teil des Sommerinterviews mit Oberbürgermeister Staab folgt in der nächsten Woche.

- Dominique Hahn

Autor:

Redaktion aus Singen

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