Konstanzer Forum macht viel Handlungsbedarf deutlich
Inklusion braucht mehr Vernetzung

Forum Inklusion | Foto: Trotz hoher Temperaturen kamen zahlreiche Interessierte zur zweiten Runde des FORUM Inklusion. Michael Meister (mit der blauen Baseballkappe) sprach über die Bedeutung, die das Kunstschaffen für ihn hat. swb-Bild: Stadt Konstanz
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Konstanz. Wie einfach oder schwer ist es für Menschen mit Behinderung in Konstanz an Freizeit- und Kulturaktivitäten teilzunehmen? Auf dem 2. FORUM Inklusion berichteten Betroffene und Angehörige von ihren Erfahrungen.

Stephan Grumbt, Behindertenbeauftragter der Stadt Konstanz, lud am vergangenen Montag (19. Juni) zur zweiten Runde FORUM Inklusion in den Treffpunkt Petershausen ein. Das FORUM ist eine Plattform für Menschen mit Behinderung, Angehörige und Interessierte sich auszutauschen, wie Inklusion in Konstanz momentan gelebt wird und wie sie verbessert werden kann. Themenschwerpunkte waren diesmal Freizeit und Kultur.

Zur Gesprächsrunde hatte Stephan Grumbt Menschen mit ganz unterschiedlichen Behinderungen eingeladen. Helga Bolter und Martin Prüm sind beide auf den Rollstuhl angewiesen. Helga Bolter lässt sich davon jedoch nicht abhalten, Theater am Stadttheater zu spielen und ins Theater zu gehen. Martin Prüm macht als Qigong-Lehrer Behinderte und Nichtbehinderte wieder fit. Noch bis Ende Juli kann man kostenlos jeden Mittwoch in Palmenhaus-Park zwischen 18 und 18.45 Uhr mittrainieren. Michael Meister leidet an einem psychosomatischen Schmerzsyndrom. Unter seinem Künstlernamen PIPE malt, fotografiert und gestaltet er. Aktuell ist er ins Tontaler-Projekt der Galerie mit Nebenwirkungen und der Stadt Konstanz mit eingebunden, das vom Kunstfonds Konzil gefördert wird. Menschen mit und ohne Behinderung stellen hier runde, verzierte Tonscheiben her, die an Butzenfenster im Mittelalter zur Zeit des Konzils erinnern sollen. Oswald Ammon, Kreisbehindertenbeauftragter, ist seit einem Schlaganfall vor 18 Jahren halbseitig gelähmt. Trotzdem hat der begeisterte Sportler nicht aufgegeben. Der Beweis - u.a. eine Goldmedaille im Kugelstoßen, errungen bei den Deutschen Leichtathletik-Hallenmeisterschaften der Behinderten in Erfurt. Eine Medaille kann auch Alina Rosenberg vorweisen, die erfolgreiche Konstanzer Dressurreiterin, die bei den Paralympics in Rio de Janeiro 2016 die Silbermedaille im Team errungen hat. Ihre Mutter Claudia sprach als Angehörige über das Leben mit einer Tochter, die an spastischer Disparese leidet. Rosenberg hat 1994 einen therapeutischen Reitverein gegründet. „Ich wollte einen Ort haben, wo der Sport im Vordergrund steht und nicht die Therapie."

Ein Gefühl, das den Eingeladenen nur zu vertraut ist. Denn die Freizeit- und Kulturaktivitäten helfen ihnen, eine andere Seite auszuleben. „Kunst ist für mich ein Weg meine Behinderung zu kompensieren. Dann fühle ich sie nicht mehr so sehr", sagte Michael Meister. „Es macht mir Spaß beim Theaterspielen spontan zu sein, zu zeigen, was ich empfinde und wie ich bin", so Helga Bolter. Ihr Rat: „Man muss nichts verstecken, das ist Blödsinn." Für Oswald Ammon ist der Sport ein Lebenselixier. „Ein erfülltes Leben habe ich nur, wenn ich etwas unternehme. Bloß keine Couchpotato sein, sondern sich immer wieder motivieren." Ähnlich sieht es auch Martin Prüm: „Voller Achtsamkeit sollte man das Beste aus jedem Tag machen." Qi-Gong ist für Martin Prüm „innerer Ausgleich", zugleich bleibe man beweglich. „Auch wenn man nur den Oberkörper bewegt, regt man den Blut- und Lymphfluss in den Beinen an."

Dass man auch mit einer Spastik solche Übungen machen kann, beeindruckte Claudia Rosenberg. „Ich bin immer wieder erstaunt, was es in Konstanz alles gibt. So ein Training wäre auch toll für meine Tochter und auch die Teilnehmer am therapeutischen Reiten, um vor dem Aufstieg aufs Pferd lockerer zu werden." Auch für Stephan Grumbt ist die Unkenntnis der Konstanzer Inklusionsangebote ein „Riesenproblem": „Es gibt unglaublich viel, aber wir wissen zu wenig voneinander." Grumbt sammelte Vorschläge der Anwesenden, wie man dies verbessern könnte. Unter anderem - das Gründen einer Facebook-Gruppe, eine Broschüre der Stadt ähnlich dem Seniorenratgeber mit wichtigen Adressen, weiterer Ausbau der Barrierefreiheit in Konstanz, mehr öffentliche Präsenz und Information, finanzielle Unterstützung für Betroffene und mehr Engagement in den Vereinen auch inklusive Angebote zu machen. „Eltern sollten auch ihren Kindern mehr zutrauen und mutiger sein, was die Angebote betrifft", warf Claudia Rosenberg ein. Stephan Grumbt versprach die Anregungen mit in die nächsten Sitzungen mit der Stadt zu nehmen.

Das nächste FORUM Inklusion findet am 18. September um 19 Uhr im Treffpunkt Petershausen statt. Dann steht das Thema Arbeit im Mittelpunkt.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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