Behindertenbeauftragter fühlt sich zu wenig ernst genommen
Johannes Rosenberg tritt zurück

Johannes Rosenberg | Foto: Johannes Rosenberg ist von seinem Amt als Behindertenbeauftragter zurückgetreten. seb-Bild: Archiv/ Stadtverwaltung Radolfzell
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Radolfzell. Bereits vor Weihnachten hat er es in einer E-Mail an Oberbürgermeister Martin Staab, Bürgermeisterin Monika Laule und den Behindertenrat der Stadt Radolfzell angekündigt, nun ist es offiziell. Johannes Rosenberg hat zum 1. Januar sein Amt als Behindertenbeauftragter niedergelegt.

»Meine Position ist ausschließlich nur beratend. Selbst im Gemeinderat hatte ich als Behindertenbeauftragter extrem wenige Möglichkeiten mir Gehör zu verschaffen«, schreibt Rosenberg in der besagten E-Mail, die dem WOCHENBLATT vorliegt. In dem Schreiben vergleicht er die Arbeit des Behindertenbeauftragten mit dem »Unternehmen Don Quichottes«. Es sei ein Kampf mit Windmühlen, der durch seine Behinderung noch erschwert werde, so Rosenberg. »Anliegen werden nur ganz am Rande erörtert bzw. kommen immer erst dann zur Tagesordnung und/oder werden erst dann umgesetzt, wenn Gesetze nicht mehr übergangen werden können«, heißt es in der E-Mail weiter.

Im Gespräch mit dem WOCHENBLATT erklärt Rosenberg, dass seiner Meinung nach die gesetzlichen Vorschriften in Bezug auf Behindertengerechtheit und Barrierefreiheit vielfach nicht ausreichen würden. Oft habe er versucht sich dafür einzusetzen, dass Maßnahmen ergriffen werden, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Immer jedoch erfolglos, wie er betont. Seine Vorstellung von dem Amt sei eine andere gewesen, erläutert Rosenberg im Gespräch mit dem Wochenblatt. »Ich habe gedacht, als Behindertenbeauftragter hat man einiges mehr an Mitspracherecht«, so Rosenberg. Damit begründet er seinen Rückzug aus dem Amt. Seiner Ansicht nach müssten den Behindertenbeauftragten im allgemeinen mehr Kompetenzen zugesprochen werden, damit sie etwas bewegen können. Dies betreffe seiner Meinung nach nicht nur die Stadt Radolfzell, sondern sei beispielsweise auch auf Landesebene ein Problem.

Auf Nachfrage des WOCHENBLATTEs drückte die Stadtverwaltung ihr Bedauern über Rosenbergs Entscheidung aus. »Wir bedauern, dass Herr Rosenberg nach nur wenigen Monaten von seinem Ehrenamt zurückgetreten ist, nehmen dies aber auch mit Erstaunen zu Kenntnis, denn seine Beweggründe sind aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar. Die Stadtverwaltung, genauer die Abteilung für Integration, Soziales, Bürgerschaftliches Engagement und Senioren, setzt sich sehr wohl für die Belange von Menschen mit Behinderung ein. Und so hat Herr Rosenberg von den Mitarbeitern selbstverständlich Unterstützung erfahren. Doch nach dem letzten Gespräch hatte sich Herr Rosenberg nicht mehr mit der zuständigen Abteilung in Verbindung gesetzt«, so Julia Theile von der Pressestelle der Stadtverwaltung.

»Gewisse Projekte benötigen schlichtweg einen bestimmten zeitlichen Vorlauf und können nicht nach wenigen Wochen oder Monaten realisiert werden«, erklärt Theile und fügt hinzu: »Mit den früheren Behindertenbeauftragten, Herr Futterer und Herr Weinz, hat die Stadtverwaltung stets konstruktiv zusammengearbeitet und eine gemeinsame Linie gefunden. Auch mit dem Behindertenrat ist die Zusammenarbeit sehr gut.«

Als Beispiel für ein Projekt, dessen Umsetzung einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt, nennt Theile das Thema barrierefreie Zustiege an Bushaltestellen, welches im November 2018 im Ausschuss für Planung, Umwelt und Technik behandelt worden ist. Die Stadtverwaltung habe hierzu ein umfangreiches Gesamtkonzept vorgelegt, erklärt Theile. Im Rahmen dieses Gesamtkonzepts wurden »Prioritätenlisten erstellt, in denen die zeitliche Reihenfolge der einzelnen Umbaumaßnahmen nach Dringlichkeit und Bedeutung der Bushaltestellen festgelegt wurde. Es wurden 165 Bushaltestellen der Stadtwerke Radolfzell GmbH erfasst«, so Theile. Bisher wurden drei Bushaltestellen im Stadtgebiet Radolfzell umgebaut. Im Laufe der Sanierung der Konstanzer Straße werden in den Jahren 2018/19 sechs weitere Bushaltestellen umgebaut. Der Umbau der restlichen Haltestellen erfolge nach der Prioritätenliste in den Jahren 2020–23. Das entspreche 35 Bushaltestellenumbauten pro Jahr, war aus der Pressestelle zu erfahren.

- Dominique Hahn

Autor:

Redaktion aus Singen

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