Protest gegen Pläne zum Bau einer zweiten Gasleitung für Konstanz
Klima-Aktivisten mit Mahnwache vor den Stadtwerken

Mahnwache Stadtwerke | Foto: Die Klima-Aktivisten von Fridays for Future bei ihrer Mahnwache und der Diskussion mit Stadtwerke-Geschäftsführer Dr. Norbert Reuter am Sonntag. swb-Bild: FFF
  • Mahnwache Stadtwerke
  • Foto: Die Klima-Aktivisten von Fridays for Future bei ihrer Mahnwache und der Diskussion mit Stadtwerke-Geschäftsführer Dr. Norbert Reuter am Sonntag. swb-Bild: FFF
  • hochgeladen von Oliver Fiedler

Konstanz. Anlässlich des zweiten Jahrestages der Ausrufung des Klimanotstandes demonstrierte dieKonstanzer Ortsgruppe von Fridays for Future am Sonntag vor den Toren des Stadtwerkegeländes gegen die Erdgaspläne der städtischen Tochtergesellschaft. Die KlimaschützerInnen mahnten, dass die Ausrufung des Klimanotstandes bereits vor zwei Jahren das Ziel gesetzt hatte, die Bekämpfung der existenzbedrohenden Klimakrise als oberste Priorität städtischen Handelns zu setzen. Der Plan dasErdgasnetz auszubauen stehe im deutlichen Widerspruch und drohe alle Fortschritte zu zerstören.

Eine ungewöhnliche Szenerie vor dem sonst sehr leeren Stadtwerkegeländes im KonstanzerIndustriegebiet. Direkt am Zaun vor dem großen Erdgastank standen Demonstrantinnen und forderten die Stadtwerke auf schnellstmöglich aus dem Gasgeschäft auszusteigen. Auf Grund der Corona Einschränkungen war die Versammlung nicht öffentlich beworben worden, weswegen nur wenige Menschen teilnahmen.

Am Zaun des Firmengeländes hingen Plakate mit Aufschriften wie “Baut keine Leitung, sonst schauen wir in die Röhre!”, “Sauberes Erdgas ist eine schmutzige Lüge” oder auch “Steht ihr auf der Leitung?”. Die KlimaschützerInnenverwiesen damit auf die neuen Pläne der Stadtwerke für 20 Millionen Euro eine weitere Erdgasleitung in Konstanz zu bauen - Pläne die bei der Umweltschutzgruppe großes Entsetzen hervorgerufen hatte.

Genau zwei Jahre zuvor hatte der Konstanzer Gemeinderat in einer historischen Entscheidung den Klimanotstand ausgerufen um “die Bekämpfung der Klimakrise und ihrer schwerwiegenden Folgen“höchste Aufmerksamkeit zu schenken und das Thema ganz oben auf die politische Agenda zu setzen. Die Entscheidung hatte damals weltweit große Aufmerksamkeit hervorgerufen und zahlreiche Städte und sogar das europäische Parlament animiert es Konstanz nachzuahmen und auch den Klimanotstand auszurufen.

Zwei Jahre danach ist laut Fridays for Future zwar schon etwas passiert, aber anstatt einem großen Anpacken ist eher ein zögerliches Zugreifen mit widersprüchlichen Entscheidungen bisher praktiziert worden. So hatte zum Beispiel der Konstanzer Gemeinderat erst im März einstimmig erklärt man wolle das Ziel setzen bis 2035 klimaneutral zu sein, doch die neuen Pläne der Stadtwerke jetzt im Eildurchlauf eine zweite Erdgasleitung zu verlegen stehen, laut Fridays for Future, im krassen Widerspruch dazu.

“Nach neuesten Studien ist Erdgas fast genauso klimaschädlich wie Kohle. Man kann sich die Pläne der Stadtwerke also so vorstellen, als ob die Stadtwerke zwei Jahre nach Ausrufung des Klimanotstandes planen, dass sie jetzt neuerdings Haushalte mit der Verbrennung von Kohle beheizen wollen.”, fasst Manuel Oestringer von Fridays for Future seine Empfindungen zusammen.

Laut der Klimaschutzgruppe seien die neuen Pläneunvereinbar mit dem Ziel bis 2035 klimaneutral zu sein. So hatte das Ifeu Institut bereits für Konstanz errechnet, dass sich der Konstanzer Gasverbrauch bis 2035 um 90% verringern muss, meint man die Kimaneutralität 2035 ernst.

Auch eventuellen Plänen das Gasnetz zu einem späteren Zeitpunkt mit synthetischem Gas, also aus CO2 und Wasserstoff hergestelltem Gas zu nutzen, erteilte Fridays for Future eine klare Absage. “Eine Kilowattstunde Wärme erzeugt mit synthetischem Gas braucht im Vergleich zur Wärmepumpe sechs mal so viel Energie. Diese Energie muss erstmal geschaffen werden. Oder um es deutlicher zu sagen: Eine Kilowattstunde Wärme erzeugt mit synthetischem Gas im Vergleich zur Wärmepumpe ist im Betrieb sechs mal so teuer.”, so Frida Mühlhoff von Fridays for Future und ergänzt: “Das Gasnetz jetzt auszubauen um es dann irgendwann eventuell mit synthetischem Gas zu betreiben ist die mit Abstand teuerste, unpraktischste und am schwierigsten umsetzbare Lösung.”

Auch der Geschäftsführer der Stadtwerke Konstanz Dr. Norbert Reuter, der vor Ort mit den KlimascbhützerInnen diskutierte hält es laut der Mitteilung von Fridays for Future für unwahrscheinlich, dass die Wärmeversorgung in Konstanz künftig mit synthetischem Gas betrieben werden könne.

Damit wäre das Gasnetz eine „verschwendete“ Investition in eine Technologie ohne Zukunft, meint Fridays for Future. Das die Stadtwerke trotzdem an Plänen festhalten, liegt aus der Sicht der Aktivisten an dem klimapolitischen Versagen der Bundespolitik. „Das Problem ist, dass es durch die Förderung von Erdgas, und der gleichzeitig mangelnden Förderung von Gebäudesanierung und Wärmepumpen, dem zu niedrigen CO2-Preis und dem stockenden Ausbau der Erneuerbaren Energien, für die Stadtwerke am naheliegendsten ist, die Versorgungssicherheit durch eine weitere Erdgasleitung sicherzustellen“, stellt der Student Silvio Krumm von Fridays for Future fest. „Durch eine völlig fehlgeleitete Politik rollt der Bund Kommunen und Unternehmen hier Steine in den Weg und blockiert damit Klimaschutz. Es braucht jetzt klare Abschaltpläne für Erdgasheizungen, so wie es auch schon in unseren Nachbarländern passiert ist.“

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

8 folgen diesem Profil

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.