Ölbild von Karl Hofer ist in der Sonderausstellung „Hölle & Paradies. Der deutsche Expressionismus um 1918“ zu sehen
„Mädchen mit blauer Vase“

Hölle und Paradies, Ausstellung Engen | Foto: Karl Hofer, Mädchen mit blauer Vase, um 1920, Sammlung Frank Brabant
swb-Bild: Bernhard Strauss
  • Hölle und Paradies, Ausstellung Engen
  • Foto: Karl Hofer, Mädchen mit blauer Vase, um 1920, Sammlung Frank Brabant
    swb-Bild: Bernhard Strauss
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Engen. In der Sonderausstellung „Hölle & Paradies“ werden auch Bilder von Expressionisten gezeigt, die eigentlich gar keine waren, oder sich jedenfalls nicht als solche verstanden, und zu denen Karl Hofer gehört. Wer ein Ölbild dieses Künstlers aus der Zeit um 1920 an seiner heimischen Wand hängen hat, das auch noch ein „Mädchen mit blauer Vase“ im Titel führt, darf sich glücklich schätzen, und an dieser Stelle sei dem großzügigen Hauptleihgeber dieser Sonderausstellung, Frank Brabant, aus dessen Sammlung das Gemälde stammt, herzlich gedankt.

Das Bild ist nicht nur aus dem Grund eine kleine Kostbarkeit, weil es von dem berühmten Karl Hofer in seinen typischen gedeckten Farben gemalt wurde, voller Feinheit und Ausdruck ist, und ein geknicktes Mädchen vor einer geknickten Rose zeigt. Es führt auch einen ganz bestimmten vergänglichen Moment in der Geschichte unseres vom Ersten Weltkrieg heimgesuchten Kontinents vor Augen: den Moment des Wartens. Auf wen wartet das ach so traurige Mädchen, dem der Betrachter gerne ein paar aufmunternde Worte zuflüstern möchte?

Die Rose ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass ihre Traurigkeit liebesbedingt ist, und das kann natürlich nichts Gutes verheißen. Da das Bild sehr flächig und reduziert angelegt ist, lassen sich, so denkt man erst, auch nicht viele Details ermitteln, die den genaueren Grund ihres Liebesschmerzes offenbaren würden. Und doch könnte der Titel auch lauten: „Mädchen im Soldatenmantel“, denn was sie trägt, ist alles andere als ein weiblich anmutendes Kleidungsstück, sondern ein ihr viel zu weiter Mantel aus grobem Tuch. Da wartet also, kurz nach Ende dieses so katastrophalen Weltkriegs, ein Mädel auf seinen Geliebten. Und der Betrachter fragt sich: Ist er aus dem Krieg zurückgekommen und hat sie erst dann, weil er in den Stahlgewittern ein anderer geworden ist, verlassen – unter Zurücklassung seines Mantels? Oder wartet sie noch immer auf seine Rückkehr und hat sich derweil den alten zurückgelassenen Mantel angezogen, in dem sie vor Wehmut schier ertrinkt?

Diese Fragen beantwortet der Künstler natürlich nicht und überlässt es lieber den Betrachter*innen, sich ihren eigenen Reim darauf zu machen. Hofer war übrigens Karlsruher, wo er 1878 geboren wurde, und eigentlich mehr am klassischen als am expressionistischen Figurenbild interessiert. Doch ganz entziehen konnte auch er sich der geistig so aufgeladenen Zeitströmung nicht, was nicht zuletzt das „Mädchen im Soldatenmantel“ bezeugt.

Autor:

Ute Mucha aus Moos

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