Diskussionsabend im Weltkloster
Manchmal ist Kabul gar nicht so weit weg

Weltkloster Diskussion | Foto: Diskutierten im Welkloster Radolfzell: Die buddhistische Nonne Jutta Gassner, Dolmetscher Hanif Frotan, der afghanische Journalist Nusrat Iqbal sowie Gemeinderat Christof Stadler (von links). swb-Bild: cri/Humanitas
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Radolfzell. Wie kann man ein Kulturdenkmal retten? Die Frage zog zahlreiche Interessierte in das Radolfzeller Weltkloster zum Film- und Dialogabend zum Thema »Die Rettung von Mes Aynak« des Flüchtlingshelferkreises Humanitas. Die atemberaubenden Bilder eines Drohnenflugs über die Ausgrabungsstätten beeindruckten die Besucher. Die Ausdehnung der buddhistischen Bauten aus der Zeit des 2. bis 9. Jahrhunderts ist gewaltig und darunter liegen noch Kulturdenkmale verborgen, die bis in die Bronzezeit zurückreichen dürften. Noch tiefer allerdings liegt Kupfer in großen Mengen und die Regierung in Kabul hat mit einer chinesischen Firma einen lukrativen Vertrag über dessen Abbau geschlossen. Seither liefern sich die engagierten muslimischen Archäologen vor Ort, die zudem von den Taliban bedroht werden, einen Wettlauf mit der Zeit. »Wenn Renditeerwartungen im Raum stehen, kann man ein Denkmal kaum schützen – das ist bei uns in Radolfzell gar nicht so viel anders als in Afghanistan«, sagte der Radolfzeller Stadtrat Christof Stadler, dem der Erhalt historischer Zeugnisse ein großes Anliegen ist.

Die Buddhistin Jutta Gassner, die im Weltkloster lebt, zeigte Unverständnis darüber, dass die Anlagen von Mes Aynak nicht als Weltkulturerbe eingestuft sind. »Die afghanische Regierung hat keinerlei Interesse daran«, erklärte der afghanische Journalist Nusrat Iqbal, der die Gegebenheiten vor Ort kennt. Sein in Radolfzell lebender Landsmann Hanif Frotan übersetzte seine Berichte für die Besucher im Weltkloster. Hinzu komme, dass die Korruption im Land ohnehin alles überlagere. »Die einzige Chance ist, politisch Druck zu machen – hier und in Kabul«, zeigte sich Christof Stadler überzeugt. Generell müssten die Menschen der Jetztzeit immer darüber nachdenken, welche Zeugen der Vergangenheit Teil ihrer Identität sind – und welche Denkmale wir brauchen, um unser kulturelles Gedächtnis zu bewahren. So könne man zum Beispiel die Radolfzeller Stadtmauer als steinerne Zeugin unserer Geschichte sehen und wertschätzen, oder sie als bloße Ansammlung alter Steine einordnen, die der heutigen Stadtentwicklung nicht im Weg stehen dürften.

Nusrat Iqpal wies darauf hin, dass die Ausgrabungen noch immer andauern, obwohl die chinesischen Lizenznehmer schon vor Jahren mit dem Abbau beginnen wollten. Womöglich zeigt hier die internationale Aufmerksamkeit Wirkung. Jutta Gassner leitet daraus einen weiteren positiven Aspket ab: »Mes Aynak ist auch eine Erfolgsgeschichte. Es zeigt, dass der Glaube an ein solches Projekt trotz aller Widrigkeiten etwas bewegen kann. Zugleich sei in einem Umfeld schwerer religiöser Konflikte bewegend, dass es muslimische Archäologen sind, die für den Erhalt der buddhistischen Tempelanlage kämpfen. Weitere Informationen: SavingMesAynak.com.

- Dominique Hahn

Autor:

Redaktion aus Singen

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