Erlebnisführungen in Engen entwickeln sich zum Tourustenmagneten
Mit der Marketenderin durch die Zeit reisen

Tilda Engen | Foto: Tilda alias Claudia Ehret erklärt den Teilnehmern ihrer Erlebnisführung, wie es in Engen um das Jahr 1640 aussah.swb-Bild: rab
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Engen. Sie lässt sich einfach nicht beirren. Weder von dem großen SUV, der forsch in die Gasse einbiegt und neben ihr wie ein völlig deplatziertes Raumschiff aussieht, noch von der älteren Frau, die zufällig vorbeikommt und nur zu gerne eine Diskussion über die derzeitige Weltlage entfacht hätte. Und wahrscheinlich ist genau das auch der besondere Zauber, der Tilda ausmacht: Sie ist so authentisch, dass ihre Zuhörer gar nicht anders können, als die Welt – oder besser gesagt Engen – innerhalb kürzester Zeit mit ganz anderen Augen zu betrachten. Oder anders formuliert: Mit den Augen von Tilda – einer Marketenderin, die um das Jahr 1640 in der Hegaustadt lebte. Sogar die eigene Sprache bekommt flugs eine leicht mittelalterlich angehauchte Einfärbung. Was biegt da um die Ecke – was soll das? Welch’ seltsam Gefährt ist das? Hinfort, aber schnell! Sogar das eigene Handy wird ganz schnell zum suspekten Objekt. Und die Kleidung erst! »Was tragt ihr für Beinkleider? Und auch eure Schuhe sind seltsam. Hat der Schuhmacher am Leder gespart?«, fragt Tilda mit hochgezogenen Augenbrauen. Doch ausschließlich lustig ist es keineswegs, das historische Engen auf den Fersen von der als Tilda verkleideten Claudia Ehret zu erkunden. Gänsehaut-Momente und gruselige Geschichten gibt es mehr als genug – schließlich tauchen die Teilnehmer bei der Erlebnisführung »Von Hexerei, Pest und Krieg – dem Leben zum Trotz« zusammen mit Tilda in die düstere und beschwerliche Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg ein.

Eine Zeit kurz nach dem großen Pestjahr 1635, »in dem das Klingeln der Totenglocke zum vertrauten Klang wurde«, wie Ehret erzählt. Nur rund ein Drittel der Bevölkerung von Engen überlebte die Epidemie und die Strapazen des Krieges. 700 Opfer seien zu beklagen gewesen, die Hälfte davon Kinder. »Das Leben damals hat nur noch minimal stattgefunden«, berichtet die leidenschaftliche Hobby-Historikerin. Zudem versetzte Konrad Widerholt, der im Dreißigjährigen Krieg Kommandant auf der Festung Hohentwiel war, die Engener mit seinen Raubzügen in Angst und Schrecken. »Mit den Singenern war es früher eben auch nicht einfach«, kommentierte diesen Umstand Bürgermeister Johannes Moser scherzhaft bei der Vorstellung der Erlebnisführung mit Tilda, die der Verein Touristik Engen jetzt ganz neu ins Programm aufgenommen hat. »Die macht das so gut, da springt der Funke sofort über«, zeigte er sich begeistert von Claudia Ehrets Schauspieltalent.

Generell habe sich das Feld der Erlebnis- und Stadtführungen »richtig gut entwickelt«, wie Wirtschaftsförderer Peter Freisleben betonte: »Im vergangenen Jahr hatten wir rund 106 Führungen, an denen über 2.000 Leute teilnahmen.« 70 Prozent davon seien Erlebnisführungen gewesen. Diese hätten sich zu einem richtigen Besuchermagneten entwickelt – auch für die Engener selbst. »Es gibt eine starke Nachfrage danach«, bekräftigte auch der erste Vorsitzende des Touristik- Vereins, Rolf Broszio. »Um Feriengäste anzulocken, muss man schon etwas bieten«, betonte er. Und Moser schwärmte gar, dass es »für die Besucher ein Glücksmoment ist, wenn sie so in eine andere Zeit versetzt werden. Da muss man nicht lange überlegen, wenn Tilda fragt: ›Wollt ihr mir folgen?‹«

Nächste Führung: Mit der »Bademagd« am 20. Juli, 19 Uhr, mit »Tilda« am 10. August. Weitere Infos und Termine unter www.engen.de.

- Nicole Rabanser

Autor:

Redaktion aus Singen

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