Deutlich Worte zur Erinnerungskultur am Volkstrauertag
Nicht nur die Augen in der Trauer senken

Volkstrauertag | Foto: Willi Waibel und OB Bernd Häusler beim Ablegen des Kranzes für die Opfer des Nazi-Regimes beim Volkstrauertag in Singen. swb-Bild: of
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Singen. Der Volkstrauertag hat heute eigentlich noch eine viel größere Bedeutung bekommen, bekannte Schüler Maximilian Brugger in seiner Rede zum Singener Volkstrauertag am Sonntag in der Großen Trauerhalle des Singener Waldfriedhofs vor einigen hundert Gästen. Brugger hatte sich mit dem Begriff „Gedenken“ angesetzt. Die Dankbarkeit könnte die schwere Erinnerung in ein Freude verwandelt, griff er auf Dietrich Bonhoeffer zurück und setzte sich mit auch dem Tod seiner Großmutter auseinander. Es sei nicht das Ende gewesen, sie sei immer noch dabei, wenn er mit der Familie alte Fotos anschauen würde. Eine ähnliche Wirkung sieht er in den Stolpersteinen in der Stadt. Sie sollen daran gemahnen, dass die furchtbaren Taten von damals nie vergessen werden sollten. In der Zeit der Nationalsozialisten habe man ein Heldgedenken eingeführt und damit auch Täter zu Helden gemacht, wo es doch eigentlich um die vielen Opfer gehen müsse.

Unsere Gesellschaft ist noch viel zu wenig über die Geschichte gestolpert“, meinte Brugger angesichts der Ereignisse von Chemnitz und Köthen. Aber es habe neben den rechtsradikalen Aufmärschen auch viele andere Kundgebungen gegeben. Insofern glaube er weiter daran, dass es da doch ein Lernen in Teilen der Gesellschaft gebe.

Schülerin Raphaela Okle ging in ihrer Rede auf ihre Eindrücke vom Besuch der Holocaust-Gedenkstätte in Berlin und dem zentralen Holocaust- Gedenkort in Paris ein, die sie kurz zuvor besucht hatte. Sie zeigte sich schockiert von den Schicksalen kleiner Kinder, die dort aufgeführt wurde. Es sei wichtige, die eigene Geschichte zu kennen und sich nicht darin zu verirren. Geschichte lehre uns, dass wir uns verbessern.

Es gibt keinen Frieden, es gibt nur den Weg dort hin, zitierte sie Ghandi. Den Weg aber solle man nicht aus den Augen verlieren. Diese Gefahr sei auch in den Mahnmalen gegeben. Jene Steine, die dich ins Stolpern bringen, seien unsere Wegweiser. „Wir danken dafür, dass wir aus der Geschickte lernen dürfen“, so Okle

Oberbürgermeister Bernd Häusler hatte eingangs daran gemahnt, dass vieles in diesen Tagen wieder daran erinnere an die Zeit nach dem ersten Weltkrieg, der ja bekanntermaßen den Grundstein für den noch schrecklicheren Zweiten Weltkrieg legte. Unsere Chance sei es, es besser zu machen als unsere Vorfahren. Die sei die Aufgabe für diese Zeit, die wieder von so vielen Egoismen geprägt sei. „Aus heutige Sicht sind freilich Zweifel angebracht, dass die Lebenden den Worten der Toten zugehöhrt haben“, so Häusler in seiner Ansprache zur Begrüßung. Begleitet wurde die Feier in der großen Trauerhalle durch das Orchester des Hegau-Gymnasium unter der Leitung von Gebriele Haunz. Sie sprach zudem mit Dr. Norbert Launer von der Reservistenkameradschaft die Trauer über die Opfer aus: Soldaten, Vertriebene, Flüchtlinge, Menschen die einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse oder Religion, Menschen mit Behinderung, Menschendie in den Widerstand gingen und für ihre Überzeugung kämpften, bis zu den Bundeswehrsoldaten, die in den Auslangseinsätzen ihr Leben verloren.

Bei der Niedlerlegung des Kranzes für die Verfolgten und Opfer des Nazi-Regimes kritisierte Gerd Zahner die Reihenfolge des Zeremoniells, das die Soldaten vor die Opfer stelle. Er wünschte sich, dass es anders herum sei. Überhaupt ist für die der Begriff des "Volkstrauertag" nicht ganz der richtige für diesen Tag. Denn wenn Trauer bedeute, dass man seinen Blick senke, so sollte man im Gedenken viel eher aufschauen, denn Trauer sei für ihn etwas passives. Die Gedanken der Schüler könne er nur untersützen, dass es wichtig sei dafür aufzustehen, damit so etwas nie wieder passieren könnte.

Zuvor hatte Willi Waibel den Kranz an den "Russengräbern" mit dem OB abgelegt, wo Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene oder Deserteure während der Nazi-Herrschaft neben der damaligen Abfallgrube bestattet wurden. Wenn nun wieder die Hände in eine bestimmte Richtung zum Gruß gereckt würden, dann müsse man auch wieder mit so etwas rechnen", gemahnte er in Anspielung auf das kürzlich vorgestellte Filmportrait über seine Arbeit.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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