Leserbrief zur Corona-Krise und zu wenig umgesetzter Transparenz in der Kommunikation mit den Bürgern.
»Ohne Transparenz stirbt die Demokratie«

»Ohne Transparenz stirbt die Demokratie« | Foto: Symbolbild
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Eigeltingen. Zum Thema »Mangelnde Kommunikation in der Corona-Krise zwischen Regierung und Bürgern« hat die WOCHENBLATT-Redaktion folgender Leserbrief erreicht.

»Bald wird jeder irgendjemanden kennen, der an Covid-19 verstorben ist«, hieß es vor ein paar Wochen. Nun ist es eher so, dass jeder irgendjemanden kennt, dessen Existenzgrundlage durch die Reaktion der Regierung auf die Pandemie bedroht oder gar zerstört ist. Dies zeigt, in welchem Spannungsverhältnis wir zur Zeit leben: Leben erhalten durch Eindämmung der Pandemie oder Leben erhalten durch Nicht-Eindämmung der Pandemie? Schwierige Entscheidungen sind gefällt worden und werden weiter gefällt. Sind sie hinreichend begründet? Und ist die Begründung transparent, d.h. klar, verständlich und durchsichtig?

Als es vor einigen Wochen losging und in den Zeitungen immer wieder von der steigenden Zahl der Neu-Infizierten berichtet wurde, wurde ich skeptisch. Warum? Weil ja gleichzeitig die Zahl der durchgeführten Tests erhöht wurde. Worum handelte es sich denn? Um eine Steigerung der Zahl der Neu-Infizierten oder um eine Steigerung der Zahl der »Entdeckungen« von Infizierten? Das ist nämlich ein gewaltiger Unterschied. Man muss kein Mediziner sein, um diesen Unterschied zu verstehen. Ich will ein einfaches Beispiel benutzen, um mich verständlich zu machen.

Wenn Sie eine Regentonne haben und den Verdacht haben, dass sich dort Mückenlarven verbreiten, können sie einen Biologen bitten, dort Proben zu entnehmen. Nehmen wir an, der Biologe entnimmt dem Wasser am ersten Tag 10 Reagenzgläser mit Wasser aus der Regentonne und stellt fest: In jedem Reagenzglas sind Mückenlarven. Am nächsten Tag entnimmt er 20 Reagenzgläser und stellt das gleiche fest. Am dritten Tag entnimmt er 40 Reagenzgläser und erhält wieder dasselbe Ergebnis, nämlich: Im Wasser sind Mückenlarven. Was liegt nun vor? Eine »exponentielle« Steigerung der Verbreitung von Mückenlarven in der Regentonne oder eine exponentielle Steigerung der Anzahl von Tests?

Wenn man dies auf die Lage der deutschen Bevölkerung überträgt in Bezug auf die Verbreitung des Virus, das Sars-CoV-2 genannt wird, könnte man diese Frage nur dann sicher beantworten, wenn in der Bevölkerung Antikörper-Tests durchgeführt würden. Das heißt, es würde an einer großen Gruppe von Menschen, die nach dem Zufallsprinzip ausgesucht werden, untersucht werden, ob sich Antikörper gegen Sars-CoV-2 gebildet haben. Dies würde Rückschlüsse darüber erlauben, in welchem Grad sich in der Bevölkerung bereits Immunität ausgebildet hat und weiter: in welchem Grad die Bevölkerung insgesamt bereits infiziert worden ist.

Man kann es nicht »Transparenz« nennen, wenn in den Medien ständig von der Zahl der »Neu-Infizierten« geredet wird. Transparent wäre es, statt dessen von der Zahl der »positiv-Getesteten« zu sprechen. Denn wie viele innerhalb der deutschen Bevölkerung tatsächlich infiziert sind, können wir so gar nicht wissen, weil viele ja infiziert sein können, aber keine Krankheitssymptome haben und deswegen nicht erfasst werden. Es gibt Schätzungen, die besagen, dass diese sogenannte Dunkelziffer um das Zehnfache höher sein kann als die Zahl der positiv-Getesteten.

Und noch transparenter wäre es, zu dieser Zahl der »Erkrankten« an jedem Tag die Zahl der »Genesenen« hinzuzufügen, wie das ja erst jetzt in einigen Medien teilweise geschieht.

Wir »gewöhnlichen« Menschen sind ja zumeist keine Virologen oder Epidemiologen und können uns über die medizinischen Aspekte kein Urteil erlauben. Wir können nur hoffen, dass die Bundesregierung sich gut beraten lässt, d.h. dass sie sich mit kompetenten Wissenschaftlern umgibt, die begründete Stellungnahmen abgeben können. Auch hier wäre Transparenz nötig. Wie ist es zur Auswahl von Prof. Drosten und Prof. Wieler als den augenscheinlich einzigen Beratern gekommen? Warum wurden nicht weitere Wissenschaftler von Anfang an hinzugezogen? Warum wurden nicht auch gerade Wissenschaftler hinzugezogen, die gegenteilige Meinungen vertreten? Ein gut begründetes Urteil erhält man in der Wissenschaft nur, wenn man ein breites Spektrum verschiedener und auch gegensätzlicher Standpunkte heranzieht. Ich kann nicht sehen, dass das geschehen ist, auf jeden Fall ist es nicht transparent gemacht worden.

Prof. Sucharit Bhakdi hat in einem »Offenen Brief an die Bundeskanzlerin« schon am 26. März fünf wichtige Fragen gestellt. Prof. Bhakdi ist einer der kompetenten Fachleute auf dem Gebiet der Virologie und Epidemiologie, der eine andere Meinung vertritt als Prof. Drosten. Kann man es »Transparenz« nennen, wenn ein solch kompetenter Fachmann nicht zu Rate gezogen wird? Sind die 15 Redaktionen, denen ich diesen »Offenen Brief« zugeschickt habe mit der Bitte um Veröffentlichung und die allesamt nicht reagiert haben, wirklich um »Transparenz« und um eine »ausgewogene« Berichterstattung bemüht?

»Man höre immer auch die andere Seite«, das habe ich schon in der Schule gelernt. Das habe ich verinnerlicht und während meines eigenen wissenschaftlichen Weges immer versucht zu praktizieren. Denn niemand kann beanspruchen, die Wahrheit allein zu besitzen. Die Wahrheit kann immer nur als das Ergebnis eines Gesprächs entstehen zwischen Menschen, die verschiedene und gegensätzliche Meinungen vertreten.

Prof. Bhakdi hat schon am 26. März 2020 die Forderung aufgestellt, landesweit solche Anti-Körper-Tests durchzuführen, wie ich sie oben beschrieben habe. Merkwürdigerweise sind solche Tests in New York und in Stockholm durchgeführt worden, um nur zwei Beispiele zu nennen, mit erstaunlichen Ergebnissen. Und was ist mit Deutschland? Werden hier solche Tests landesweit durchgeführt, neben den Virus-Tests von Prof. Drosten? Ist mir nicht bekannt. Zumindest habe ich in den Zeitungen und Medien bislang noch nichts davon gehört. Falls sie durchgeführt werden, gibt es da Ergebnisse? Warum wird nicht berichtet? Wo ist die Transparenz?

Das mit den Zahlen ist ja so eine Sache. Mit Zahlen lassen sich herrlich Gefühle erzeugen. Wenn die Zahl der »positiv-Getesteten«, genannt »Neu-Infizierte«, täglich steigt und man nur diese Zahl zur Kenntnis nimmt, entsteht Angst. Wie wäre es mal mit etwas Beruhigendem? Gut, nehmen wir doch die Zahl der Genesenen hinzu, über die glücklicherweise in der »Welt« täglich berichtet wird. Wir ziehen also von der Zahl der sogenannten Infizierten die Zahl der Genesenen ab und erhalten in der Differenz die Zahl derjenigen, die aktuell an Atemwegs-Erkrankungen leiden, welche vermutlich auf Sars-CoV-2 zurückzuführen sind, also die Zahl der aktiven Fälle. Nun gebe ich Ihnen hier die Zahl der aktiven Fälle von den letzten drei Tagen. Vorgestern waren es 44 746 Menschen, gestern 43 583, heute (26.4.2020) sind es 42 174. Was sehen Sie? Die Zahl sinkt. Sie sinkt mit über tausend Menschen täglich. Das heißt die Zahl der aktuell Erkrankten sinkt ständig. Wir gehen damit auf ein Ende der Epidemie in Deutschland zu. Es wäre transparent, mal diese Zahl an vorderster Stelle in den Medien zu lesen. Eine fallende Zahl, eine beruhigende Zahl, eine Zahl, die Hoffnung macht.

Wenn man diese Zahl zu der Gesamtzahl der Einwohner Deutschlands, nämlich 83,1 Millionen in Beziehung setzt, sieht man, dass es nur 0,05% der deutschen Bevölkerung sind, die an Covid-19 erkrankt sind, mit anderen Worten: fünf Hundertstel von einem Prozent. Hinzu kommt, dass von diesen nicht alle einen problematischen Krankheitsverlauf haben, sondern wiederum nur 5% davon, wie Prof. Bhakdi mitteilt.

Die Regierung muss gute Gründe haben, nun wegen dieser fünf Prozent von 0,05% der deutschen Bevölkerung die restlichen zu bitten, Einkommenseinbußen hinzunehmen, in Kurzarbeit zu gehen, arbeitslos zu werden, die Existenzgrundlage zu verlieren und – was noch viel schlimmer ist – ihnen die Praktizierung der Grundrechte zu verunmöglichen. Das Grundgesetz ist vorübergehend ausgesetzt. Der Bundestag hat die Entscheidungsbefugnis an die Regierung übergeben. Es wird per Verordnung regiert. Das ist bedenklich. Wenn man sich die deutsche Vergangenheit vor Augen führt, ist das sogar mehr als bedenklich.

Die Zahl der Arbeitslosen, so berichtet die »Welt« am 24.4.2020, wird auf drei Millionen ansteigen, die Zahl der Kurzarbeiter auf 2,5 Millionen. Das Brutto-Inlands-Produkt wird in diesem Jahr um 8,4% zurückgehen. Wie viele Unternehmen konkurs gehen werden, ist noch gar nicht abzusehen. In der Gastronomie ist von 70.000 bedrohten Unternehmen die Rede. Dass es vielen von uns sehr schlecht gehen wird, das ist transparent. Wie viel aber die Pharma-Industrie an dieser gesellschaftlichen Katastrophe verdienen wird, das ist nicht transparent.

Ebenso wenig transparent ist die Strategie der Kanzlerin. Hieß es zuerst, dass man eine Verdoppelungszeit der Neu-Infektionen auf »zehn Tage« anstrebe, um über die Lockerungen der Maßnahmen reden zu können, so hieß es ein paar Tage später, nein, eine Verdoppelungszeit von 14 Tagen wäre sicherer. Als diese erreicht wurde, wurde aber immer noch nicht über ein Ende des Shut-downs ernsthaft geredet, sondern es hieß plötzlich, man solle lieber die Reproduktionszahl anschauen, d.h. die Anzahl der Personen, die durch einen Infizierten angesteckt werden. Wenn die Zahl bei 1 liegt, dann bedeutet das, dass ein Infizierter eine weitere Person ansteckt. Wir bekamen also mitgeteilt, dass die Zahl 1 erstrebenswert wäre, weil dann die Epidemie unter Kontrolle wäre. Kaum war das gesagt, gab es einen Bericht vom Robert-Koch-Institut, erschienen am 15.4.2020, der zeigte, dass diese Reproduktionszahl schon etwa seit dem 20. April bei 1 und darunter lag, also schon vor den erheblichen Einschränkungen, die vom 23. März an galten, und dass diese Zahl seitdem mit leichten Schwankungen auch weiterhin unter 1 bleibt. Aber immer noch nicht wird über ein Ende des Shut-downs ernsthaft geredet. Plötzlich könnte es heißen, dass man lieber bis zur einer Reduktion der Zahl der täglichen Neu-Infektionen auf z.B. 500 (willkürlich gewählt) warten möchte. Allerdings könnte dies in sehr weiter Ferne liegen, wenn man gleichzeitig die Zahl der Tests ständig erhöht, wie mein Beispiel von den Mückenlarven in der Regentonne gezeigt hat. Ein solcher ständiger Strategiewechsel von Seiten der Regierung ist für mich nicht transparent. Er wird ja auch nicht begründet. Warum wird keine Begründung gegeben?

Ich muss als einfacher Bürger dann mal die Frage stellen: Was will die Regierung eigentlich? Geht es hier vielleicht um etwas ganz anderes, etwas, das nicht ausgesprochen wird, das nicht transparent gemacht wird?

Was hat es mit diesem Stichwort der »Impfpflicht« auf sich, das nun immer wieder in die Medien eingestreut wird? Geht es darum, der deutschen Bevölkerung landesweit eine Impfung zu verabreichen, die – das ist deutlich – die üblichen Sicherheitsstandards nicht erfüllen kann, wenn man weiß, dass die Herstellung eines sicheren Impfstoffs zwei bis fünf Jahre dauert? Sollen wir dafür das Land an den Rand des Abgrunds treiben, damit der Schein einer gesundheitlichen Vorbeugung erreicht wird, von der wir nicht wissen, wie sicher und wie sinnvoll sie ist? Was, wenn dieser Corona-Virus in einigen Monaten gar nicht mehr existiert oder mutiert ist? Hier habe ich ein starkes Bedürfnis nach Transparenz.

Was nützt es uns, wenn eine Firma wie Biontech, die, wie in der Zeitschrift »medical-design« vom 10.10.2019 zu lesen ist, 50 Millionen Euro von der »Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung« bekommen hat, oder eine andere Firma dieser Art, die für Impfungen zuständig ist, an der landesweiten Impfung erheblich verdienen wird? Wollen wir wirklich dahin: Alle geimpft, Land kaputt?

Das wäre eine späte, eine zu späte und sehr traurige Transparenz!

Zu meiner Person: Ich bin Lehrer, Autor und Vortragshalter, z.Zt. in Rente.«

Jürgen Spreemann, Eigeltingen

- Marius Lechler

Autor:

Redaktion aus Singen

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