Otto Schmid aus Hemishofen beim Seniorennachmittag in Diessenhofen
Pilgern auf dem Jakobsweg

Pilgern Diessenhofen | Foto: Edith Widmer-Plüss, Präsidentin Gemeinnütziger Frauenverein, dankte Otto Schmid für seinen spannenden Vortrag über den Jakobsweg. swb-Bild: Ritter
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  • Foto: Edith Widmer-Plüss, Präsidentin Gemeinnütziger Frauenverein, dankte Otto Schmid für seinen spannenden Vortrag über den Jakobsweg. swb-Bild: Ritter
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Diessenhofen (ri). Am Advents-Senioren-Nachmittag letzten Mittwoch erzählte Otto Schmid aus Hemishofen von seinen Erlebnissen als Pilger auf dem Jakobsweg. Eingeladen hatte der Gemeinnützige Frauenverein Diessenhofen.

Mit grossem Applaus begrüssten die 36 Besucher im Katholischen Pfarreizentrum Diessenhofen den Referenten. Er kam im Pilgergewand, mit Rucksack und Wanderstab, so als wäre er soeben von seiner grossen Reise zurückgekehrt. Ein Projektor zauberte eine Karte an die Wand, auf der seine Pilger-Route zu erkennen war. Schmid war dem klassischen, 790 Kilometer langen Jakobsweg gefolgt, dem Camino de Santiago. Er führt durch Nordspanien von der Grenze zu Frankreich im Osten bis zum Wallfahrtsort Santiago de Compostela, nahe der Atlantik-Küste. 35 Tage war Schmid zu Fuss unterwegs. Für jeden Tag ritzte er eine Kerbe in seinen Wanderstab. Die Wege sind mit dem Symbol der Jakobsmuschel gekennzeichnet und führen meist durch einsame Gegenden. "Ich pilgerte nicht aus religiösen Gründen oder um seelischen Ballast abzuwerfen. Ich genoss meine Reise" erklärte Schmid.

Reisen aus Leidenshaft

Schmid war Swissair-Flugkapitän. Nach seiner Pensionierung kaufte er eine Segelyacht und segelte rund um die Welt. Mehr als acht Jahre war er unterwegs und legte über 40'000 Seemeilen zurück. Als 70-jähriger ging er auf den Jakobsweg. Heute, fast zehn Jahre später, schildert er lebhaft und voll Humor seine Erlebnisse. Der Pilgerweg sei nichts für Komfort-Touristen. Er habe in Massenlagern geschlafen mit bis zu 120 Betten in einem Raum und musste oft ohne Frühstück weiterziehen, erzählte er. Manchmal übernachten die Pilger in Kirchen. Dort müssen sie am nächsten Morgen die Messe besuchen, damit der Pfarrer ihnen den begehrten Stempel im Pilgerausweis macht. "Für Sie haben wir ein Einzelzimmer" begrüsste ihn ein Wirt. Es stellte sich heraus, dass es ein winziges Einerzelt war. Der Jakobsweg hält auch positive Überraschungen bereit. Am Weg gab es einen Brunnen, der mit einem Hahn frisches Wasser und mit dem zweiten Rotwein spendete. "Nicht alle Pilger sind Heilige. Das sieht man an den Freudenhäusern direkt am Pilgerweg" erklärte Schmid.

Pilgern im Aufschwung

Seit dem 11. Jahrhundert wandern Pilger auf verschiedenen Jakobswegen durch Europa. Der Name bezieht sich auf den Apostel Jakobus. Knochen, die im Jahr 800 in Santiago de Compostela gefunden wurden, werden ihm zugeschrieben. In einem Ausweis können sich die Pilger mit einem Stempel bestätigen lassen, an welchen Stationen sie vorbeikamen und am Ziel erhalten sie eine Urkunde, die Compostela. Der Jakobsweg erlebt derzeit einen sagenhaften Aufschwung. 1970 wurden 68 Pilger registriert, 1987 dreitausend und im letzten Jahr waren es 278'000. Es sind Pilger von allen fünf Kontinenten und jeden Alters. Der Älteste, dem Schmid begegnete, gab sein Alter mit 94 an.

Der Organisator des Senioren-Nachmittags, der Gemeinnützige Frauenverein, wurde 1870 gegründet und hat heute rund zweihundert Mitglieder. Er betreibt ein Kafistübli im Altersheim Vogelsang, besucht Jubilare ab 80 Jahren an jedem runden Geburtstag und organisiert Reisen und Vorträge. Präsidentin ist Edith Widmer-Plüss, die Tochter des ehemaligen Stadtschreibers René Plüss.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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