Spannendes Duell bei der diesjährigen Schätzelemarkt-Kundgebung
Politik muss Vertrauen zurück gewinnen

Tengen Spahn | Foto: Das Tengener Festzelt war bei der Kundgebung am Samstag mit Gesundheitsminister Jens Spahn bis den den letzten Platz gefüllt. Spahn selbst war noch ganz im Wahlkampf-Modus nach seinen Auftritten zur Hessen-Wahl. swb-Bild: of
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  • Foto: Das Tengener Festzelt war bei der Kundgebung am Samstag mit Gesundheitsminister Jens Spahn bis den den letzten Platz gefüllt. Spahn selbst war noch ganz im Wahlkampf-Modus nach seinen Auftritten zur Hessen-Wahl. swb-Bild: of
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Tengen (of). Auch wenn es genau am Schätzelemarkt-Samstag zum ersten Mal in diesem Monat überhaupt mal regnete und das sogar ziemlich garstig. Das Festzelt zur diesjährigen Mittelstandskundgebung war inklusive der Stehplätze bis auf den letzten Platz gefüllt, war doch mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) der Mann hier nach Tengen gekommen, dem schon seit Wochen nachgesagt werden, dass der die Zeit nach Kanzlerin Merkel prägen könnte.

„Wir Sozialdemokraten sagen, es ist der Tag des jüngsten Gerichts“, spielte Marian Schreier auf den folgenden Wahlsonntag in Hessen an. Und so kündige Schreier seinen prominenten Gast im Festzelt an: „Er ist der erste und einzige männliche Bundespolitiker, der Kritik an der Bundeskanzlerin bislang unbeschadet hat überstehen können.“ Schreier nutzte das prominente Auditorium im Festzelt um klare Kritik an der aktuellen Politik zu üben. Statt über Burkas in Schwimmbädern zu streiten, solle man das Thema Integration endlich ernsthaft diskutieren. Er bot der Bundesregierung einen deutlich verkürzten Masterplan für eine bessere Politik an.

Statt sich mit den eigenen Neurosen zu beschäftigen lägen die Themen geradezu auf der Straße. Wohnungsnot und die Versorgung mit digitaler Infrastruktur sind für ihn die Themen die die Politik endlich wirksam anpacken müsste. „Herr Spahn, wir spielen einmal im Jahr das Spiel: Brüssel Berlin und Stuttgart sind an allem schuld, und Sie sind heute unser Gast. „Wir beschäftigen uns mit Petitessen und Nebeninhalten“, kritisierte Schreier. Der wichtigste Tipp Schreiers war „Nicht resignieren. Der größte Feind der Demokratie ist die Gleichgültigkeit.“ Schreier zeigte Jens Spahn gleich auf, wie er sich „beliebter“ machten könnte, was er laut seiner Biographie noch nicht ist: Die Klinik in Singen müsse dringend 90 Millionen Euro investierten, in Tengen wolle man ein Ärztezentrum bauen und brauche auch dafür Geld.“

„In Tengen gibt es einen Bürgermeister, obwohl er in der SPD ist. Und der ist wahrscheinlich der einzige noch gut gelaunte und schlagfertige Sozialdemokrat überhaupt“, konterte Jens Spahn ganz gelassen, als er an Mikrophon gerufen wurde. Und weil ihm Andreas Jung erzählt habe, dass eigentlich jeder Bundesminister einmal hier im Festzelt gesprochen haben müsse, habe er nicht gezögert hier zuzusagen schon nach acht Monaten im Amt. Dazu hatte Marian Schreier gleich auch wieder einen Konter zu bieten, indem er unterstrich, dass sich die Einladung natürlich auf das aktuelle Amt beziehe. Wenn Spahn vielleicht in einer anderen Funktion sei, dann werde er sicher nochmals eingeladen, spielte Schreier auf die aktuellen Machtdiskussionen in der CDU-Spitze an. Dazu hütete sich Spahn freilich etwas zu sagen.

Gleich ging Spahn schon in den Modus über, den er in den letzten Tagen im hessischen Wahlkampf trainiert hatte. Nach der Vorstellung der Fortschritte in der Finanzpolitik fragte er sich, ob es gute Politik sein könne, wenn man drei Monate über die Besetzung an der Spitze einer Bundesbehörde diskutieren. Derzeit sei es das wichtigste überhaupt wieder Vertrauen zurück zu gewinnen. Spahn warb im Festzelt auch für die Organspende, man müsse endlich lernen wieder über solche Dinge zu diskutieren, wie über vieles weitere, nur so gewinne man Vertrauen zurück.

Aufs Thema Pflege kam er bald. Der Glaube daran, dass die Politik überhaupt einen Einblick habe, was dort wirklich abgehe, fehlte vielen der Menschen, die in diesem Bereich arbeiteten, gestand Spahn sein. Aber: Ab dem 1. Januar werde jede zusätzliche Pflegekraft voll finanziert, auch bei der Altenpflege seien 13.000 neue Stellen ein erster Schritt und jetzt müssten die Menschen für diese Stellen gefunden. „Wir bauen hier keine Luftschlösser, dafür fangen wir jetzt an das zu tun was nötig ist“, so Spahn, der dafür auch deutlichen Applaus erhielt.

Auch in der Wirtschaft gelte es Vertrauen zurück zu gewinnen, vertrat Span der hier ein Loblied auf die duale Ausbildung mit dem Praxisbezug anstimmte. Schließlich habe Deutschland auch deswegen die niedrigsten Jugendarbeitslosigkeit in Europa. „Der Mensch fängt nicht erst beim Abitur oder beim Bachelor an“, unterstrich Spahn.

Weiteres Thema war Investitionstau im Land. „Jetzt ist Geld da und wir bekommen nichts verbaut, weil die Planungen nicht fertig sind und das Planungsrecht immer komplizierter geworden ist. „In der Zeit, in der in Berlin der Flughafen nicht fertig wird, wurden in China 60 neue gebaut.“ Spahn trat auch klar dafür ein den Solidaritätszuschlag abschaffen. Als der kam war ich 10, jetzt bin ich schon fast 40 Jahre alt.

„Je mehr wir über die Dinge reden, die uns zusammen halten lassen, desto mehr Vertrauen gibt es in die Politik. Für ihn ist an der Zeit das Grundgesetz vorzuleben . Gegen rechte Dumpfbacken oder reaktionäres Religionsverständnis reiche gesunder Menschenverstand manchmal schon, wenngleich er einräumte, das nicht alles was anders ist, auch bereichernd sein müsse, spielte er an die aktuelle Einwanderungsdiskussion an. Sein Masterplan: „Für die Werte eintreten, die diese Gesellschaft so stark machen.“ Und: „Die besten Jahre liegen noch vor uns – ab jetzt sollten wir daran arbeiten.“

Als Gastgeschenk hatte Bürgermeister Marian Schreier eine Flasche Eierlikör parat, aus der Heimat Spahns. Seit sich herumgesprochen habe, dass Eierlikör für ihn eine besondere Bedeutung habe, weil der für seine besondere Beziehung zu seiner Großmutter stehe, bekomme er freilich jede Menge davon Geschenkt. Das sei immerhin besser als die ganze Wurstkörbe, die es beim Wahlkampf in Hessen in den letzten Tagen gab.

Nach seinem Aufritt im Festzelt nahm sich Jens Spahn tatsächlich noch viel Zeit, um die Gewerbeschau beim Rathaus zu besichtigen.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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