Staatliche Hilfen für Nichtlebensmittelhandel
Viele Geschäfte könnten sterben

Reiner Wöhrstein | Foto: Die Überbrückungshilfe III ist für ihn eher ein Bluff: Reiner Wöhrstein bringt Zahlen in die Diskussion. swb-Bild: Foto Wöhrstein
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  • Foto: Die Überbrückungshilfe III ist für ihn eher ein Bluff: Reiner Wöhrstein bringt Zahlen in die Diskussion. swb-Bild: Foto Wöhrstein
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Singen. 75 Prozent ihres Umsatzausfalles gegenüber dem Vorjahr haben Deutschlands Gastronomen im November und Dezember aufgrund des Lockdowns ersetzt bekommen im Rahmen der sogenannten Novemberhilfe. Für den Einzelhandel gelten andere Regeln: Seit 16. Dezember ist der Nichtlebensmittelhandel im Lockdown, durfte bis diesen Montag nicht einmal Abholstationen anbieten (also kein Take Away) und bekommt Überbrückungshilfe III. Angepriesen als gute Hilfe, ist drin: Nicht viel, wie sich herausstellt.

Reiner Wöhrstein hat mit seinem Steuerberatungsbüro den Vergleich errechnet. Wöhrstein ist Fotofachhändler aus Singen, der erst im Dezember neu ins Cano gezogen ist, mit neuem Konzept, neuem Unternehmermut, sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und vor allem zusätzlichen Investitionen. Und für ihn ist, wie er sagt, »die Bazooka und das Hilfsprogramm des Bundes«, wie es Bundesfinanzminister Olaf Scholz nannte, »eher ein Bluff«. Gerade einmal sechs Prozent des Umsatzausfalls gegenüber dem Vorjahr bekäme er für den Dezember erstattet, bei 74 Prozent Umsatzausfall gegenüber dem Vorjahr. Und er wäre froh, wenn einfach den neuerlichen Forderungen des Hauptverbandes des Handelsverbandes Deutschland (HDE) entsprochen würde, die wohl im Bundeswirtschaftsministerium gehört werden, aber in anderen Ministerien auf taube Ohren stoßen. Der HDE fordert in Schreiben an die Kanzlerin, das Kanzleramt, das Wirtschaftsministerium, das Sozialministerium und an das Finanzministerium, dass die Überbrückungshilfe geändert werden müsse.

Statt der komplexen Berechnung, die derzeit dazu führt, dass die Unternehmen so gut wie keine Unterstützung bekämen (Im Falle von Wöhrstein eben nur sechs Prozent des Umsatzausfalls), will der Einzelhandelsverband einen pauschalen Fixkostenzuschuss in Höhe des Rohertragseinbruchs gegenüber dem Vorjahr erreichen. Der läge dann im Fall von Foto Wöhrstein bei immerhin 20,5 Prozent des Umsatzausfalls. »Immer noch viel weniger als die 75 Prozent, die die Gastronomie erstattet bekommt, aber immerhin ein fairer Vorschlag«, sagt Wöhrstein. »Wenn an den derzeitigen Regelungen in der Überbrückungshilfe III nichts geändert wird, werden in Singen viele Einzelhandelsunternehmen aufhören müssen aufgrund der Lockdowns«, so Reiner Wöhrstein. (Eine Annahme, die auch bundesweite Studien unterstützen, siehe auch Seite 11, Zahlen der Woche in der aktuellen Printausgabe des Wochenblatts).

Ein kleiner Lichtblick ist für ihn, dass er in Andreas Jung, Bundestagsabgeordneter für die Region und stellvertretender CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, erst einmal einen guten Zuhörer für die brenzlige Lage gefunden hat. »Er bekommt nun meine betriebswirtschaftlichen Daten, die er in Berlin als Beispielrechnung vorlegen will«. So hofft Wöhrstein, dass die betriebswirtschaftliche Realität des Nichtlebensmittelhandels im Lockdown in Berlin ankommt und sich die Politik für die Vorschläge des Hauptverbandes des Einzelhandels öffnet, um ein flächendeckendes Einzelhandelssterben zu verhindern, was eben in vielen Teilen nicht hausgemacht sei, sondern gerade die innovativen, mutigen Unternehmer träfe, die investiert haben in Digitalisierung und moderne Konzepte. Wir werden darüber berichten, wie es weiter geht.

Autor:

Anatol Hennig aus Singen

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