Kunstverein Singen wagt Wohnzimmer-Experiment – mit 88 Leihgebern
Von Wand zu Wand - Von Mensch zu Mensch

Von Wand zu Wand | Foto: Museumsleiter Christoph Bauer, Kunstvereins-Vorsitzende Ulrike Veser, OB Bernd Häusler und die zweite Vorsitzende des Kunstvereins, Helena Vayhinger, bei der ersten Vernissage der Ausstellung »Von Wand zu Wand«. swb-Bild: of
  • Von Wand zu Wand
  • Foto: Museumsleiter Christoph Bauer, Kunstvereins-Vorsitzende Ulrike Veser, OB Bernd Häusler und die zweite Vorsitzende des Kunstvereins, Helena Vayhinger, bei der ersten Vernissage der Ausstellung »Von Wand zu Wand«. swb-Bild: of
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Singen. Eine doch recht ungewöhnliche, weil auch extrem vielseitige Ausstellung ist im Singener Kunstmuseum seit Sonntag zu sehen. »Von Wand zu Wand« hat der Singener Kunstverein sein Experiment getauft, mit dem er seine »ewige Reihe« der SingenKunst-Ausstellungen auch angesichts der derzeit besonderen Lage unterbricht, wie die Vorsitzende des Kunstvereins Singen, Ulrike Veser, bei den beiden Eröffnungen sagte, die aufgrund der Personenbeschränkungen durch die aktuellen Auflagen für Kulturorte durchgeführt wurden.

Natürlich habe Museumsleiter Christoph Bauer bei der Präsentation der Idee erst mal mit den Augen gerollt, doch auch er zeigt sich inzwischen begeisterungsfähig für diesen anderen Weg der Kunstvermittlung. Im Oktober hatte der Kunstverein in der Stadt dazu aufgerufen, dass doch Kunstfreunde aus der Stadt und Region ihre Lieblingsbilder einfach mal dem Museum für einige Wochen zur Verfügung stellen, damit sie von der heimischen an die Museumwand wechseln.

Das Echo war durchaus beachtlich: insgesamt 88 Kunstfreunde lieferten ihr Lieblingsbild ab, mit einem kleinen Foto dazu, das das Bild bei ihnen daheim zeigt, und einer kleinen Audiodatei, die beim Abgeben der Bilder aufgenommen wurde und die man sich per »QR-Code« auf dem Smartphone abspielen kann mit der Begründung der BesitzerInnen, warum genau das ihr Lieblingsbild ist. Herausgekommen ist ein Seh-Abenteuer.

»Da wird etwas öffentlich, was bis dato entweder privat oder aber unerkannt war«, meinte Christoph Bauer in seiner Laudatio. Keine Frage, für den Museumsleiter unterläuft diese Schau aus seiner Sicht doch nahezu alle ästhetisch und kunsthistorischen Kriterien sonstiger Museumsarbeit, schließlich war ja auch dazu aufgerufen worden, nicht Kunstwerke, sondern eben Lieblingsbilder auszusuchen, also jede Bilder, zu denen man aus einem besonderen Grund auch eine besondere Beziehung hat. Und da kann man nur staunen, welche Vielfalt sich in den regionalen Wohn- oder Esszimmern, Treppenhäusern oder gar Toiletten zu finden ist.

Klar, die Höri-Maler wie die klassische Moderne sind auch hier stark vertreten und die Schau ist natürlich ein Stück weit das »Who is Who« der regionalen Kunstlandschaft, auch mit den neueren Stars, das liegt auch mit am Altersschnitt der Kunstverein-Mitglieder. Doch auch manch wildes Werk hat hier seinen Platz an der Museumswand gefunden, die röhrenden Hirsche oder der Sonnenuntergang inklusive. Und: hier durchzuwandeln macht richtig gute Laune. Nicht nur weil die meisten Leihgeber sich auch mit ihrem Namen als Lieblingsbild-Besitzer outen, sondern weil man von ihnen auch viel über ihre Beziehung zur Kunst erfährt.

Helena Vayhinger als zweite Vorsitzende des Kunstvereins zeigte sich begeistert. Für sie macht das die Schwelle zum Museumsbesuch deutlich niedriger, macht einfach neugierig. Und auch Singens OB Bernd Häusler, Kraft Amtes im Vorstand des Kunstvereins, ist enorm angetan von dem Experiment. Hier gelinge es in einer doch schweren Zeit der Kontaktbeschränkungen eben Kontakte zu schaffen, einen Austausch auch zwischen Lieblingsbildbesitzern, auch wenn sie hier nicht mit vertreten sind. Denn ein Lieblingsbild hat ja jeder. »Von Mensch zu Mensch« nennt Häusler das Projekt.

Als weiteren Aspekt des Themas Lieblingsbild zeigt der Kunstverein im Erdgeschoss des Museums seine Jahresgaben aus über 60 Jahren, die auf der einen Seite die Entwicklung des regionalen Kunstmarkts in dieser Zeit reflektieren, auf der anderen Seite auch zeigen, welche Favoriten die jeweiligen Vorstände eben auch hatten.

Das Projekt soll auch intensiv vermittelt werden. Schon am nächsten Sonntag, 30. Januar, gibt es um 11 Uhr eine erste Führung durch diese Ausstellung, die bis zum 20. März zu sehen sein wird. Wegen der besonderen Umstände muss man sich dafür vorab anmelden via www.kunstmuseum-singen.de

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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