Sagenhafte Premiere von Pralka mit »Heimwehland« begeistert in der Scheffelhalle
»Wie vergiftet man einen Drachen?«

Heimwehland | Foto: Die große Scheffelhalle bot den Platz für große "Bilder" bei der Heimwehland-Premiere von »Pralka« am Freitagabend. swb-Bild: uj
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Singen (uj). Zum zehnjährigen Vereinsjubiläum des Amateurtheatervereins Pralka gratulierte die Fachbereichsleiterin Kultur der Stadt Singen Catharina Scheufele vor Beginn der Premiere »Heimwehland« am vergangenen Freitag in der Scheffelhalle. »Der Verein bereichert die Kulturlandschaft Singen«, lobte sie, was die Theatergruppe sogleich bei ihrem Auftritt bewies. Der Verein hatte für sein Jubiläum ein besonderes Stück inszeniert, zusammen mit dem Laienstreichorchester Collegium Musicum unter der Leitung von Bruno Kewitsch und zwei Chören, der Hegau-Kantorei Thayngen und dem Paul-Gebhard-Kinderchor Hilzingen unter der Leitung von Andrea Jäckle. Das Stück entstand unter der Feder der Regisseurin Susanne Breyer und war somit Garant für absolute Perfektion.

Sagenhaft begann das Stück, indem ein Sprecher die Geschichte eines Drachen erzählte, dem die Bevölkerung Opfer darbieten musste. Doch schnell wurde dem Publikum bewusst, wie reell dieser Drache war, opferte die Bevölkerung dem Drachen ihre fünf Töchter, nämlich Gerechtigkeit, Freiheit, Unbeschwertheit, Mut und Pressefreiheit. Den Drachen nannten sie »Komunizm«. Die Besucher wurden in das Polen um 1980 versetzt, mitten nach Krakau. Dort hatten der Schustergeselle Dratewka, der Alte und der Träumer Sehnsucht nach der guten alten Zeit, als noch alles friedlich und schön war. Glänzend verstanden die bis zu 56 aktiven Darsteller, die Stimmungen und Gemütslagen der Bevölkerung von der Bühne auf das Publikum zu übertragen, unterstützt vom Streichorchester und den beiden Chören, die passend polnische Stücke spielten und sangen und das Theater hervorragend ergänzten. »Wie vergiftet man einen Drachen«, stellte Dratewka die entscheidende Frage. Einer der musikalischen Höhepunkte lag in dieser Antwort, als die drei Hauptprotagonisten den Drachen mit einem mit Dynamit gefüllten Schaf töteten. Raffiniert nutzen die Akteure die Architektur der Scheffelhalle aus. Das Stück wurde im Zuschauerraum gespielt, die Zuschauer saßen darum herum. Der Chor sang nahezu himmlisch von der Empore herab und erzeugte eine besondere Stimmung. Die Freude über den getöteten Drachen war riesig, die Explosion so groß, dass dadurch in Berlin die Mauer einstürzte.

Nicht nur in Krakau spielte die Geschichte, vielmehr wanderte Dratewka mit seiner Frau, der Prinzessin Zgoda nach Deutschland, direkt nach Arlen aus und erlebte dort die Gefühlswelten der polnischen Einwanderer. Zeitkritisch gab sich das Stück und hielt verschiedenen politischen Lagern den Spiegel vor, ohne weiter Stellung zu beziehen. So arbeiteten beispielsweise polnische Landarbeiterinnen auf deutschen Feldern. »Früher wurdet ihr dazu gezwungen, heute macht ihr das freiwillig«. Nach über 30 Jahren hatten Dratewka und Zgoda Heimweh und fuhren zurück in ihre alte Heimat. Dort hatte sich ein neuer Drache breit gemacht, namens Kapitalismus. Freiheiten seien nun da, die müssten aber teuer bezahlt werden. So wurde auch das Erstarken der Pis-Partei erklärt.

Die Zuschauer erlebten in diesem gut zweistündigen Stück Geschichte, Verbundenheit und Freundschaft. Das war das Ziel des Stücks: Kulturaustausch und Völkerverständigung.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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