Holocaust-Gedenken der JU am Seetorplatz
Nicht nur gedenken, sondern handeln

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Radolfzell. Bereits zum achten Mal führte die Junge Union im Landkreis unter der Federführung von Levin Eisenmann das Gedenken zum internationalen Holocaust-Gedenktag am Seetorplatz Radolfzell durch, wo ein spezieller Gedenkstein geschaffen wurde, der an die deportierten Juden der ganzen Region erinnert, welche nach Gurs in Südfrankreich gebracht wurden und viele daraufhin in die Vernichtungslager des Nazi-Regimes.

Mit über 100 Teilnehmern war die Veranstaltung, die von der Radolfzeller Initiative Stolpersteine wie dem Arbeitskreis Erinnerungskultur mitgetragen wurde, auf eine sehr starke Resonanz gestoßen. Der Platz wurde mit einem Davidstern aus Licht an diesem Abend markiert.

Simon Gröger rief in seiner Rede dazu auf, dass es nötig sei, in diesen Zeiten nicht nur zu gedenken, sondern auch zu handeln angesichts wieder steigendem Antisemitismus wie auch der Ausgrenzung von Randgruppen. Seit 2015 seien die antisemitischen Straftaten hierzulande wieder beständig angestiegen, besonders in „sozialen Medien“ würden Hassbotschaften verbreitet. Das hieße, achtsam zu sein. Es brauche eine lebendige Erinnerungskultur, die Gröger hier in Radolfzell durch die Aktion Stolpersteine wie den Arbeitskreis Erinnerungskultur in guten Händen sieht. 28 Stolpersteine wurden bislang in Radolfzell verlegt, für 2023 seien zwei weitere Stolpersteine geplant, informierte Gröger. In der Erinnerung an die Geschehen könne man hoffentlich eine bessere Zukunft gestalten, wünschte sich Gröger.

Pfarrer Heinz Vogel brachte in seiner sehr persönlichen Erklärung den dieses Jahr bundesweit gewählten Schwerpunkt der Verfolgung und Vernichtung „queerer“ Menschen während der NS-Zeit zur Sprache, denn für diese habe das Leiden mit dem Ende des Kriegs nicht aufgehört, wie er an Beispielen ausführte. Diese seien damals vor 78 Jahren nicht „befreit“ gewesen, denn es habe nach dem Krieg so lange noch den Paragrafen 175 gegeben, der gleichgeschlechtliche Liebe als Straftat markierte. Er selbst sei 1965, also 20 Jahre nach dem Krieg, geboren. Irgendwann sei ihm bewusst geworden, dass der erste Kommandant von Auschwitz auch in Baden-Baden geboren wurde wie er. Der Vater von ihm habe unbedingt gewollt, dass Rudolf Höß Priester werden sollte. Die Täter von damals, die seien alle die Nachbarn oder Bekannten gewesen von anderen Menschen. Damals habe es den Befehl gegeben Juden zu verraten, was auch in Radolfzell geschah.

Ute Müller von der Initiative Stolpersteine-Radolfzell erinnerte in einem Kurzvortrag an die Geschichte des Mahnmals des Holocaust für Baden in Neckarzimmern. Durch die katholische Jugend sei in 1998, dem 50. Jahrestag der Pogromnacht, eine Initiative der Erinnerung entstanden, 2002 sei daraus der Beschluss für das Mahnmal für die am 22. Oktober 1940 aus Baden ins Konzentrationslager Gurs in Südfrankreich deportierten Juden im Ort Neckarzimmern bei Mosbach gefasst worden.

139 Gedenksteine seien dort in dem Ort der Begegnung auf dem Grundriss eines Davidsterns für die Gemeinden in Baden vorgesehen, aus denen Juden damals deportiert wurden. Und zwar in der Form eines Zwillingssteins, von dem eine Hälfte vor Ort verleiben sollte, die andere nach Nekarzimmern entsandt wurde.

Der Radolfzeller Stein wurde in einem Projekt mit dem damaligen evangelischen Pfarrer Stefan Ramsauer und Konfirmanden mit der Steinmetzwerkstatt Neitsch in zwei Hälften zertrennt worden. Beide tragen dieselbe Inschrift. Eine Hälfte ist seitdem auf dem Seetorplatz platziert auf Vorschlag des damaligen OBs Jörg Schmidt, die andere Hälfte eben Teil der Gedenkstätte in Neckarzimmern.
Sie sah es als verwunderlich an, weshalb dort Plätze auch für die damaligen jüdischen Gemeinden Wangen wie Randegg vorgesehen seien, aber noch keine Gedenksteine dort geschaffen wurden.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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