1885 Jahre nach Christus
Billig, nahrhaft, schnell - Von der Idee zur Maggi-Suppe

Die Idee wurde aus dem Wunsch heraus geboren, der schlechten Ernährung der Arbeiter abzuhelfen. 1882 hatte der Kinderarzt Fridolin Schuler vor der "Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft" (SGG) einen Vortrag gehalten. Darin führte Schuler die zahlreichen Erkrankungen unter den Arbeitern auf ihre mangelhafte Ernährung zurück. Das geringe Einkommen der Arbeiter reiche für nahrhafte Lebensmittel oft nicht aus. Die Arbeiterinnen hätten häufig keine Zeit zum Kochen. Schuler skizzierte in diesem Vortrag ebenfalls ein Nahrungsmittel, das allen diesen Mißständen abhelfen sollte.

Die SGG wurde initiativ und fand in Julius Maggi den Unternehmer, der das Projekt ins Rollen brachte. Das Müllereigewerbe war zu der Zeit in einer Krise, neue Aufträge kamen ihm gelegen. 1883 machte er sich an die ersten Experimente, 1884 konnte er Resultate liefern. Leguminosen-Mehle aus Bohnen und Erbsen, die sich zu Suppe oder Brei anrühren lassen, fanden die Zustimmung der SGG, die Maggi in den ersten drei Jahren mit ihrer Werbung kräftig unterstützten. Dafür sollte der Preis für die Produkte in dieser Zeit konstant bleiben. Die Zielgruppe, für die die neuen Suppen gedacht waren, wurde zuerst nicht erreicht. Wohlhabende Frauen und bessergestellte Arbeiter hatten eher das Geld, um die neue Nahrung zu probieren und nutzten die Chance, um Zeit zu sparen.

Info:
Billig, leicht verdaulich und nahrhaft sollte das Essen sein. Schnell zubereiten sollte man es können. Gut schmecken sollte es außerdem. Damit war sozusagen eine Schnittmuster für die Schnellnahrung entworfen. Realisieren sollte sie der Großmüller Julius Maggi zu Ende des 19. Jahrhunderts.

1885 wurden in der Schweiz acht Millionen Teller der neuen Suppen gegessen, dabei eingerechnet waren aber die Proben, die die SGG freigebig verteilte. 1887 gab es schon 22 Maggi-Suppen, 1893 machte das Werk in Kempttal zum ersten Mal Gewinne. Eine zweite Erfindung verhalf den Suppen zum Durchbruch: Die Suppenwürze gab so manch fadem Süppchen, darunter auch den ersten Schnellsuppen, den richtigen Pfiff. Diese "schwachen Suppen", also Suppen mit wenig Inhalt, fanden sich paradoxerweise in den Arbeiterhaushalten, deren Ernährung die SGG bereichern wollte. Wenig Geld für eine kräftige Suppe hatten häufig auch Angestellte und Beamte, die viel in die Repräsentation investierten. Die Arbeiter gaben damit zuerst Geld für etwas aus, was ihre Ernährung zwar nicht bereicherte, aber ihre Mahlzeiten genießbarer machte.

Über den Umweg der Genießbarkeit hielt dann auch langsam die Schnellsuppe Einzug in Arbeiterküchen. Die SGG nahm langsam Abschied von der Idee, dass die neuen Suppen zur kräftigen Volksnahrung werden würden und empfahl Milch und Käse für die Volksgesundheit. Ganz schnell entdeckten auch die Großküchen die Leguminosenmehle von Julius Maggi. Krankenhäuser, Gefängnisse und das Militär entdeckten die Schnellnahrung für sich. 1887 empfiehlt Julius Maggi selbst in einer Denkschrift die Suppen als Nahrung im Kriegsfalle. Die Haltbarkeit der Suppen, die sie transportfreundlich machte, mag dazu beigetragen haben. Im ersten Weltkrieg kam es zunächst zu einer Leistungssteigerung bei der Suppenherstellung. Die Zahl der Suppen wurde jedoch stark eingeschränkt. Hauptabnehmer war die Heeresverwaltung. Der Rohstoffmangel führte zu minderwertigen Ersatzprodukten, die nicht unter dem Firmennamen vertrieben wurden.

Nach dem Krieg arbeiteten nur noch 1500 Leute in der Singener Fabrik, das war die Hälfte der Belegschaft vor dem Krieg. Bergauf ging es im Frühjahr 1920 mit der Wiederaufnahme der Suppenwürfel-Produktion. Im zweiten Weltkrieg stieg die Zahl der Arbeiter eindeutig von 1995 Personen im Jahr 1936 auf 2651 Personen im Jahr 1942. Bei Kriegsende arbeiteten etwa 1700 Personen in dem Werk. Wie in anderen Bereichen auch setzte die Währungsreform wesentliche Impulse für die Weiterentwicklung.

Angela Stadthaus

Autor:

Redaktion aus Singen

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