1886 Jahre nach Christus
Schon seit 113 Jahren Telefon im Kreis Konstanz

Die Entwicklung von Handel und Gewerbe hatte auch unserer Region die Notwendigkeit zur Folge, Nachrichten schnell zu übermitteln und auszutauschen. Der Postverkehr allein war nicht immer der geeignetste Weg. Zum schnelleren Transport von Nachrichten gab es ab etwa 1830 in Deutschland zwar den Sichtapparat (optische Signalisierung), dieser hatte aber den Nachteil, daß mit ihm nur bei Tageslicht und bei guter Sicht gearbeitet werden konnte. Den großen Fortschritt brachte dann ab 1848 der elektrische Telegraf. In Konstanz hielt diese Nachrichten-Schnellübermittlung im Jahre 1855 ihren Einzug.

Die erste Telegrafen-Verbindung ging von Konstanz nach Basel. Derartige Verbindungen in jener Zeit hingen stets sehr eng mit dem Bau der Bahnstrecken zusammen. Starken Auftrieb erhielt das Fernmeldewesen ab 1. Januar 1872 mit der Eröffnung der Kaiserlichen Oberpostdirektion in Konstanz. Ein Jahr zuvor wurde das badische Postwesen an das deutsche Kaiserreich übergeben. 1881 begann die neueste Errungenschaft der elektrischen Nachrichtentechnik, das Telefon, von Berlin aus seinen Siegeszug. In Konstanz sollte im Jahre 1886 eine Stadtfernsprechanlage errichtet werden. Die Anmeldungen von Interessenten gingen jedoch nur zögernd ein. Die Konstanzer Zeitung schrieb dazu in ihrer Ausgabe vom 4. Mai 1886: "Dem Vernehmen nach wird unserem neuesten Verkehrsinstitut, der im Werden begriffenen Stadtfernsprecheinrichtung noch immer nicht diejenige Förderung zuteil, welche zur Verallgemeinerung der Anlage erwünscht ist. Namentlich wird mehrfach das Bedürfnis für die Stadt angezweifelt, die Sache als zu wenig bekannt bezeichnet und der Gebührenbetrag bemängelt. Wer das Bedürfnis bestreitet, geht zumeist von dem Satze aus, daß wir in Konstanz bisher ohne Telefon ausgekommen sind, daß es sich also auch weiterhin ohne solches leben lasse. Der Satz an sich ist unzweifelhaft richtig; falsch aber ist seine Nutzwendung: Wenn man das Alte überall beibehalten hätte, wo es noch erträglich war, dann würde die Entwicklung der Menschheit in den Kinderschuhen stecken geblieben sein. Hier heißt es, sich das Gebotene zu Nutzen machen, hier heißt es, jede Verbesserung unterstützen, welche zur Hebung von Handel, Industrie und Gewerbe, zur Öffentlichen Wohlfahrt, zur Annehmlichkeit des privaten Aufenthaltes, also zur gedeihlichen Fortentwicklung der Stadt beiträgt. Die Stadtfernsprecheinrichtung ist aber eine solche Verbesserung, sie wird zum Bedürfnis, wenn man die räumlichen Entfernungen speziell die Lage der Stadt auf beiden Seiten des Rheins in Augen faßt. Die Einrichtung und den Nutzen einer Fernsprechanstalt eingehend beschreiben zu sollen, erscheint heute schon fast ebenso überflüssig, als eine Darlegung des Nutzens des Telegraphs oder der Eisenbahn, der Gas- und Wassereinrichtung.

Info:
Vor 113 Jahren wurde das Telefon im Kreis Konstanz eingeführt. Damals sah man in diesem neuartigen Nachrichtenmittel zunächst eine willkommene und billige Ergänzung des Telegrafennetzes. Niemand konnte damals ahnen, dass das Telefon sehr schnell zu einem der wichtigsten Kommunikationsmittel werden würde. Durch intensive Weiterentwicklung ist aus jenen ersten Betriebsversuchen eine Technik entstanden, die es den Menschen ermöglicht, über Meere und Kontinente hinweg miteinander in Verbindung zu treten, Nachrichten auszutauschen und sich zu verständigen.

Man denke sich ein Über die ganze Stadt reich verzweigtes System von Drähten; durch dieselben eine Verbindung mit den Behörden, Verkehrsanstalten, Hotels, Redaktionen, Musik- und Buchhandlungen, Ärzte, Anwälte, Stadträte, reichen und angesehenen Privaten; zwischen diesen zahlreichen Elementen des täglichen Verkehrs eine direkte Gesprächsverbindung: So wird der aus einer solchen enormen Verkehrserleichterung erwachsende Gewinn an Zeit, Schreibwerk und Gängen einleuchtend und überzeugend genug in die Augen springen." Am 1. November 1886 war es dann soweit und der Fernsprecher feierte in Konstanz Premiere. An die neue Stadtfernsprechanlage waren zunächst 38 Teilnehmer angeschlossen. Als bei den Etatberatungen 1887 in Berlin die Genehmigung des Neubaus erfolgte, verbreitete die Konstanzer Zeitung diese Nachricht sofort per Extrablatt: "Das neue Reichs-Postgebäude in Konstanz. Konstanz, den 10. März. Telegraphischer Nachricht aus Berlin zufolge hat die Budgetkommission des Reichstags heute den Ankauf des Platzes, auf dem das neue Reichspostgebäude dahier errichtet werden soll, einstimmige genehmigt, nachdem derselbe von verschiedenen Seiten empfohlen worden war. Mit diesem Beschluß darf der Bau als gesichert betrachtet werden; wir beeilen uns daher, der hiesigen Bürgerschaft diese frohe Kunde mitzuteilen." Im Jahre 1899 gab es bereits 111 Telefonteilnehmer unter anderen mit 22 Anschlüssen in Singen.

Die Fernsprechgebühr betrug für drei Minuten im Stadtverkehr und im Fernverkehr nach Württemberg 25 Pfennig. Ein Gespräch in die Schweiz je nach Entfernung zwischen 50 Pfennig und zwei Mark. Nach der Jahrhundertwende weitete sich der Fernmeldeverkehr schneller als erwartet aus. Die Räumlichkeiten reichten nicht mehr aus und im Jahre 1908 entschloß sich die Oberpostdirektion, das Telegrafenamt im Postgebäude zu erweitern. Jetzt gab es acht Arbeitsplätze für Morseapparate und acht für die Fernsprechhandvermittlung. Um die wachsenden Aufgaben zu bewältigen, richtete man im Jahre 1920 in Radolfzell ein Telegrafenbauamt ein, das vier Jahre später nach Konstanz in das Gebäude "Salmannsweilerhof" umzog. Für die Telegrafenarbeiten wurden sogenannte Leitungsrevisoren eingesetzt. Ein Revisor hatte eine Baukolonne unter sich. Er erteilte die Aufträge und beaufsichtigte die Arbeiten. Im Jahre 1928 vereinigte man das bisherige Telegraphenamt mit dem Postamt Konstanz. Sechs Jahre später, 1934, hob man die Reichspostdirektion Konstanz auf und gliederte ihren Bereich bei der Reichspostdirektion Karlsruhe ein. Um das Gebiet nördlich des Bodensees bis nach Ulm telefonisch vom Knotenpunkt Konstanz besser zu erreichen, entschloß sich die Reichspost, zwei neue Kabel durch den See zu ziehen. Im Jahre 1934 war es soweit. Die bereits 1920 im See verlegten Kabel konnten dem Fernsprechverkehr nicht mehr gerecht werden. Die Verbindung durch den See stellte zunächst einen Versuch dar. Bis zu dieser Zeit gab es keine Erfahrungen mit einem Telefonunterwasserkabel, das im Bodensee bis zu einer Tiefe von 176 Meter versenkt werden mußte. Das Unternehmen wurde aber begonnen, da nur so die Telefonverbindungen nach Oberschwaben verbessert werden konnten. Während zum Beispiel die Entfernung Konstanz - Lindau in Luftlinie 37 Kilometer beträgt, benötigte man für die oberirdische Fernmeldeleitung um den See herum einen Weg von 103 Kilometern. Konstanz blieb bis 1945 von jeglichem Bombenangriff verschont. Der linksrheinische Teil der Stadt war nachts sogar friedensmäßig beleuchet, um die Grenze zu den Schweizer Nachbarorten Kreuzlingen und Emmishofen zu verwischen. Dadurch waren auch die Anlagen des Fernmelde- und Telegrafenamtes immer in Ordnung, ebenso die Verbindungen in die nähere Umgebung. Am 25. April 1945 rief von Allensbach aus ein französischer Offizier im Telegraphenamt an und bat darum, die Anlagen nicht zu zerstören. Einen Tag später, um 14.30 Uhr überquerten die Franzosen die heutige alte Rheinbrücke. Es folgte die völlige Einstellung des Eisenbahn-, Post-, Telegrafen--, Fernsprech- und Schiffsverkehrs.

Im Verstärkeramt wurde von der Nachrichtentruppe der 14. französischen Infanteriedivision eine behelfsmäßige Dauerverbindung mit Donaueschingen und Sigmaringen geschaltet, später kamen Friedrichshafen, Ravensburg und Lindau dazu. Ein Oberleutnant der französischen Armee hatte nicht nur die Verantwortung über das Fernmeldewesen in der Bodenseeregion, sondern auch im besetzten Teil Österreichs bis jenseits des Arlbergpasses. Vordringlichste Aufgabe des Telegrafenbauamtes war, Fernkabel zu reparieren. Der Grund: die französischen Behörden mußten untereinander Verbindung halten. Die Vermittlungsstellen waren bald nicht mehr ausreichend. Zwischen September und Oktober 1945 begann sich das Zivilleben der Bevölkerung wieder einigermaßen zu normalisieren, und das stillstehende Wirtschaftsleben kam langsam wieder in Bewegung. Der Kontrolloffizier erteilte deshalb den deutschen Behörden und lebensnotwendigen Privatunternehmen die Genehmigung zum Betreiben von Fernsprechern. Am 1. Juli 1951 erhielt die Deutsche Bundespost für alle Leitungen des öffentlichen Telefonnetzes die Schalthoheit zurück.

Einen Monat später übergaben die Franzosen auch die Verstärkerämter Konstanz und Donaueschingen an die Post. 1954 war praktisch die volle Selbständigkeit wieder erreicht. Nachdem zu Beginn der fünfziger Jahre die Fernmeldegebäude im Landkreis aus allen Nähten platzten, wurden sie renoviert und erweitert. Viele Teilnehmer konnten dadurch im Ortsbereich an automatische Vermittlungen angeschlossen werden. Nächstes Ziel der Post war, die Selbstfernwahl einzuführen. Vorgesehen war, die Städte Singen und Überlingen ohne Inanspruchnahme der "Dame vom Amt" telefonisch zu erreichen. Ab dieser Zeit setzte auch in der Region ein Telefon-Boom ein. Bis zum 2. Weltkrieg war die Anzahl der Telefonanschlüsse lediglich gering angewachsen.

Durch die stürmische Entwicklung der Fernmeldedienste nach dem zweiten Weltkrieg und ihre Bedeutung für Industrie, Handel und Handwerk war man sich im klaren, daß das Fernmeldewesen den Anforderungen eines Zeitalters der Massenkommunikation nur gerecht würde, wenn man die geeignete, zeitgemäße Organisationsform fände. Deshalb faßte man am 01. Oktober 1953 die den verschiedenen Postämtern unterstellten Fernmeldebetriebsdienste mit dem Fernmeldebauamt Konstanz zum neuen Fernmeldeamt Konstanz zusammen, dessen Bereich vom westlichen Bodensee und dem Linzgau bis zum Hochrhein bei Bad Säckingen und hinauf in den Schwarzwald bei Triberg reichte. 1964 begann der Aufbau automatischer Fernvermittlungsstellen, so dass von diesem Zeitpunkt an alle Orte in der Bundesrepublik selbst angewählt werden konnte.

Im Jahre 1967 erfolgte die Grundsteinlegung für das neue Fernmeldehochhaus in Konstanz-Petershausen. Nach einer Bauzeit von 4 Jahren konnte es im Juni 1971 bezogen werden. Im gleichen Jahr erreichte die Anzahl der in Konstanz auf Telefonanschluß wartenden Antragsteller ihren Höhepunkt. Wartezeiten von zwei Jahren waren damals keine Seltenheit, denn die Anzahl der Telefonbesitzer hatte sich zwischen 1966 und 1971 fast verdoppelt. Zehn Jahre später, 1981, hatten die Telefonhauptanschlüsse nochmals um mehr als 100 Prozent zugenommen. Dieser starke Zuwachs erforderte den Bau neuer Ortsvermittlungsstellen im gesamten Kreis-Gebiet. Mitte der achtziger Jahre wurde die Digitalisierung des klassischen analogen Netzes der Deutschen Bundespost geplant und erprobt.

Damit kam ISDN (Integrated Services Digital Network) ins Gespräch. Statt für jeden Fernmeldedienst wie Telefonie, Telegrafie, Datenübertragung eine eigene Leitung zu nutzen, wurde die bestehende digitalisiert und alle im ISDN angebotenen Dienste gelangen über diese zum Anwender. Beim bisherigen analogen Telefon transformiert ein Mikrophon Schallschwingungen in elektrische Schwingungen. Diese werden über ein Netz geleitet und am Ende wieder in Schallschwingungen verwandelt. Bei der Digital-Technik mißt man die Schwingungen in sehr kurzen Abständen (8000 mal pro Sekunde) und übermittelt sie als (binäre) Zahlenwerte. Für den Empfänger werden aus übermittelten Zahlen wieder elektro-akustische Schwingungen. Bei der Datenübertragung, zum Beispiel im Internet, kann der Computer die empfangenen Zahlen sofort verarbeiten und umsetzen.

1989 ging die erste ISDN-Vermittlungsstelle im ländlichen Raum von Baden-Württemberg in Rottweil in Betrieb. Es folgten Villingen, Donaueschingen und 1992 Konstanz und Singen. Als im September 1997 die Vermittlungsstelle der Insel Reichenau digitalisiert war, war damit der ganze südbadische Raum mit digitaler Vermittlungstechnik versorgt. Ab Herbst/Winter 1999 soll es in Konstanz die von einigen Kunden erwartete Ergänzung zum ISDN geben: die Zugangstechnologie zur Realisierung breitbandiger Angebote über die normale Telefonanschlußleitung. Die asymetrische digitale Anschlußleitung, abgekürzt ADSL für Asymetric Digital Subscriber Line, ermöglicht die Übertragung von bis zu acht MegaBit pro Sekunde zum Kunden. In der Gegenrichtung kann mit ADSL ein Datenstrom von bis zu 768 KiloBit pro Sekunde verschickt werden. Zum Vergleich, über ISDN werden die Informationen mit 64 KiloBit pro Sekunde versandt.

Reinhard Daum
Deutsche Telekom

Autor:

Redaktion aus Singen

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