Wie Unternehmen in der Region gelernt haben »mit dem Virus« zu arbeiten
Das Virus und die gestörten Lieferketten

Fondium Teststation | Foto: Vor dem Betriebseingang der Singener Gießerei Fondium wurde schon früh ein Testcontainer aufgestellt. swb-Bild: of
  • Fondium Teststation
  • Foto: Vor dem Betriebseingang der Singener Gießerei Fondium wurde schon früh ein Testcontainer aufgestellt. swb-Bild: of
  • hochgeladen von Oliver Fiedler

Kreis Konstanz. In vielen Unternehmen besteht der Corona-Ausnahmeszustand seit fast zwei Jahren – und die Firmen scheinen gewappnet vor der nächsten befürchteten »Omikron«-Welle, wie sie dem Wochenblatt in einer kleinen Umfrage erzählten.

Detlef Lehman, geschäftsführender Gesellschafter der allsafe Group GmbH & Co KG in Engen. Das Unternehmen bietet als internationaler Partner der Automobilindustrie, für Fahrzeugbau und Luftfahrt komplexe Systemlösungen, Sonderanfertigungen oder Standardausrüstungen zur Ladungssicherung: »Wir sind mit 500 Selbsttests gut vorbereitet, aber da nur vier von den gut 200 MitarbeiterInnen in Engen nicht geimpft sind, müssen sich nur diese täglich testen. Der Anteil an dreifach Geimpften ist in unserem Unternehmen sehr hoch. Die zweifach Geimpften werden bei uns zwei bis drei Mal in der Woche getestet. Zum Glück hatten wir noch keinen Infektionsherd in der Firma, was wohl auch daran liegt, dass wir schon früh drei Impftage im Medizinischen Versorgungszentrum in Engen organisiert haben, die sehr gut in Anspruch genommen wurden. Homeoffice läuft bei allsafe bereits seit Herbst 2020, alle halten Abstand und tragen Masken und die Schichten in der Produktion sind eingespielt und vermischen sich nicht. Bei unseren Maßnahmen waren wir schneller als die Politik dies vorschrieb, wir reagieren flexibel und Mitarbeiter mit Symptomen bleiben besser zwei bis drei Tage länger zuhause. Insgesamt haben wir die Situation zum Glück gut im Griff – da bereiten uns die Lieferverzögerungen größere Probleme.«

Tina Schwegler, Personalabteilung der Firma Renfert in Hilzingen. Das Unternehmen entwickelt Materialien und Geräte von Zahntechnikern für Zahntechniker und Zahnärzte: »Bisher sind wir ganz gut durch die Pandemie gekommen und kommen auch mit den jüngsten Auflagen gut zurecht. Grundsätzlich besteht bei uns im Hause auf den Bildschirmarbeitsplätzen Homeofficepflicht und wird bei uns bereits seit 2020 verstärkt praktiziert. Je nach Bedarf waren es schon hundert Prozent, derzeit arbeiten 40 bis 60 Prozent von zuhause. 46 Prozent unserer 200 MitarbeiterInnen sind bereits geboostert, nicht geimpft sind sieben Prozent. Diese lassen sich extern täglich testen und als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme testen sich alle anderen auch zwei Mal die Woche.
Wir hatten bereits drei Impfaktionen und die nächste steht diese Woche an. Wir haben keine wechselnden Arbeitsschichten, konnten aber bereits zu Beginn der Pandemie dank ausreichender Platzkapazitäten die Abstände zwischen den Arbeitsplätze vergrößern und haben zusätzliche Pausenbereiche eingerichtet. Auch in der Produktion wurde die Arbeitssituation räumlich und zeitlich entzerrt. Renfert möchte so gut es geht Arbeitsausfälle, Quarantäne und eine aufwändige Kontaktnachverfolgung vermeiden. Dafür müssen wir vorausschauend und konsequent handeln. Dies ist in unserem Interesse und auch in dem unserer MitarbeiterInnen.«

Achim Schneider, Geschäftsführer der Eisengießerei Fondium (vormals Georg Fischer) in Singen: »Was die Impfquote angeht, sehen wir uns als Vorbild mit rund 82 Prozent Geimpften und haben das mit einigen Impfaktionen erreicht, zu denen auch die Angehörigen der Mitarbeiter eingeladen waren. Das Betriebsrestaurant blieb die zwei Jahre zu, bei den Pausen in der Fertigung bleibt man in der Gruppe und auf Abstand in »Vesperräumen«, wer kann bleibt im Homeoffice, und die Zahl der Besuche blieb immer streng begrenzt. Wir haben in Kooperation mit der Hohentwiel-Apotheke am Produktionseingang einen Testcontainer für die Ungeimpften vor dem Gelände aufgestellt und arbeiten weiter mit versetzen Schichtwechseln.

Was uns bald mehr beschäftigt, sind die Lieferkettenprobleme, deshalb stand im Herbst wegen verschobener Aufträge Kurzarbeit an. Engpässe bei uns wegen Magnesium, Silizium oder Kupfer haben wir aber mit einem Organisationstalent lösen können. Eigentlich hätte es gerade für die LKW-Industrie eine gutes Jahr werden können, wenn das Material da gewesen wäre.
Der Alptraum wäre für den Autozulieferer eine Omikron-Welle in China: Die Bugwelle bei den Lieferketten könnte Auswirkungen für Jahre haben.«

Dr. Michael Schwabe, Geschäftsführer der ETO-Gruppe mit Hauptsitz in Stockach: »Wenn man die eine Seite sieht, war es beim Umsatz das beste Jahr in unserer Geschichte, auch wenn wir zwei Prozent unter dem Ziel blieben, durch Lieferkettenlücken unserer Kunden, auf die wir aber mit Produktionsumstellungen von PKW- auf LKW-Schaltteile fix reagierten. Wir schaffen einige ›Vorräte‹, falls wir selbst ein Problem im Betrieb bekämen. Die Corona-Krise hat das Unternehmen trotzdem zur Unzeit erwischt, denn aktuell steht die Transformation auf Elektromobilität für ETO an.
Bislang hatten wir bei 1.300 Mitarbeitern 95 Infektionsfälle in den zwei Jahren, nur ein Fall hat sich bei uns angesteckt, weil wir auf Abstand, versetzte Arbeitszeiten und Schutzscheiben setzen und viel Home- oder Mobile-Office. Es gab mit den Betriebsärzten mehrere Impfaktionen und bei uns liegt die Quote offiziell Geimpfter bei über 80 Prozent. Weil einige Mitarbeiter mit Wurzeln in Osteuropa sich mit ›Sputnik‹ impfen ließen, müssen sie trotzdem zum Test, denn ihre Impfung ist bei uns nicht anerkannt.«

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

8 folgen diesem Profil

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.