Horst Köhler setzt in Singen Signale gegen den Terror
200 Millionen Klimaflüchtlinge drohen

„Wie können wir eine Welt schaffen, in der alle Menschen ein Leben in Würde führen können“, fragte der frühere Bundespräsident Horst Köhler letzte Woche bei seiner Rede in der Singener Stadthalle nach dem Terror von Paris. Die Sparkasse hatte eingeladen – und die Finanzwelt bekam ihre Antwort. Was machen Dragi und die LZB? Sie werfen billiges Geld in Europa auf den Markt! Aber wem helfen sie damit? Beim Afrika-Gipfel auf Malta wurde zugegeben, dass die Europäer mehr Geld nach Afrika schicken müssen, wenn sie wirkungsvoll etwas gegen die Flucht aus den Heimatländern tun wollen. Schwupp! Und schon ist Mali im Fokus des Terrors! Es geht derzeit um unsere Weltordnung und das Wertesystem zwischen den Kulturen. Nach Paris sind alle aufgeschreckt: Wach werden viele erst, wenn es schon wieder um Fußball geht. Wie war das mit Hannover? Warum wurden die Fans heim ins Bett geschickt? Plötzlich reden alle von der Sicherheitslage und der Einschätzung durch die Sicherheitskräfte. Eine Sondersendung jagt die nächste im Abendfernsehen! Die Medien jagen einander bei den Horrorschlagzeilen. BILD wusste natürlich ganz genau von der konkreten Bedrohungslage in Hannover! Die FAZ sah es anders. Merkwürdig: Die Fastnacht 2016 wollte noch keiner ausfallen lassen!? Kommt noch!

Die Rede von Horst Köhler war in Singen ein rationaler Gegenpol zu den markanten täglichen Sprüchen: „Gut, dass wir darüber geredet haben!“ Köhler hat Ahnung von Afrika und zudem der Weltwirtschaft! Er fragt nach der Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Wenn die 85 reichsten Menschen auf der Welt soviel besitzen wie die ärmste Hälfte der Menschheit! Wir erleben einen nie dagewesenen Wohlstand und wissen nicht wie wir künftig zehn Milliarden Menschen versorgen sollen? Und das für ein Leben in Würde!? Köhlers Analyse: „Der Terror junger Männer wird nicht zuletzt auch vom Dünger der Perspektivlosigkeit genährt!“ Es geht um die Verteilung der Ressourcen auf der Welt: 20 Prozent verbrauchen 80 Prozent der vorhandenen Werte!?

List man Köhlers Rede in Ruhe nach, erinnert vieles an den Club of Rome vor über 40 Jahren. Was können wir gegen die Armut auf der Welt tun? Vor allem müssen wir sie als Teil unseres Lebens in unserer Welt begreifen! Abgrenzung und Ausgrenzung sind eine vielfach erlebte Reaktion in den letzten Tagen. Christentum gegen Islam? Am letzten Wochenende feierten die Katholiken das Christkönigsfest. Beispielhaft sind die Fürbitten des Bistums Trier zur freien Verfügung in allen Gottesdiensten. Hier heißt es: „Gott spricht Menschen eine königliche Würde zu. Vielfach erfahren sie sich jedoch in ihrer Würde bedroht, erleben Erniedrigung und Gewalt, Verspottung oder Missachtung, Hunger und elementare Not. Steh‘ auch Ihnen bei!“ „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupery kommt in der Kirche für manche knapp hinter der Bibel – oder knapp davor. Die Aussage ist weltweit bekannt: „Man sieht nur mit dem Herzen gut!“ Wie hätte also Pilatus in Christus den „König der Juden“ erkennen können? Nichts schien königlich an ihm, geht man vom politischen Denken von Pilatus aus. Er sieht vor sich nur eine jämmerliche Gestalt! Und plötzlich passt der Liturgietext aus dem Buch Daniel zur aktuellen Lage. Wie stehen Flüchtlinge nach leidvollen Qualen plötzlich vor uns? Erkennen wir ihre Würde?

Würde? Was brauchen die Menschen in den armen Ländern? fragt Horst Köhler weiter. Sie brauchen massives Wirtschaftswachstum, zudem mehr Straßen, mehr Schulen, mehr Krankenhäuser, mehr Kraftwerke – mehr Arbeitsplätze! Aber von welchen natürlichen Grundlagen kann ein solches Wachstum genährt werden? 13 Millionen Hektar Waldfläche gehen im Jahr verloren. Die Umwandlung in landwirtschaftliche Nutzflächen verschlechtert die globale Ökobilanz kolossal! Köhler rechnet weiter hoch. Selbst wenn es gelänge die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, dürften wir 2050 nur noch etwa 750 Milliarden Tonnen Kohlendioxyd aus fossilen Quellen in die Atmosphäre gelangen lassen! Der absolute Knüller in Köhlers Rede kommt jetzt: Die UN rechnet in den nächsten drei Jahrzehnten mit bis zu 200 Millionen Klimaflüchtlingen, die wegen Dürren und Überschwemmungen ihre Heimat verlassen müssen! Das werde keine biblische Klage (Plage ?) sein, sagt Köhler: Alles Ergebnis des menschengemachten Klimawandels! Für ihn gibt es eine politische, wirtschaftliche und ökologische Realität auf dieser Welt, für die es keine Ländergrenzen mehr gibt! Die gegenseitigen Abhängigkeiten spüren mit den Umweltkatastrophen, Ebola, Finanzkrisen, beim Terrorismus und in fast überwältigender Konkretheit bei der aktuellen Flüchtlingskrise!

Jürgen Habermas habe die Welt einmal als „unfreiwillige Risikogemeinschaft“ bezeichnet. Horst Köhler machte es noch deutlicher: „Wir sitzen alle in einem Boot!“ Angesichts der Grenzen unseres Planeten wäre es verhängnisvoll, wenn wir das Funktionieren der Demokratie prinzipiell von hohen Wachstumsraten abhängig machten! Köhler sagt: Wir müssen unseren Lebensstil ändern. Lebensqualität lässt sich auch dadurch gewinnen, dass wir unser Glück weniger von materiellen Dingen abhängig machen. Wir dürfen es nicht über die Bedürfnishöhe definieren sondern müssen im Gegenteil aus der Beschränkung der eigenen Bedürfnisse das Gefühl der eigenen Würde beziehen!

Da schließt sich der Bogen hin zur eigenen Würde! Wie kann es sein, dass die UN wegen Finanznot Lebensmittelrationen für Flüchtlingslager kürzt?! Wo bleiben die UN-Millemniums-Entwicklungsziele? Die vielen Krisen auf einen Schlag ermüdeten Bürger und politische Entscheidungsträger in gleichem Maße. Das billigt Horst Köhler den aktuell Tätigen durchaus zu. Aber Eliteprojekte wie die Agenda 2030 müssten von unten wachsen! Damit hat Köhler allen in der Singener Stadthalle einen Auftrag mit nach hause gegeben!

Von Hans Paul Lichtwald

- Redaktion

Autor:

Redaktion aus Singen

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