Protest der Landwirte
Was die Sparpläne der Regierung für einen Landwirt konkret bedeuten

Klaus Wick ist Landwirt in Gottmadingen. Für ihn geht es bei den Protesten um mehr als nur um Steuerrückzahlungen beim Agrardiesel. | Foto: Tobias Lange
  • Klaus Wick ist Landwirt in Gottmadingen. Für ihn geht es bei den Protesten um mehr als nur um Steuerrückzahlungen beim Agrardiesel.
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Landkreis Konstanz. In den vergangenen Tagen und Wochen ist viel geredet worden über den Wegfall von Subventionen für Landwirte. Was sich dahinter konkret an Geld verbirgt, darüber ist weniger häufig gesprochen worden. Klaus Wick ist Landwirt mit einem Biobetrieb in Gottmadingen. Er ist Teil vom Verband Bioland, Mitglied bei HegauKorn und verdient sich seinen Lebensunterhalt überwiegend mit dem Ackerbau. Zusammen mit seiner Frau Barbara Wick hat er mit dem WOCHENBLATT darüber gesprochen, um welche Summen es bei ihnen konkret geht und warum die Landwirte auf die Straße gehen.

Jedes Jahr ist es für den Landwirt eine Ungewissheit, wie viel Geld am Ende übrigbleibt. Denn das hänge vom Wetter ab und wie sich die Preise entwickeln, erklärt Klaus Wick. Das wisse er bei der Aussaat nicht. Dementsprechend schwankend ist der Gewinn. Durchschnittlich bleiben ihm am Jahresende rund 38.000 Euro - deutlich weniger als das vom Deutschen Bauernverband für das Wirtschaftsjahr 2022/23 veröffentlichte Durchschnittsergebnis von 115.000 Euro. Was ihm am Jahresende bleibt, reiche zum Leben, aber nicht für notwendige Investitionen, sagt er. Probleme machen zudem die Preise, für die Bio-Ware in Discountern angeboten werden. "Das sind keine Preise, mit denen wir leben können", sagt Klaus Wick. "Meine Produktionskosten sind gestiegen, aber die Erzeugerpreise kann ich nicht beeinflussen. Die sind momentan auf sehr niedrigem Niveau."

Nun will die Politik die Agrardiesel-Subvention streichen, was für Klaus Wick jährlich um die 1.600 Euro ausmachen würde. Wobei er das Wort "Subvention" in diesem Zusammenhang unpassend findet. Einen großen Teil am Dieselpreis machen Steuern aus. Konkret sind das rund 47 Cent pro Liter zuzüglich der Mehrwertsteuer von 19 Prozent und anderen Abgaben. Die Steuern dienen eigentlich dem Straßenunterhalt. Sein Diesel werde aber zu über 90 Prozent auf dem Acker verbraucht. Den kleineren Anteil der Steuern von 21,48 Cent pro Liter bekommt er bislang zurückerstattet. "Ich finde es gerechtfertigt, dass wir das zurückbekommen."

Forderung an die Politik

Dass Landwirte von manchen dann gleich in die Ecke der Klimasünder gestellt werden, stört die beiden. Bis jetzt gebe es technisch noch gar keine praxistaugliche Möglichkeit, Landmaschinen ohne Diesel zu betreiben. Sie sehen sich selbst vom Klimawandel betroffen. Er merke zunehmend, dass die Frühsommer und Sommer trockener und heißer werden, was ein Problem für seine sandigen Flächen darstelle, sagt Klaus Wick. "Die Erträge werden immer schlechter. Wir haben Ertragsausfälle von 50 Prozent und mehr." Daher die Forderung an die Politik: "Sie sollen wirklich etwas für das Klima tun und an die gehen, die wirklich Schaden anrichten." Privilegien für Dienstfahrzeuge und Steuerbegünstigungen bei der Luft- und Schifffahrt sind Beispiele, die ihm dazu einfallen.

Bei den Protesten der Landwirte geht es aber um mehr als nur den Agrardiesel, sind die Wicks überzeugt. "Es geht um die Gesamtsituation." Bürokratie, Umweltauflagen, Pflugverbote und Gewässerschutzstreifen et cetera. "Es wird immer mehr", sagt Barbara Wick. Die jüngsten Entscheidungen aus Berlin seien der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. "Wir demonstrieren für den Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft", betont Klaus Wick. "Damit ein Hofnachfolger auch eine Zukunft hat."

Denn ohne die heimischen Landwirte gebe es keine heimischen Lebensmittel. Die müssten dann importiert werden, was wieder schlecht für das Klima wäre, so Barbara Wick. Und auch auf einen anderen Bereich, ein Bereich, der für sie zu wenig Beachtung findet, hätte es gravierende Auswirkungen: die Landschaftspflege. "Wer pflegt das alles?", fragt sie. "Ohne Landwirte verändert sich die Kulturlandschaft." Die Alternative wäre, jemanden zu bezahlen, der sich darum kümmert. Und das würde wieder Geld kosten.

Noch ist keine Einigung in Sicht

Ernüchternd fiel das Treffen der Bauernvertreter mit den Spitzen der Ampelfraktionen am vergangenen Montag aus. Den geforderten Erhalt der Agrarsubvention lehnt die Regierung weiterhin ab. Stattdessen wurde anderweitige Unterstützung - etwa der Abbau von Bürokratie - in Aussicht gestellt. Auch die Idee einer "Tierwohlabgabe" steht wieder im Raum. Dabei würde bei Fleisch, Eiern oder Milch eine Abgabe fällig. Diese Einnahmen erhalten dann Landwirte, die das Geld für das Tierwohl investieren. Einen Antrag mit dem Ziel, die Landwirte zu unterstützen, soll es am Donnerstag im Bundestag geben.

Die Landwirte sind derweil enttäuscht. Man sei "keinen echten Schritt nach vorne gekommen", wird Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands, in den Medien zitiert. Es sei über Themen diskutiert worden, "über die wir seit 30 Jahren ergebnislos diskutieren". Er kündigte weitere Protestaktionen an, sollte die Ampel ihre Pläne nicht zurückziehen.

Autor:

Tobias Lange aus Singen

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