Der harte Lockdown vor Weihnachten ist für den Einzelhandel wie ein Schlag in die Magengrube
Die Innenstädte vor drängenden Existenzfragen

Harter Lockdown, Existenszängste Handel | Foto: Leere Einkaufsstraßen im März und April - diese Zustände werden wohl wiederkehren mit dem neuerlichen Lockdown und Ausgangsbeschränkungen.
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  • Harter Lockdown, Existenszängste Handel
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Landkreis Konstanz. Aus dem »Lockdown Light« wird ein harter. Handelsunternehmen wollen inzwischen die Frage nach der Gerechtigkeit der Ausgleichszahlungen des Staates gerichtlich überprüfen lassen. Die Zukunftsfrage wird auch in der Region gestellt.
Nach nur einer Woche muss das CANO in Singen schon zurückfahren, schließen wird es nicht, denn dort sind ja zwei Lebensmittelmärkte, zwei Drogeriemärkte, eine Apotheke und Optiker vertreten, die Reparaturen anbieten können. Zudem will ein Teil der Gastronomie seinen Take-Away-Service aufrechterhalten. »Der Samstag war der erste Tag mit starker Nachfrage gewesen«, so Andreas Schulze von Edeka Münchow.
»Wenn es ernst gewesen wäre hätte man die Geschäfte eigentlich am Montag schon schließen müssen«, sagt Alexander Kupprion von Sport Müller. »So wird uns durch eine politische Entscheidung die stärkste Woche des Jahres genommen und ich glaube noch nicht wirklich daran, dass am 10. Januar ein Normalbetrieb zurückkehrt. Je länger das geht, desto mehr stellt sich die Existenzfrage für die Innenstädte«, so Kupprion. Das Sporthaus bietet nun einen Lieferservice für Bestellungen im Umkreis von 20 Kilometern an. »Was soll ich tun, ich kann ja nichts ändern an der Entscheidung«, muss Thomas Kornmayer vom Modehaus Heikorn mit den Achseln zucken. Auch aus seiner Sicht hätte man früher reagieren müssen denn das Weihnachtsgeschäft sei ohnehin sehr verhalten geblieben. Das inhabergeführte Modehaus befindet sich seit dem ersten Lockdown in Kurzarbeit, wenn auch in schwankendem Umfang. »Das werden wir wieder hochfahren müssen.« Und: Die Winterkleider will im Februar keiner mehr«, so Kornmayer. Auch die Baumärkte müssen dicht machen, mit Ausnahme des Christbaumverkaufs, der zum Beispiel bei OBI draußen stattfindet. »Wir bauen jetzt Überstunden und Resturlaube ab« gibt es aus Anfrage im Singener OBI zu erfahren, der Wareneingang läuft weiter. »Gerade die Weihnachtsferien werden am intensivsten von Heimwerkern genutzt, deswegen liefern wir an diese auch Bestellungen aus.

»Das ist besonders bitter«

Für Hermann Kratt vom gleichnamigen Radolfzeller Traditionskaufhaus wird es dieses Jahr das erste mal seit er im Einzelhandel arbeitet, dass er mit seinem Team an Weihnachten und Silvester frei hat. Im ersten Lockdown hat das Radolfzeller Kaufhaus Kratt schnell einen Abholservice auf die Beine gestellt. Kunden konnten Ware bestellen und beim Kaufhaus abholen.
»Nach meinem aktuellen Kenntnisstand dürfen wir das diesmal nicht anbieten«, sagt Geschäftsführer Hermann Kratt am Dienstagnachmittag im Gespräch mit dem WOCHENBLATT. Baden-Württemberg wäre ihm zufolge das einzige Bundesland in dem so etwas nicht möglich wäre.
Das ist in der umsatzstärksten Zeit des Jahres natürlich besonders bitter. Wie viele stationäre Einzelhändler fürchtet Kratt nun, dass die Kunden zu den großen Online-Händlern abwandern.
»Das macht mich unglaublich Traurig und ich fühle mich ein bisschen wie ein Spielball der Politik. Die Gastronomie darf ja beispielsweise auch Abholservice anbieten«.
Den Kopf in den Sand Stecken will Hermann Kratt indes nicht. »Wir werden die Zeit nutzen um den Kopf frei zu kriegen, neue Strategien zu entwickeln und vielleicht einige Dinge, wie die Inventur vorzuziehen, damit wir gestärkt in die Zeit nach dem Lockdown starten können.
Nach dem ersten Lockdown konnten wir mit unserem tollen Team einiges wieder aufarbeiten und darauf hoffen wir diesmal auch«, so Kratt.

Engagiertes Engen

Auch in Engen wirkt sich der zweite harte Lockdown besonders auf Handel und Gastronomie aus, wo die strengen Maßnahmen erneut massive Umsatzeinbrüche zur Folge haben, mit zum Teil existenzbedrohenden Auswirkungen. Mit einer Aktion der städtischen Wirtschaftsförderung unter der Regie von Peter Freisleben sollen die betroffenen Branchen trotz geschlossener Türen unterstützt werden.
»In schwierigen Zeiten zusammenrücken – das ist die Botschaft der Aktion Engagiertes Engen – wir kaufen lokal«, erklärt Freisleben. Unter »Wir kaufen lokal« www.engen.de können die unterschiedlichen Corona-Angebote - zum Beispiel Lieferdienste, Abholservice und Online-Shops - vom Buchhändler bis zum Lebensmittelmarkt von einer Liste abgerufen werden.
»Jeder regionale Einkauf hilft den Betrieben vor Ort und leistet einen wichtigen Beitrag, Arbeitsplätze in Engen zu sichern«, erklärt der Wirtschaftsförderer.

Hohe Verluste

Der harte Lockdown ist natürlich für die betroffenen Einzelhändler wirklich hart. Die Tage vor Weihnachten sind größtenteils die umsatzstärksten des ganzen Jahres, die Weihnachts- beziehungsweise Winterware liegt da und kann nicht wie geplant verkauft werden«, sagt auch Siegfried Endres, Vorsitzender der HHG Stockach (Handel, Handwerk und Gewerbe). In dieser Zeit bieten einige Einzelhändler in Stockach individuell über Telefon oder Social Media Lieferservices an, ergänzt Endres. Ein Blick auf die jeweilige Homepage lohnt sich.

Trotzdem präsent

Dass der harte Lockdown für den Einzelhandel ein Schlag in die Magengrube ist, bestätigt auch Alexander Growe, erster Vorsitzender des Gewerbevereins Gottmadingen und Reisebüro-Inhaber. Dennoch sei der Gottmadinger Einzelhandel auch in dieser Zeit für die Kunden da. »Es gibt weiterhin die Möglichkeit, den Geschenkgutschein zu erwerben. Über unseren Internetauftritt gewerbeverein-gottmadingen.de kann man eine Übersicht unserer Händler aufrufen und einsehen, wer einen Lieferdienst anbietet.«

Autor:

Ute Mucha aus Moos

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