Antworten vor der Landtagswahl von den KandidatInnen aus dem Wahlkreis Konstanz-Radolfzell
Im Klartext: Wie muss die Klimapolitik der Zukunft aussehen?

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Konstanz/Radolfzell. Am 14. März soll ein neuer Landtag in Baden-Württemberg gewählt werden. Das Wochenblatt befragt dazu die KandidatInnen der sechs größten Parteien aus der Region in den nächsten Wochen vor der Wahl zu verschiedenen Bereichen. Den Anfang macht das Thema Klima, das auch als größte Herausforderung der nächsten Jahre gesehen wird, schon weil der Klimawandel immer spürbarer wird, und seit vielen Jahren viel versprochen, aber nicht unbedingt viel umgesetzt wurde.

Unsere Frage: „Ist der in Baden-Württemberg eingeschlagene Weg in Sachen Klimapolitik der richtige?
(Hier darf das erste Wort nur Ja oder Nein sein.) Wenn ja, warum denken Sie das und wie gelingt es hier die Bevölkerung ausreichend mitzunehmen? Wenn nein, was genau soll die Politik hier in den nächsten vier Jahren in Baden-Württemberg anders vorgeben?”

Hier die Antworten der KandidatInnen aus dem Wahlkreis 56 (Konstanz-Radolfzell):

Levin Eisenmann (CDU): „Ja – aber wir müssen noch besser werden. Der Europäische Green Deal sieht eine klimaneutrale Europäische Union bis 2050 vor. Das Klimaschutzgesetz im Land muss an dieses Ziel angepasst werden.
Als sonnenverwöhnte Region hat bei uns die Photovoltaik viel Potenzial. Wir müssen Photovoltaikanlagen über Parkplätzen nutzen – hier kann regional und sauber Strom erzeugt werden, die parkenden Autos darunter sind vor Niederschlag und Hitze geschützt und außerdem können die parkenden Elektro-Fahrzeuge direkt mit dem frischerzeugten Strom aufgeladen werden.
Als Ländle der Tüftler und Denker müssen wir an den Motoren von morgen arbeiten: Synthetische Kraftstoffe, Wasserstoff- oder Elektroantrieb – es muss von hier kommen. Deshalb brauchen wir Forschung, um Spitze bei klimafreundlicher Mobilität zu werden.
Auch die Wälder spielen bei der CO2-Reduzierung eine wichtige Rolle. Als persönlichen Beitrag pflanze ich für jede 50. Stimme, die ich bei der Landtagswahl bekomme, einen Baum in der Region.”

Nese Erikli (Bündnis 90/Die Grünen): „Ja. Wir haben den richtigen Weg eingeschlagen und mit dem Klimaschutzgesetz, dem Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept und mit dem Gesetz für mehr Artenvielfalt sehr gute Weichen gestellt. Als nächsten Schritt wollen wir die maßgeblichen Gesetze an die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse, die Pariser Klimaziele und die Klimaziele der EU anpassen. Bisher war das mit dem Koalitionspartner CDU leider nicht möglich. Die nächsten Jahre sind entscheidend, um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten. Deshalb treiben wir Grüne die Klimaschutzmaßnahmen im Land weiter voran, zum Beispiel mit einem Sofortprogramm für Klimaschutz und Energiewende. Unser Ziel ist es, Baden-Württemberg so schnell wie möglich klimaneutral zu machen.
Die Bevölkerung binden wir mit Informationsangeboten und Bürgerbeteiligung ein. Über das Beteiligungsportal des Landes kann jeder Verbesserungsvorschläge und Anmerkungen zu Gesetzentwürfen abgeben. Das zuständige Ministerium überprüft sie und übernimmt sinnvolle Änderungsvorschläge.”

Thorsten Otterbach (AfD): „Nein, wenn Daimler seine Vierzylindermotoren nun in China fertigt, bedeutet das nur eine Verschiebung der CO2-Produktion. Batterieautos, die auf Vertreibung der indigenen Bevölkerung in Südamerika und Kinderarbeit in Afrika basieren und für die nicht einmal Ökostrom in Deutschland vorhanden ist, produzieren während der gesamten Lebensdauer mehr CO2 als Diesel aus dem Ländle, wie sogar das Institut für Weltwirtschaft in Kiel bestätigt.
Deshalb fährt ja auch unser Ministerpräsident privat einen Diesel, wie er in der Wirtschaftswoche zum Besten gab. Wir vernichten sinnlos unsere Arbeitsplätze und unseren Wohlstand und mit global denken und lokal handeln hat das auch nichts zu tun. Unser Ländle ist auch für eine sinnvolle Nutzung der Windkraft ungeeignet und es wird nur unsere Kulturlandschaft zerstört. Als BUND-Mitglied und Familienvater unterstütze ich aber selbstverständlich sinnvolle Projekte wie die grundlastfähige Energiegewinnung über Erdsonden im neuen Radolfzeller Industriegebiet.”

Jürgen Keck (FDP): „Nein, denn unsere Landesregierung wird mit ihrer einseitigen Energiepolitik den wahren Stärken unseres Landes nicht gerecht. Die Klimaziele für 2020 hat Baden-Württemberg nur aufgrund der Pandemie erreicht.
Gebracht hat uns die Klimapolitik der letzten Jahre aber vor allem Stromkostensteigerungen und Steuerverschwendung. Das ist der falsche Weg, denn so nimmt man die Menschen nicht mit.
Eine Energiewende kann auch kosteneffizient und muss auch marktwirtschaftlich durchdacht sein. Technologieoffenheit ist hier das Stichwort: Bei Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette sind moderne Verbrennungsmotoren häufig schadstoffärmer als Fahrzeuge, die batterieelektrisch betrieben werden.
Auch der Wasserstoffstrategie muss man sich daher endlich öffnen, denn ohne diese wird nachhaltige Mobilität auf Dauer nicht zu machen sein. Die nötigen Forschungseinrichtungen und innovative Unternehmen stehen bereits zur Verfügung, Arbeitsplätze und Wohlstand könnten mit Wasserstoff gesichert werden.”

Petra Rietzler (SPD): „Nein. In Baden-Württemberg wird zu viel von Klimaschutz geredet und zu wenig gehandelt. Grün-Schwarz hat seine Klimaziele beim CO2-Ausstoß klar verfehlt. Der Ausbau erneuerbarer Energien stockt, auch weil die Genehmigungsverfahren zu kompliziert sind und zu lang dauern. Erneuerbare Energien brauchen leistungsfähige Netze, hier wird zu wenig investiert. Im Bereich der Wärmeversorgung von Wohnhäusern könnten wir viel mehr tun, wenn es geeignete Förderprogramme gäbe.
Doch derzeit wird nur bei Mietern abkassiert. Wichtig für wirksamen Klimaschutz ist es, dass unsere Industrie möglichst schadstoffarm und energieeffizient produziert. Diesen Umbau werden wir mit einem neuen Zukunftsfonds fördern. Denn wenn falsche Politik Unternehmen aus Deutschland vertreibt, zerstört dies nur Arbeitsplätze, ohne den Klimaschutz voranzubringen.
Gute Politik setzt daher nicht einseitig auf hohe Abgaben und auf Verbote, sondern achtet darauf, dass Klimaschutz ökologisch, sozial und wirtschaftlich erfolgreich wird.”

Antje Behler (Die Linke): „Nein, die grün-schwarze Landesregierung tut eindeutig zu wenig. Nur wenige Jahre bleiben noch, um das Pariser Klimaschutzziel von 1,5°C einzuhalten. Unser Ziel ist ein klimaneutrales Baden-Württemberg bis 2035. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass es machbar ist, wenn es politisch gewollt ist. Die Landesregierung setzt stattdessen auf eine falsche Produktpolitik und fördert einseitig die Autoindustrie im Bereich der Elektromobilität und des Individualverkehrs.
Klimaschutz ist eine soziale Frage und eine Überlebensfrage. Beides kann nur zusammen angegangen und zusammen gelöst werden. Wir fordern einen grundsätzlichen Kurswechsel in der Klimapolitik und unserer Art des Wirtschaftens. Wir wollen einen Linken Green New Deal diskutieren, der auf eine nachhaltige und sozial gerechte Produktion zielt. Baden-Württemberg kommt dabei eine besondere Rolle zu. Als wichtiger Standort der Automobilindustrie muss das Land eine zentrale Vorreiterrolle in der sozial-ökologischen Transformation spielen.”

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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