Energiewende
Neue Kernkrafttechnik als mögliche Alternative zu Wind und Solar

Michael Thorwart, Professor für Theoretische Physik an der Universität Hamburg, erläutert seine Position hinsichtlich der Energiewende. swb-Bild: Tobias Lange
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Radolfzell. Wie soll die Energieversorgung der Zukunft aussehen? Eine mögliche Antwort auf diese Frage ist die Kernkraft. Der CDU-Kreisverband und die Mittelstand- und Wirtschaftsunion Konstanz (MIT) luden zu diesem Thema zu einem Vortrag von Michael Thorwart, Professor für Theoretische Physik an der Universität Hamburg und Mitglied im CDU Landesfachausschuss Energie, Klima und Umwelt Baden-Württemberg, ein.

"Energiepolitik steht für die MIT ganz oben auf der Agenda", sagte der MIT-Vorsitzende Jürgen Beirer. "Es freut uns, dass wir auf ein so breites Interesse gestoßen sind." Denn es habe sich viel in der Atomenergie getan, wie dann auch Michael Thorwart erläuterte.

Unter dem Titel „Nachhaltige Alternativen zu Wind und Sonne“ stellte der Physiker bei seinem Vortrag im Radolfzeller Innovationszentrum den rund 200 Gästen aus Wirtschaft und Politik das Atomkraftwerk der Zukunft vor. Bevor er dazu kam, erläuterte der Referent, warum eine Energieversorgung aus Wind- und Solarenergie aus seiner Sicht nicht funktionieren könnte. Ein Hauptargument dabei ist, dass insbesondere Wind zu unbeständig sei. Dass es beispielsweise im Dezember 2022 bei hohem Energiebedarf wenig und bei geringerem Bedarf über Weihnachten stärker gewindet habe. Zudem müssten laut den vom Redner vorgestellten Zahlen auf rund acht Prozent der Fläche der Bundesrepublik Windräder stehen, um Deutschlands Energiebedarf zu decken.

Günstiger Strom durch moderne Kernkraftwerke

Eine zukunftsfähigere Alternative seien deshalb Kernkraftwerke der vierten Generation, beispielsweise der „Dual Fluid Reaktor“. Dieser sei sehr sicher, da er bei Ausfall aller Kontrollsysteme selbst herunterfahre, und militärisch uninteressant, weil mit ihm die Herstellung von waffenfähigem Material aufwendig und kostenintensiv sei. Zudem könne er mit vorhandenem Atommüll gespeist werden und damit Deutschland für 24 Jahre komplett versorgen. „Was wir heute in den Kellern als Atommüll lagern, ist hier wertvoller Brennstoff.“ Was übrig bleibt, müsse nur noch für rund 300 Jahre – statt 300.000 Jahre - gelagert werden. Auch lägen die Stromherstellungskosten bei weniger als zwei Cent, während es bei Windkraft bis zu etwa 14 Cent seien.

Ausdrücklich betonte der Physiker, dass es bei seiner Argumentation nicht um die heutigen Atomkraftwerke gehe, die sich auf dem technischen Stand der 70er- und 80er-Jahre befänden. „Man muss die, die jetzt laufen, sukzessive abbauen“, sagte er. Doch statt Windräder und Photovoltaikanlagen wolle er, dass sie durch neue Kernkraftwerke mit moderner Technik ersetzt werden. Seiner Aussage nach würden 30 bis 35 "Dual Fluid Reaktoren" ausreichen, um den Energiebedarf Deutschlands zu decken.

Völlig neu ist die Idee nicht, wie Michael Thorwart erklärte. Bereits in den 60er Jahren wurde ein Prototyp in den USA gebaut und in Betrieb genommen. Diese Technologie sei dann aber vom amerikanischen Militär ein Riegel vorgeschoben worden, da sie sich nicht für militärische Zwecke eigne.

Neue Technik in fünf Jahren realisierbar

Bei der anschließenden Fragerunde gab es für den Referenten überwiegend Zustimmung. Alois Fritschi, Bürgermeister von Eigeltingen, fragte nach, warum Windräder trotz der dargestellten Schwächen als so „sexy“ verkauft würden. Diese Frage müsste an die Abgeordneten im Bundes- und Landtag sowie an die Medien gestellt werden, antwortete Michael Thorwart. „Ich bin selber ein Windkraftgegner.“ Er habe aber nichts dagegen, wenn es Wind und Solar neben der Kernenergie weiterhin gebe. Am Ende regle es der Markt. Den teureren Strom werde man dann aber nur mit Subventionen los.

CDU-Kreisvorsitzender Fabio Crivellari interessierte sich dafür, warum sich der Physiker über eine Realisierbarkeit in fünf Jahren sicher ist. Dieser machte das am Beispiel der neuen Flüssiggasterminals deutlich, die in kurzer Zeit errichtet wurden. Wenn der politische Wille da sei, seien die neuen Kernkraftwerke schnell realisierbar. Seiner Ansicht nach setzen sich die Energie-Unternehmen auch nicht für die Weiterentwicklung der Kernenergie ein. Damit seien sie beim politisch gewollten Atomausstieg auf die Nase gefallen. Sie sehen sich seitdem als Dienstleister, die nach den Vorgaben der Politik agieren.

Gegenwind für seine Aussagen zu Wind- und Solarenergie bekam Michael Thorwart von seinem Parteikollegen Reinhard Racke, Professor der Mathematik an der Universität Konstanz und Schatzmeister des CDU-Kreisverbands. Es spreche nichts dagegen, Energieträger mit geringerer Energiedichte – die also mehr Raum für gleiche Leistung brauchen – zu nutzen, meinte er. Er warf dem Referenten zudem vor, bei seinem Vortrag nicht immer exakt gewesen zu sein. Ein konkretes Beispiel gab es an diesem Abend aber nicht. Thorwart schlug seinem wissenschaftlichen Kollegen vor, ihm schriftlich mitzuteilen, wo er nachbessern müsste.

Keinen Fehler, aber eine unvollständige Information gab es beim Vortrag, als der Referent über zunehmendes Umdenken bei der Kernenergie sprach und Greta Thunberg erwähnte. In einem ARD-Interview bezeichnet die Klimaaktivistin das Abschalten von bestehenden Atomkraftwerken als Fehler. Thunbergs komplette Aussage: Es wäre ein Fehler, die schon laufenden AKW abzuschalten, wenn man sich stattdessen auf Kohle konzentriert. Von einer generellen Unterstützung für die Kernenergie sprach sie nicht.

Autor:

Tobias Lange aus Singen

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