Buchhandlung am Obertor zeigt Kalligraphien

Wenn Schrift-Gedanken bildhaft werden

Radolfzell. "Die Kalligraphie - die Kunst des Schönschreibens" - ist Thema der derzeitigen Ausstellung in der Buchhandlung am Obertor. Die sehr sehenswerten „Schrift-Bilder“ stammen aus der Feder der Radolfzeller Kalligraphin Christiane Hermann. Mit einer stimmungsvollen Vernissage wurde die Ausstellung vergangene Woche eröffnet.

Buchhändlerin Sabine Schlag freute sich als Gastgeberin über das zahlreich erschienene Publikum, das trotz hoher Abendtemperaturen lange verweilte. Was nicht zuletzt am abwechslungsreichen und besonderen Programm lag: Die Kinder der Trachtengruppe Alt-Radolfzell führten Tänze auf und wurden dabei von einer Gruppe des Akkordeonorchesters begleitet. Diese Verbindung von Trachten, Akkordeonorchester und Kalligraphie würde man sicher nicht vordergründig herstellen. Jedoch handelt es sich bei den „schön-geschriebenen“ Texten um einen Teil der Gedichte Hermann Sernatingers, dessen 15 Radolfzeller Mundart-Gedichte 1911 erstmals veröffentlicht und 1938 in dem Buch „Iiszapfe zum Schlozze“ zusammengefasst wurden.
Anläßlich ihres 100. Jubiläums hatte die Trachtengruppe Alt-Radolfzell diese Gedichte ihres Gründers neu - und ebenfalls unter dem Titel „Iiszapfe zum Schlozze“ - aufgelegt. Christiane Hermann hat sich dieser Gedichte angenommen und bemerkenswerte Schrift-Bilder geschaffen.
Eine Einführung ins Thema gab Brigitte Robers in ihrer umfassenden Laudatio. Ihr gelang durch den Wechsel zwischen Dialekt und Hochdeutsch nicht nur zwischen sachlichen Informationen und persönlicher Ansprache zu wechseln, sondern auch die Fäden aufzugreifen und zu verweben, die alle Beteiligten verbindet. Romy Bromma, erste Vorsitzende der Trachtengruppe Alt-Radolfzell, rezitierte etwas später am Abend noch einige Gedichte Hermann Sernatingers. Mit den Kalligraphien sind die zu den jeweilige Gedichten gehörenden Illustrationen aus dem Buch von Christian Dierks ausgestellt.
Die Kunst des Schön-Schreibens kennen viele Menschen vielleicht am ehesten aus alten Folianten, die einst die Mönche in ihren Scriptorien herstellten und die heute in Klosterbibiliotheken und Museen auf Bewunderung stoßen. Kalligraphie heute geht darüber hinaus und ist die Kunst, aus dem Text den Schrift-Gedanken zu entwickeln und ihn bildhaft werden zu lassen. Es gibt zahlreiche Schrifttypen, deren Beherrschung langjährige Übung erfordert. Wie sich Idee und Handwerk zu sehenswerten Kompositionen entwickeln mit durchaus modernem Anschein, zeigt Christiane Hermann in ihrer Ausstellung. Die Bilder sind bis Ende Juli zu den üblichen Öffnungszeiten der Buchhandlung zu sehen und zu bewundern.