„Bewusstseinserweiternde“ Momente mit dem Maestro
Eine neue Art der Kommunikation

Henriette Gärtner | Foto: Henriette Gärtner
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In den ersten Jahren ihres Studiums an der „Accademia Pianistica Internazionale Incontri col Maestro“ in Imola entdeckte Dr. Henriette Gärtner, die bereits in ihrer Kindheit große musikalische Erfolge feierte, ihre Leidenschaft für das Musizieren und die damit einhergehenden Klänge und Noten auf einer neuen Ebene. Dies sollte ihren Weltblick erweitern und ihr gesamtes Tun nachhaltig beeinflussen.

Ihr Maestro Leonid Margarius lehrte seiner damaligen Studentin Henriette Gärtner eine neue Perspektive des Notenlesens, der Interpretation und damit auch den Akt des Musizierens aus neuen Blickwinkeln zu betrachten und ihre eigenen Grenzen zu erforschen. „In fünf Stunden beschäftigten wir uns ausschließlich mit den ersten acht Takten der kleinen A-Dur-Sonate 664 von Franz Schubert“ – selten war diese Art der Detailarbeit der Pianistin zuvor so intensiv begegnet, doch der Prozess bescherte ihr ein wahres Aha-Erlebnis. „Er lehrte mich, die Noten in einer Art zu lesen, welche mir zuvor unbekannt war“.

Oft schlug der Maestro seine Hände über dem Kopf zusammen, obwohl die Pianistin die Takte des Stücks einwandfrei auf dem Piano zu Gehör brachte. Genau an diesem Punkt, der mit Frust und Verunsicherung gespickt war, erkannte sie, dass die Art und Weise des Lesens und Fühlen zwischen den Noten und der Realisierung dessen in Form der Gestaltung der Phrase, welche jeden Tag eine neue Perspektive hervorbringen kann und muss, die wahre Kunst in der Musik ausmacht. „Es war eine andere Art zu spielen, zu fühlen und zu hören.“ Der Weg, den Notentext detailreich zu lesen, Verbindungen zwischen den Klängen zu schaffen und das Stück jeden Tag neu zu entdecken, brachte sie dazu, die Musik wahrlich zu beatmen und die Kommunikation über die Klänge in einem weiten Spektrum zu erkunden.

Weiter gab ihr diese Lehre die Chance, einen neuen Tiefgang der jeweiligen Stücke zu erfahren und eine neue Dimension durch die Liebe am Detail für die Schönheit des Klangs zu erleben. Heute schaut sie dankbar auf diesen Moment zurück, der ihr die Kunst vermittelte, das Werk in all seinen Facetten zu erkunden, um dem Publikum letztendlich die Musik und den damit einhergehenden Prozess zu vermitteln. Dies wirkt sich maßgeblich auf die Qualität ihres Tuns und auf die Schlichtheit und Unaufwendigkeit ihres Spiels aus. Das geistige, mehrdimensionale und sinnliche Durchdringen hat zu einer Aufwertung ihres Schaffens geführt. Der Prozess der Detailarbeit, mittels ihrer klangschaffenden Finger und präzis pedalisierenden Füße, wird somit unerlässlich und erzeugt beim Publikum durch die überzeugende Intensität und Authentizität ein Gelingen des Übertrags der Emotionen – auch wenn jener mit einem gewissen Risiko einhergeht: Denn das Stück und die Töne stets in einem neuen Licht zu betrachten und damit kontinuierlich Neuland zu betreten, erfordert auch den Mut, mit der Musik zu experimentieren. Nur wer nicht davor zurückschreckt, das Risiko im Moment der Performance einzugehen, könne den Weg betreten, Meister seiner selbst und seiner eigenen Kunst zu werden.

Doch nicht einzig die Risikobereitschaft sei laut der Pianistin ausschlaggebend für den Mut; man müsse ebenfalls die Bereitschaft mitbringen, sich selbst und sein Können zu hinterfragen, weshalb sie sich auch selbst als ihre schärfste Kritikerin betrachtet. Somit hat sich dieses Vorgehen nicht einzig auf ihre Musik, sondern auch auf ihre Persönlichkeit übertragen. Henriette Gärtner beschreibt diese Stunden mit Leonid Margarius gar als bewusstseinserweiternd, welche ihre Arbeit und Persönlichkeit bis heute prägen und sich im Tiefgang ihrer Tonkunst widerspiegeln. Die Erfahrung ebnete ihr den Weg, neue Blickwinkel zu erkunden, die Musik auf einer neuen Ebene zu erfahren und auch das völlige Potential aus weiteren Kursen herauszuarbeiten. So beispielsweise auch das Studium bei Peter Feuchtwanger in London, der ihr exemplarisch aufzeigte, in der Musik nicht nur voraus, sondern auch zurückzudenken, um den Prozess der Erarbeitung der Brückenschläge zwischen den Tönen und Noten weiterzuentwickeln. Die Erkenntnisse, welche sie während ihres Studiums sammelte, nutzte Henriette Gärner nicht einzig in ihrer Doktorarbeit, sondern stets während des Spiels auf der Bühne, um dem Publikum eine neue Perspektive der Stücke, und damit auch ein neues Bewusstsein, aufzuzeigen. Ebenfalls in ihren Workshops, bei ihren Auftritten oder bei Musikvermittlungsprojekten in Schulen versucht sie, den Teilnehmern ihre Erfahrungen und das damit einhergehende Wissen zu vermitteln, um jedem, der dies auch möchte, die Inspiration zu geben, andere Perspektiven zu erkunden und für den eigenen Weitblick zu nutzen – denn das beflügelnde Gefühl, welches die Pianistin während ihres Studiums erfuhr, möchte sie versuchen, ihrem Publikum über alle Wege der Kommunikation weiterzugeben.

Portrait:

Name: Dr. Henriette Gärtner

Beruf: Dozentin, Musikpädagogin, Konzertpianistin

Alter: 48

Auszeichnungen: Landespreisträgerin bei „Jugend musiziert“, Auszeichnung im „TATSACHEN“ Schneider Buch der Rekorde als „jüngste Konzertpianistin der Welt“, Fünffache deutsche Meisterin und im Finale der WM im Twirling-Sport, Auszeichnung Award Art-in- Science in Boston-Cambridge

Was mich mit der Region verbindet: Die Region, ihre Menschen, Landschaft und Sprache, bilden für mich eine besondere Verbindung. Als Konzertpianistin schätze ich die Nähe zum Publikum und finde in der Natur Inspiration und Kraft für meine Arbeit. Mir liegt die Musikvermittlung besonders am Herzen und ich engagiere mich dafür, dass die Kunst das Multivitaminpräparat zum besseren Sehen, intensiveren Hören, sorgfältigeren Lesen – zum sinnvolleren Leben ist. Der Bodensee, der Hegau und der Landkreis Konstanz sind für mich nicht nur fruchtbare Orte für künstlerische Initiativen, sondern auch eine Quelle für bereichernde Gespräche und interdisziplinären Austausch.

Der Ort:

Foto: Stiftung Internationale Akademie Imola
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Rocca Sforzesca di Imola. Hier ist die Accademia Pianistica Internazionale Incontri col Maestro untergebracht, in der Henriette Gärtner die Kunst des Musizierens gelernt hat.

Text: Tara Koselka

Henriette Gärtner | Foto: Henriette Gärtner
Foto: Stiftung Internationale Akademie Imola
Autor:

Redaktion aus Singen

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