Dorfgespräch in der Hilzinger Straße
Hitzige Gemüter wegen der geplanten Flüchtlingsunterkunft

Bürgermeister Michael Klinger stellt sich beim Dorfgespräch den Fragen und auch Vorwürfen der Gottmadinger Bürgerinnen und Bürger. Im Hintergrund auf der anderen Seite der Hilzinger Straße die Wiese, auf dem das Wohnhaus für die Unterbringung von Geflüchteten entstehen soll. swb-Bild: Tobias Lange
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  • Bürgermeister Michael Klinger stellt sich beim Dorfgespräch den Fragen und auch Vorwürfen der Gottmadinger Bürgerinnen und Bürger. Im Hintergrund auf der anderen Seite der Hilzinger Straße die Wiese, auf dem das Wohnhaus für die Unterbringung von Geflüchteten entstehen soll. swb-Bild: Tobias Lange
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Gottmadingen. Zeitweise hochemotional ging es beim jüngsten Dorfgespräch zum Neubau eines Wohngebäudes, in dem Geflüchtete untergebracht werden sollen, zu. Bürgermeister Michael Klinger hatte dazu in die Hilzinger Straße eingeladen. Am Ende wurde der Rathauschef laut und drohte sogar damit, das Dorfgespräch vorzeitig abzubrechen.

Das Landratsamt gehe davon aus, dass bis Jahresende 1.850 Geflüchtete im Landkreis untergebracht werden müssen, erklärte Bürgermeister Klinger. Rund 70 davon in Gottmadingen, das bereits mit 70 Unterbringungen im Soll stehe. "Wir glauben, dass es vernünftig ist, ein Haus zu bauen." Die Wohnungen sollen später dann als bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung stehen und von der Gemeinde vermietet werden. Die Alternative wären beispielsweise Container, die auch von der Gemeinde bezahlt werden müssten, von der sie aber im Anschluss nichts habe. "Die Alternative ist aus meiner Sicht grausiger."

Beim Dorfgespräch erklärt Bürgermeister Michael Klinger, wie das Wohngebäude aussehen soll. swb-Bild: Tobias Lange
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Entstehen werden an der Hilzinger Straße, im Bereich der Einmündung zur Gebsensteinstraße, neun Wohnungen mit insgesamt 630 Quadratmetern Wohnfläche. Von Höhe und Volumen her werde es vergleichbar sein mit dem Bestandsgebäude daneben. Auf das Dach kommen Photovoltaikanlagen. "Es ist nichts Wüstes, aber auch nichts Spektakuläres", kündigte BM Klinger an. Ein "anständiges Wohnhaus". Dafür investiere die Gemeinde nach derzeitiger Kostenrechnung rund 3,1 Millionen Euro. Davon werden 650.000 Euro durch eine Förderung des Landes Baden-Württemberg finanziert.

Die Fragen und Kommentare der Bürger gingen dann in verschiedene Richtungen. So wurde etwas die Bebauung einer Grünfläche bedauert, was Michael Klinger nachvollziehen konnte: "Jedes Bauprojekt nimmt ein Stück Platz weg." Der Bürgermeister betonte aber, dass bei diesem Bau in Holzbauweise "ökologische Baustoffe" verwendet werden. Auch der Rückhalt vom Riederbach wurde angesprochen. Hier konnte Klinger beruhigen: Das Projekt befinde sich außerhalb des HQ100-Bereichs, also dem Bereich, der bei einem Jahrhunderthochwasser betroffen wäre. "Dieses Gebäude hat keine Auswirkung auf das Wasser, wenn es über die Ufer tritt."

Auf dieser Wiese an der Hilzinger Straße entsteht unter der Regie der Gemeinde ein Wohngebäude. swb-Bild: Tobias Lange
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Gefragt wurde auch, inwieweit Anwohner zu dem Projekt befragt werden. Dies geschehe nach dem Baurecht, wonach die Eigentümer der unmittelbar angrenzenden Grundstücke befragt werden, erklärte Klinger. Das sei an drei Stellen die Gemeinde selber und an vierter das Land als Eigentümerin der Hilzinger Straße. Letzteres ist für ihn auch der Grund, warum es an dieser Stelle keinen Zebrastreifen oder ein Tempo 30 geben wird.

Merklich verärgert zeigte sich Bürgermeister Klinger gegenüber Bürgern, die pauschal die Unterbringung von Geflüchteten hier ablehnen und sie unter Generalverdacht stellten. "Ich dulde Beschimpfungen nicht", konterte der BM in deutlich lauterem und strengerem Tonfall. Jeder dürfe am Dorfgespräch seine Meinung äußern und sachlich argumentieren. "Was ich nicht zulasse, sind pauschale Verleumdungen."

Unkommentiert lassen wollte er auch nicht die Anschuldigungen, dass seine Kollegen und er die Herausforderungen und Aufgaben von Bund und Land stillschweigend akzeptieren. "Die Bürgermeister protestieren seit geraumer Zeit", sagte er. Auch ihm gefalle in Teilen die Abschiebepolitik nicht und das spreche er an, wo er kann. Er forderte hier auch die Bürgerinnen und Bürger: "Wenden Sie sich an die Bundes- und Landesminister." Das sei nicht nur seine Aufgabe.

Ein Versprechen dazu geben, dass dies die letzte Flüchtlingsunterkunft sein wird, konnte und wollte er auch nicht. "Der Souverän ist der Gemeinderat", sagte er. Er würde nie etwas versprechen, was in dessen Entscheidungsgewalt liegt. Am kommenden Dienstag wird er in öffentlicher Sitzung über das aktuelle Projekt entscheiden. Bei grünem Licht gehe es an die Anträge und die Ausschreibung. Baubeginn sei dann frühestens im Herbst.

Autor:

Tobias Lange aus Singen

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