Harsche Kritik an Kulturbürgermeister Osner für abfällige Äußerungen
Theater lobt Publikum nach »Mein Kampf«-Premiere

Premiere »Mein Kampf« | Foto: Rund um die Premiere von »Mein Kampf« am Freitag waren zahlreiche TV-Teams präsent um die Besucher nach ihrer Meinung und Stimmung zu befragen. swb-Bild: of
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Konstanz. Mit der Inszenierung von Mein Kampf in der Regie von Serdar Somuncu hat das Theater Konstanz eine Debatte angestoßen, über Erinnerungskultur und die Frage: Was darf die Kunst? Allenthalben wird das Theater gepriesen von Bürgermeistern und Kulturbeflissenen als ein Ort, der aufrütteln und provozieren soll, äußert das Theater nun in einer aktuellen Medienmitteilung. »Doch kommt es zu Dissens und echtem Meinungsstreit, dann flüchtet man sich schnell zurück in den heimeligen Hafen der wohlfeilen Gemeinplätze«, so das Statement.

Kulturbürgermeister Andreas Osner habe sich schon im Vorfeld – ohne Kenntnis der Inszenierung distanziert, kritisiert die Medientelle des Theaters nun am Montag. Am Abend der Premiere sei er vor die versammelten Kameras getreten, um seinen Boykott auszudrücken, und jedes freie Mikrofon zu nutzen, denn diese Inszenierung sei die größte Schande für die Stadt, die er je erlebt habe. »Dies also ist die größte Schande für die Stadt? Ein Theaterstück? Hier hat Herr Osner weder das Stück, noch die Inszenierung auch nur im Ansatz verstanden. Wie auch? – er hat die Inszenierung ja bis heute nicht gesehen. Nie ist er in Dialog mit den Künstlern oder dem Theater getreten, um sich zu informieren. Stattdessen schließt er sich der aufgeregten Diskussionskultur des Zeitalters von fake news an, die der Politik schadet. Ignorante Vorverurteilung hilft niemandem weiter und schon gar nicht einer differenzierten Debatte«, kommt eine klare Kritik vom Theater.

Im Vorfeld habe das Theater Konstanz viel Kritik bekommen, aber auch viel Zuspruch, von Menschen verschiedenster Religionen, von Menschen aus verschiedensten Lebenslagen und Altersstufen, wird bilanziert. Viele Zuschauerinnen und Zuschauer hätten sich nicht reflexhaft der Abwehr hingegeben, sondern sich auseinandergesetzt, argumentiert, gerieben an der Inszenierung. Das Theater habe hier eine Debatte in Gang gesetzt wie man, besonders über Generationen hinweg, umgehen könnte mit der Erinnerung an die Verbrechen der Nazizeit und welche Handlungsmaximen für unsere heutige Zeit daraus erwachsen.

Am Freitag der Premiere sah man im Foyer eine ganze Reihe Zuschauer mit selbstgebastelten Schildern: „Freischwimmer“ „Ich habe meine Karte bezahlt“ oder auch „Nix da“. Hier hat das Publikum reagiert, freut sich die Theaterleitung sichtlich: »Wenn das Theater sie vor eine unmögliche Wahl stellt, dann machen sie nicht mit. Punkt. Das ist der Kern von eigenverantwortlichem Denken und Mut. Man hat immer eine Wahl, und wenn man vor eine unmögliche gestellt wirst, dann mussman das Spiel nicht mit!spielen. So sieht Auseinandersetzung, so sieht Verantwortung aus. Wir sind stolz auf unser wunderbares Publikum«, lobt das Theater die Besucher dieses Abends ganz ausdrücklich.

Für die Premiere wollte letztlich kein Besucher einen Hakenkreuzbinde anlegen, deshalb machte auch der Gegenpart mit Davidstern keinen Sinn. Stattdessen regnete es am Schluss der Vorstellung Hakenkreuze als Papierschnipsel von der Decke des Theatersaals um die noch immer gegenwärtige Gefahr nationalistischer und rassistischer Tendenzen zu verdeutlichen.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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