Schneckenbürgler-Zunft Zoznegg
Als Ritter Snecco Zozzos Festung entdeckte

Narrenpolizist Philipp Uhl, Burggeist Pierre Delhey, Burgrätscherin Anita Gaiser und Jung-Polizist Florian Uhl auf der Schneckenburg-Anhöhe in Zoznegg. | Foto: swb-Bild: Philipp Findling
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  • Narrenpolizist Philipp Uhl, Burggeist Pierre Delhey, Burgrätscherin Anita Gaiser und Jung-Polizist Florian Uhl auf der Schneckenburg-Anhöhe in Zoznegg.
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Mühlingen-Zoznegg. Das Mittelalter galt schon immer als hochinteressante Quelle für schier unglaubwürdige Geschichten. Auch die Schneckenbürgler-Zunft aus Zoznegg ist mit ihren zahlreichen Figuren in ihrer Historie tief mit dieser Epoche verwurzelt.

Im Stockacher Raum ist die Fastnacht fast schon ein eigenes Gesetz, es wäre schier untertrieben, dies dort Feiertag zu nennen. Etwas weiter nördlich liegt Zoznegg mit seinen Schneckenbürglern. Auch hier pflegt man, unabhängig vom großen Nachbarn ein paar Kilometer weiter südlich, seit mittlerweile 120 Jahren seine närrischen Traditionen. Alles hat am Ende des 12. Jahrhunderts angefangen, wie Narrenpolizist Philipp Uhl, seit 17 Jahren Narrenpolizist in der Zunft, dem WOCHENBLATT gegenüber erzählt: »Der Sippenführer Zozzo hat an einem Bergvorsprung eine Festung gebaut. 1180 kam schließlich der Ritter Snecco auf die Burg, wobei es sich um ein niederländisches Rittergeschlecht handelt.« Wie dieser genau nach Zoznegg kam, wisse man bis heute nicht. »Snecco war ein geselliger und lustiger Ritter, der gerne und oft große Feste feierte.« Er hatte einen Hofnarren, welcher bei einem weniger amüsanten Witzen in ein Verließ gesteckt wurde. Da Snecco oft mehrere Tage unterwegs war, verleitete dies den bleich aussehenden Narren oder auch Burgrätscher dazu, im Verließ lautstark auf sich aufmerksam zu machen. Bei der Entstehung der Zunft gibt es dem Narrenpolizisten zufolge eine wichtige Unterscheidung zu machen: »Seit 1903 haben wir eine Narrengesellschaft, bei der man sich eben nicht auf den Schneckenbühl berufen hat, sondern eben auf den Ritter Snecco.« 1964 habe man dann einen Verein gegründet, wo man sich auf die Schneckenburg berufen hat.

Von Rittern, die vom Pferde fallen

Mit der Zeit wuchs die Zunft und somit auch die Zahl der Figuren. Eine wichtige ist neben dem Burgrätscher und dem Narrenpolizist der Burggeist, dessen Hintergrund laut Uhl ebenso bizarr wie einzigartig ist: »Die Ritter, welche Snecco besuchen wollten, mussten immer den Berg hoch reiten. Da es aber auf dem Weg dorthin viel enges Gestrüpp gab und der ein oder andere ein bisschen zu viel trank, kamen die Pferde meist ohne Ritter oben an.« Um sich dann aber nicht die Blöße zu geben, hat man dann gesagt, dass man nicht vom Pferd geflogen sei, sondern ein Geist sie dort runtergeholt habe. Auch der Burgrat spielt in der Zoznegger Fastnacht eine wichtige Rolle, so repräsentiert dieser die Herrschaft auf der Schneckenburg. Die Zoznegger Figurenriege wird komplettiert durch die Burgdamen in edlem Kleid, die Burggarde für die Mädchen, die Zimmergilde und die Burgkapelle. Der Narrenpolizist, so Uhl, sorgt beim Umzug für die Umzugsfolge und ist in Zoznegg auch direkt beim Narrenbaumstellen involviert. Der Dienst, den heute Kommunikationsdienste wie WhatsApp verrichteten, war früher die Aufgabe des Narrenpolizisten, wie Uhl weiterführt: »Der Polizist hat mit der Glocke im Dorf geläutet, die Neuigkeiten verkündet und somit auf sich aufmerksam gemacht.« Die Burg selbst ist unmittelbar mit der Ortschaft Zoznegg verbunden, doch der Reihe nach: »Vor 40 bis 50 Jahren konnte man noch Mauerreste erkennen. Ritter Snecco hat laut Urkunden die Burg aus bisher unbekannten Gründen 1221 verlassen. Danach kamen Herren vom Kallenberg aus dem Donautal auf die Schneckenburg und haben über 300 Jahre dort gelebt.« Diese Herren waren auch diejenigen, die im Jahre 1329 Zoznegg gründeten, reichlich Kultur hereingebracht haben und auch die lokale Wittes und Weiz-Kapelle ins Leben riefen. Doch in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, genauer im Jahr 1465, ging es mit der Burg zu Ende, so wurde die in diesem Jahr verlassen und war seither unbewohnt. »Viele Jahre später wurde sie abgetragen, um Häuser zu bauen«, ergänzt Uhl.

Fastnacht als Familientradition

Diese umfangreiche Geschichte ist für Burgrätscherin Anita Gaiser genau das, was die Fastnacht für sie so besonders macht: »Mir gefällt es, immer wieder darüber zu stöbern, wo was genau nochmal war, da ich mich sehr für das Mittelalter interessiere.« Für sie ist, gerade auch, weil man so ruhige Figuren habe und den Kindern eine Freude macht, ein schönes Gefühl, unter der Maske zu sein. Dabei liegt die Tradition bei ihr direkt in der Familie: »Ich selbst bin mit 13 Jahren in die Garde gekommen und fünf Jahre später, im Jahr 1979, dann den Burgrätschern beigetreten. Die Maske habe ich damals von meiner Mutter übernommen.« Auch Burggeist Pierre Delhey verbindet die Fastnacht seit seiner Kindheit: »Ich bin seit sechs Jahren bei den Burggeistern und war davor lange Zeit in der Burgkapelle. Von klein auf bin ich dabei und bei der Fastnacht unterwegs.« Die Maske, welche auf der Straße Klein und Groß erschrecken soll, trage er mit Stolz.

»Zurzlereien« als Motivation

Neben den üblichen Riten wie Schulbefreiung und Rathausabsetzung wird in Zoznegg im Gegensatz zu anderen Zünften die Fastnacht nicht verbrannt, sondern an Aschermittwoch um Punkt 18 Uhr und »keine Minute früher oder später« der Narrenbaum gefällt: »Da wird schon ein bisschen ein wehmütiges Gefühl in einem selbst ausgelöst«, gibt Uhl zu. Während der Fasnet ist in Zoznegg einiges geboten, so gibt es an Rosenmontag einen großen Kinderball und am Mittwoch vor dem Schmotzige Donschdig hat die Zimmergilde ihren »Obligatorischen«, sprich ihre obligatorische Generalversammlung. Auf die Beziehung zu Stockach reagiert Uhl mit viel Gelassenheit und Humor: »Fopperei gibt es schon, was aber nicht böse gemeint ist. Eine solche Zurzlerei motiviert jede Zunft umso mehr, noch besser zu werden.«

Ein gut gewachsener Narrensamen

Um den Verein selbst muss man sich in Zoznegg aktuell keine Sorgen machen, so sei man mit 170 Mitgliedern sehr gut aufgestellt. Auf die Frage, wie es denn um den Nachwuchs, den Narrensamen stünde, entgegnete Uhl wie folgt: »Wir haben derzeit 25 Kinder bei uns in der Zunft, wobei allein zehn bis 15 bei den Burgrätschern dabei sind.« Daher könne man hochzufrieden sein, was dies betrifft. »Die Kinder kommen auf die Welt und bekommen dann schon die Mütze von uns auf, sind von klein auf dabei. Die werden reingeboren und gewöhnen sich daran«, entgegnete Gaiser.

In diesem Sinne ein kräftiges NARRO auf die Zoznegger Fastnacht!

Alle Beiträge unserer Narrenzeitung 2023 und des närrischen Treibens in der Region finden Sie auf unserer Fasnets-Seite www.wochenblatt.net/tag/fastnacht

Autor:

Philipp Findling aus Singen

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