Geplante Windkraftanlagen am Schienerberg
Mit viel Wind zur Klimawende?

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Landkreis Konstanz/Öhningen. Windkraft versus Landschaftsschutz? Bei dieser Frage winkte Dr. Andre Baumann, Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft ab und stellt klar: »Wir wollen Klimakrise nicht gegen Biodiversitätskrise ausspielen, sondern beide Krisen lösen.« Das klingt nach der Quadratur des Kreises und zeigt auch das Dilemma auf, in dem die Grünen stecken, seit die Energiewende oberste Priorität hat. Denn mit dem Bau von Windkraftanlagen müssen sie die Energiewende und den Naturschutz unter einen Hut bringen, um ihre Klimaziele zu erreichen.
Wie gegensätzlich dazu die Positionen sind, zeigte sich in der Diskussion um geplante »Windkraft auf der Höri«, zu der die Grüne Landtagsabgeordnete Nese Erikli vergangenen Freitag nach Horn eingeladen hatte.
Für reichlich Wind hatte im Vorfeld der Veranstaltung die Ausweisung einer 32 Hektar großen Fläche auf dem Schienerberg gesorgt, die der Forst Baden-Württemberg als Eigentümer für den Ausbau der Windkraft zur Verfügung stellt. Zehn Bewerber haben ihre Angebote für diesen Standort abgegeben. Einer davon ist die Elektrizitätswerk des Kantons Schaffhausen AG (EKS), die »mit fünf Windkraftanlagen den größten Windpark der Region auf dem Schienerberg« realisieren möchte, wie es in einer Medienmitteilung heißt.
Es wäre nicht das erste Windkraftprojekt des Schweizer Energieunternehmens, denn die EKS ist über die Betreibergesellschaft Hegauwind am Windpark Verenafohren in Wiechs am Randen beteiligt, der seit knapp fünf Jahren sauberen Strom liefert und bisher das Leuchtturmprojekt im Landkreis Konstanz in Sachen Windenergie ist. Zudem sieht die EKS im Falle eines Zuschlags für den Standort Schienerberg eine Chance, die Planung des benachbarten Chroobach-Areals auf der Schweizer Seite des Schienerbergs als Windpark voranzubringen, um dann die Infrastruktur beider Anlagen zu nutzen.
Allerdings bläst der EKS seit Jahren heftiger Gegenwind der Bürger aus den Schweizer Gemeinden Hemishofen und Ramsen, sowie aus Schienen entgegen, die sich wacker gegen den Windpark Chroobach wehren, der auf der Gemarkung Hemishofen liegt und auch an die Gemeinde Rielasingen grenzt. Notfalls würde die Gemeinde bis vor das Bundesgericht ziehen, um den Bau der Windkraftanlagen zu verhindern, kündigte der Hemishofer Gemeindepräsident Paul Hürlimann in den Schaffhauser Nachrichten im Februar dieses Jahres an.
Nun ist noch ein zusätzlicher Windpark auf dem Schienerberg angedacht, der bereits für reichlich Interesse und Protest sorgt, weiß Öhningens Bürgermeister Andreas Schmid. Dennoch bewertet er die Stimmung im Ort als ausgeglichen. Viele BürgerInnen stünden dieser regenerativen Energieerzeugung positiv und offen gegenüber, so Schmid. Hauptargument der Windkraftgegner sei sicher der Eingriff in das Landschaftsbild. »Da müssen wir genau abwägen zwischen Landschaftsbild und erneuerbaren Energien«, betont der Schultes, weist aber mit Nachdruck darauf hin, dass »wir erst ganz am Anfang des Projekts stehen und es noch viele offene Fragen gibt«. Denn der Weg bis zum Bau eines Windparks ist lang und steinig.
Davon kann Bene Müller, Geschäftsführer des Energieunternehmens solarcomplex Singen, aus langjähriger Erfahrung ein Lied singen. Durchschnittlich dauert die Umsetzung sieben Jahre. »Das muss schneller gehen, die Verfahren müssen auf drei bis dreieinhalb Jahre verkürzt werden«, fordert nicht nur Staatssekretär Baumann, sondern auch Bene Müller. Er will in den kommenden zwei Monaten für die Betreibergesellschaft Hegauwind den zweiten Anlauf zur Realisierung der Windanlagen im Gewann »Brand« in Watterdingen stellen und hofft auf grünes Licht vom Landratsamt Konstanz als Genehmigungsbehörde.
Müller sieht keine Alternative zur Windkraft, sondern stellt unmissverständlich klar: »Wir müssen für die Energiewende alle Potenziale der erneuerbaren Energien nutzen«, denn der Strombedarf werde weiter steigen – auch wegen der Elektromobilität.
Die Versorgungssicherheit und die Unabhängigkeit von »schwierigen Energieträgern wie Russland zur Wahrung unseres Wohlstands« sieht auch Andre Baumann angesichts der aktuellen Lage als wesentliche Beschleuniger für den Ausbau der regenerativen Energien wie Wind- und Wasserkraft sowie Solarparks. Und nicht zu vergessen: das Energiesparen. »In der neuen Energiewelt müssen wir effizienter und sparsamer mit Strom umgehen«, weist Baumann nach vorne und betont: »Wir müssen unsere Hausaufgaben machen, um unseren Kindern eine lebenswerte Welt zu hinterlassen«.
Für ihn dienen die erneuerbaren Energien der »nationalen Sicherheit« und um diese zu gewährleisten, müsse man auch Landschaftsschutzgebiete wie den Schienerberg öffnen. Weitere Schritte, um das umfangreiche Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, wurden mit der Abschaffung des Widerspruchsrechts und der Bildung einer »Task Force als Problemlöser« bereits gemacht. Doch Baumanns Argumente für die Energiewende und den Ausbau der erneuerbaren Energie konnten bei der Diskussion in Horn nicht alle Besucher überzeugen. So monierte ein Bewohner aus Bankholzen: »Wir nehmen Windräder in Kauf und opfern einen Teil der Natur, um weiterhin so viel Strom zu verbrauchen wie bisher.« Auch Öhningens Gemeinderätin Andrea Dix haderte mit der Vorstellung der riesigen Rotoren im »landschaftlichen Paradies der Höri«. Doch dazu sieht der Staatssekretär wenig Alternativen: »Ich weiß, wie schön es auf dem Schienerberg ist, doch im Schwarzwald gibt es auch schöne Ecken. Die Windräder müssen aber am Ende da hin, wo der Wind weht, auch wenn sich dadurch das Landschaftsbild ändert.«

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Nese Erikli und Dr. Andre Baumann: Kann der Ausbau der Windkraft auf der Höri gelingen?
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Autor:

Ute Mucha aus Moos

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