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Im Gespräch mit dem Markenmacher
Braucht es noch mehr Werbung, Herr Seliger?

Manuel Seliger ist Brandmeister und Markenmacher aus Leidenschaft. | Foto: Alexander Riester
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  • Manuel Seliger ist Brandmeister und Markenmacher aus Leidenschaft.
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Orsingen-Nenzingen. Manuel Seliger ist "Markenmacher" und "Brandmeister" aus Orsingen-Nenzingen. Der 32-Jährige ist Geschäftsführer der zwölf Mitarbeiter starken Seliger Brands GmbH und verhilft Unternehmen zu modernen Looks und Sichtbarkeit. Das WOCHENBLATT hat ihn in seinen heimeligen Räumen in der Orsinger Straße besucht und mit ihm bei einer Tasse Kaffee darüber gesprochen, wie er seine Branche sieht, was seine Arbeit besonders macht und wie er zu digitalen und analogen Medien steht.

Herr Seliger, braucht es noch mehr Werbung?
Manuel Seliger:
Auf keinen Fall. Es liegt auf der Hand, dass das ein relativ offensichtliches Thema ist. Es braucht definitiv nicht noch mehr Werbung. Ich glaube, wir brauchen von nichts mehr - außer vielleicht bei Dingen wie Frieden, Glück oder Gesundheit. Aber nicht diesen Wahnsinn, mit dem alle geflutet werden, dieses "Immer mehr und mehr und mehr". Das ist vor allem auch in der Werbung so, weil es etwas ist, was Konsum antreibt. Kurz gesagt: Nein, wir brauchen definitiv nicht mehr. Ich glaube auch nicht, dass ich damit gegen mein eigenes Gewerk spreche. Genau das Gegenteil.
Es gibt viele Agenturen und Firmen, die Werbung machen. Aber es gibt darunter nicht viele, die nicht auf die Masse abzielen, sondern auf die Qualität. Darum muss es gehen. Nicht mehr, sondern besser. Lieber weniger, dafür effektiver, gezielter. Unsere Briefkästen müssen nicht noch voller, unsere Social-Media-Verläufe nicht noch praller werden.

Ich bin von meinem Produkt, meiner Dienstleistung überzeugt. Warum muss ich dann überhaupt noch dafür werben?
Manuel Seliger:
Ich höre diese Aussage sehr häufig. Da fließt mir immer eine Träne herunter. Während der Coronazeit hat man gemerkt, dass vielen die Luft ausging im Sinne von 'Keine Zeit, keine Muse, kein Geld'. Für diejenigen, die bis dahin nicht in ihre Marke investiert hatten, war es zu spät, die Bekanntheit zu steigern. Von der Bekanntheit zehrt man in schlechten Zeiten. Ich habe in meinem Beruf sehr viele Kontaktpunkte zu vielen verschiedenen Menschen und Branchen. Und ich höre viele verschiedene Meinungen und Denkansätze. Aber es ist Thema bei allen: Von heute auf morgen ist alles weg. Gewisse Märkte können ganz plötzlich ganz anders sein. Ich glaube fest daran, dass Markeninvestition eine Investition in die Zukunft ist.

Also weg von dem kurzfristigen Denken.
Manuel Seliger:
Richtig. Wer glaubt, dass etwas schlecht ist oder falsch läuft, wenn bei der Anzeige oder der Kampagne am nächsten Tag nicht das erwünschte Ergebnis kommt, der hat die Sache nicht verstanden. Werbung lebt von Wiederholung. Und manche Dinge braucht man nicht so häufig im Leben. Wenn ein Haus gebaut wird, muss ich als Firma zur richtigen Zeit im Kopf des Hausbauers sein. Das schaffe ich nur mit einer gewissen Breite an Kommunikation. Dieses Verständnis ist wichtig. Sozusagen: 'Wenn es mir gut geht, muss ich für die Zukunft investieren.' Natürlich gibt es auch Akutmaßnahmen, bei denen schnell etwas passieren muss. Aber wenn wir von einer Marke sprechen, ist das etwas, was nicht von heute auf morgen passiert.

Wächst das Verständnis dafür?
Manuel Seliger:
Ja und nein. Es gibt diejenigen, die es noch immer nicht verstanden und vielleicht auch kein Interesse haben und es gibt die, die Verständnis dafür entwickelt haben. Zum Unternehmertum gehört aus meiner Sicht auch ein gewisser Vorausblick.

Als "Brandmeister aus Leidenschaft", was macht ein gutes Branding aus Expertensicht aus?
Manuel Seliger:
Bei einer guten Marke - egal ob Einmannbetrieb oder Großkonzern - geht es darum, die Identität der Firma darzustellen und dabei das Bedürfnis des Kunden mitschwingen zu lassen. Ich glaube fest an die Worte: 'So wie ich kommuniziere, so ziehe ich an.' Alles, was ich herausgebe, zieht Kunden an. Wenn man seine Identität richtig darstellt, zieht man genau die Kunden an, die man haben möchte.

Und warum braucht es dafür den "Markenmacher"? Was bringen Sie mit?
Manuel Seliger:
Ich vergleiche das momentan ein bisschen mit unserem Gesundheitssystem. Dort gibt es viel Masse und man wird schnell durch den Prozess gehetzt. Wenige nehmen sich wirklich Zeit, um mit einem zu sprechen und zu sehen, wo wirklich der Schuh drückt. Da sind wir auch wieder bei der ersten Frage: Es geht nicht um mehr, es geht um besser. Zukunft sind die, die sich wirklich Zeit nehmen, die sich mit dem Kunden hinsetzen und wirklich verstehen wollen. Das ist etwas, was uns ausmacht. Bei uns gibt es sozusagen Privatsprechstunden. Wir haben wirklich Lust, zuzuhören. Wir sind pragmatisch und haben eine 'Ärmel-hochkrempeln-Mentalität'. Und wir machen auch nicht alles. Es muss uns auch Spaß machen. Wir sind nicht nur Berater, die schwatzen, sondern auch die Markenmacher, die es umsetzen. Und ich glaube, wir sind eine ganz nette Truppe, die Bock hat, cooles Zeug zu machen und etwas zu bewegen.

Dann sind Projekte für Sie auch etwas, an dem Sie hängen und bei dem Sie mitfiebern?
Manuel Seliger:
Auf jeden Fall. Für mich ist es das Größte, wenn der Kunde anruft und sagt: 'Herr Seliger oder Manuel - ich bin mit vielen per Du - das und das ist passiert. Bombe.' Es gibt zig Erfolgsgeschichten. Vom verkauften Dachstuhl durch einen netten Flyer bis zur Wirtschaft, die einen Koch gesucht hat und für die wir uns eine witzige Kampagne überlegt haben. 'Wir haben einen Kochlöffel abzugeben' war der Titel. Das hat viel Spaß gemacht und nach sechs Wochen haben wir einen neuen Koch gefunden. Solche Sachen erlebt man hautnah. Früher war unser Slogan 'Die Erfolgsagentur'. Das war darauf getrimmt, dass wir Erfolg für unseren Kunden wollen, dass sich eben etwas bewegt, dass wirklich etwas Positives passiert.

Der Kontakt zum Kunden besteht also langfristig.
Manuel Seliger:
Ein Großteil unserer Kundenbeziehungen sind langjährige Partnerschaften. Unsere Kunden sind Partner. Es ist ein Miteinander. Wenn sich der Kunde querstellt, unsere Ideen nicht zulässt, uns nicht vertraut, dann können wir keine gute Arbeit machen. Es gibt auch Kunden, bei denen ich merke, dass es nicht funktioniert. Das sind nicht die Projekte, aus denen eine langjährige Partnerschaft entsteht. Uns gibt es 2024 seit zehn Jahren und fast alle Kunden, bei denen eine gute Beziehung da war, arbeiten immer noch mit uns zusammen.

Was darf ich als Kunde von Ihnen erwarten? Wie verläuft der Prozess?
Manuel Seliger:
Zuerst gibt es einen Ersttermin, um zu sehen, ob wir zueinander passen. Das ist für mich eine wichtige Grundvoraussetzung. Dann sprechen wir über die Bedürfnisse und hören gut zu. Damit wir ein Gefühl dafür bekommen, schauen wir uns danach das Geschäft oder den Betrieb an. Dieses Gefühl gilt es letztlich in die Kommunikation, in Bild, Wort und Gestaltung zu packen. Es geht um sehr viel mehr, als nur ein Logo zu entwerfen. Es spielt eine Rolle, ob die Ecken rund oder eckig sind. Es spielt eine Rolle, ob ich mit rot oder mit grün arbeite. Das alles drückt Gefühle aus. Es gilt, die Identität des Kunden darzustellen und ihn mit seinen potenziellen Kunden oder Mitarbeitern zusammenzubringen.

Was passiert dann?
Manuel Seliger:
Meistens gibt es dann einen Brainstorming-Termin, bei dem man sich einfach zusammensetzt und sich wirklich alles ansieht - den Kunden, Wettbewerber, die eigenen Vorzüge. Man arbeitet, bis die Köpfe rauchen. Diese Termine sind sehr oft sehr intensiv. Danach kann es so richtig losgehen: Design, Bildwelt, Website, alles drum und dran. Die Marke wird entwickelt und die Partnerschaft läuft - wie gesagt - meistens über Jahre. Wenn der Kunde es will und wenn wir es wollen.

Müssen Sie dabei bei null anfangen?
Manuel Seliger:
Eine Firma, die es schon seit 30 Jahren gibt, gibt es nicht ohne Grund so lange. Die machen irgendwas richtig. Es macht unglaublich Spaß, das herauszuarbeiten. Es geht nicht darum, irgendetwas Neues zu erfinden, sondern darum, zu sagen: 'Ihr macht irgendetwas verdammt gut. Was ist das? Was sind Eure Werte?' Wir wollen all diese Dinge hervorheben, die schon da sind. Am Ende geht es darum, Emotionen zu transportieren. Wir klopfen da extrem viel im Vorfeld ab, um den Weg für die Zusammenarbeit zu ebnen.

Ich habe bei unserem Gespräch herausgehört: Branding und Marke sind keine Synonyme. Können Sie den Unterschied erklären?
Manuel Seliger:
Bei der Marke geht es darum, Grundlagenarbeit zu machen, wenn sie noch nicht vorhanden ist. Das bedeutet, die Botschaft zutage zu tragen, sie visuell umzuformulieren und in den entsprechenden Medien darzustellen. Marke bedeutet, seine Identität visuell darzustellen. Branding erachte ich als die Fortführung dessen. Das Wort kommt von dem Brandstempel, den man aus den Westernfilmen kennt. Die Kühe wurden früher gekennzeichnet, damit man sie erkennt. Es geht also um entsprechende Kennzeichnung der Marke in der Welt, damit man sofort erkennt, welche Firma das ist. Da braucht es dann nicht einmal das ganze Logo. Es reicht die Schiftart oder die Farbe oder ein Gestaltungselement und man weiß sofort, um was es geht.

Die Welt wird digitaler. Dennoch werben Sie noch in gedruckten Medien wie dem WOCHENBLATT. Wie wichtig ist es, dass die Menschen noch etwas Physisches in Händen halten können?
Manuel Seliger:
Man muss sich überlegen, welche Kanäle die richtigen für die eigene Basis sind. Ich bin ein Fan von analogen Medien und ich bin ein Fan von digitalen Medien. Alles zum richtigen Thema. Wer ist die Zielgruppe? Was sind die Ziele? Wo wollen wir hin? Darauf basiert die Wahl des Mediums. Es braucht analog, es braucht digital, es braucht ganz oft einen multimedialen Mix. Ich würde auf keinen Fall alles auf digital setzen. Gerade, wenn es um Regionalität geht. Unsere Kunden sind zu 99 Prozent im Umkreis von 100 Kilometern zu finden und als regional verankerte Agentur brauchen wir dieses regionale Medium. Ich bin ein Fan vom WOCHENBLATT. Ich liebe Formate wie die 'Flying Page' oder ganze Einzelseiten. Es braucht in der Region eine gute Mischung. Dann funktioniert es ganz gut.

Sie feiern im kommenden Jahr das zehnjährige Bestehen. Was sind Ihre Wünsche und Ziele für die nächsten zehn Jahre?
Manuel Seliger:
Ich möchte nicht zur 50-Mann-Agentur werden, weil das Thema viel zu emotional ist. Umso mehr Leute ich habe, umso weiter weg vom Thema bin ich. Deswegen denke ich hier an minimales Wachstum. Wir haben auch noch ein paar Kunden im Visier, denen wir gut täten und die uns gut täten. Und ich wünsche mir eine kontinuierliche Weiterentwicklung. Es gibt nichts schlimmeres in unserer Branche, als den Ball fallen zu lassen und stehen zu bleiben. Wir wollen immer weiter nach besseren Lösungen suchen. Wir machen schon viele schräge Sachen, die andere Agenturen nicht unbedingt machen - zum Beispiel fünf eigene Werbeanhänger, bei denen es nur darum geht, wie wir die Botschaft wortwörtlich schnell auf die Straße bringen können. Wir versuchen immer, einen Schritt weiterzudenken und einen Schritt schneller zu sein als die anderen. Wenn schon nicht im Vordergrund, dann im Hintergrund.

Autor:

Tobias Lange aus Singen

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