Mit Humor und Originalität: Landesinnenminister Strobl löst seine Weinstrafe vor dem Narrengericht ein
Nur die Trollinger-Witze waren abgestanden

Strafweinübergabe  | Foto: Strafweinübergae ist erfolgt: Narrenrichter Jürgen Koterzyna, Landesinnenminister Thomas Strobl, Fürsprech Michael Nadig, Landesverkehrsminister Winfried Hermann und Weinberater Meinrad Schmiederer. swb-Bild: sw
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Stockach. Die ewigen Trollinger-Witze sind irgendwann ausgelutscht. Möchte man meinen. Doch weit gefehlt. Immer wieder wurden sie bedient. Dabei gab es doch wirklich genug anderen humoresken Stoff: Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU), der Beklagte 2018 vor dem Stockacher Narrengericht, löste seine Weinstrafe am Freitag, 22. Juni, auf der Nellenburg hoch über Stockach im gemütlichen Ambiente ein. Und Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Die Grünen), der während der Gerichtsverhandlung als Zeuge aufgetreten war, kam ebenfalls, um seine Weinstrafe abzustottern. Dabei wurde immer wieder gewitzelt, dass die Weinstrafe aus Trollinger bestehen würde. Tat sie natürlich nicht. Wenig sparsam hatte der Schwabe Strobl ein edles Tröpfchen spendiert, denn er war am »Schmotzigen Dunschdig« in der Stockacher Jahnhalle von Narrenrichter Jürgen Koterzyna und seinen Gerichtsnarren zur Zahlung von sechs Eimern Wein zu je 41 Litern, also 246 Litern, verurteilt worden. Winfried Hermann hatte im Februar eine strenge Rüge vom Narrengericht für sein Tempolimit auf 130 Stundenkilometer auf der A81 erhalten und war dafür zu knapp 36 Litern Wein verdonnert worden.

Eines hat Thomas Strobl, baden-württembergischer Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration sowie stellvertretender Ministerpräsident, trotz bereits erfolgter Verurteilung noch immer nicht verstanden: In Stockach spricht zuerst der Narrenrichter - und sonst gar niemand. So wollte der Christdemokrat frisch von der Leber weg loslegen und seine Strafweinübergabe mit ein paar launigen Worten begleiten. Doch Jürgen Koterzyna kam ihm zuvor und sprach zuerst: Thomas Strobl habe am »Schmotzigen Dunschdig« die Jahnhalle gerockt und das Narrengericht mit Vokabeln wie »hochprozentiges Gremium« oder »kriminellste Vereinigung« beleidigt. Vor allem aber habe er die Aufnahme von Frauen in das bislang zu 100 Prozent männliche Gremium gefordert. Dieser Forderung sei das Narrengericht zumindest teilweise nachgekommen: Es habe, so Jürgen Koterzyna, sein weiblichstes Mitglied zum neuen Kläger bestellt - Wolfgang Reuther übt dieses Amt ab 2019 zum ersten Mal aus.

Nachdem der Narrenrichter geendet hatte, durfte der Minister sprechen: Er werde nach dem Ende seiner politische Karriere in den Ruhestand gehen, versicherte Thomas Strobl, dann Mitglied des Stockacher Narrengerichts werden und es von innen heraus aushöhlen. Solange, bis es richtig »durchgegendert« sei. Und in der langen Geschichte der Menschheit hat es nach Darstellung des Christdemokraten drei große Justizirrtümer gegeben: Einmal den Fall Adams im Paradies durch die dunklen Machenschaften seiner Lebensgefährtin, dann natürlich die Verurteilung von Galileo Galilei und seinem heliozentrischen Weltbild durch die katholische Kirche, und schließlich und drittens seine, Thomas Strobls, Verurteilung durch das Narrengericht. Denn das Narrengericht habe kein heliozentrisches Weltbild wie Galileo Galilei, sondern ein vinozentrisches. Schließlich kreisen die Gedanken des hohen Kollegiums immer um den Strafwein. Thomas Strobl hat sich nach eigenen Angaben vor dem Narrengericht Gericht wie Don Quijote mit seinem unsiinigen Kampf gegen Windmühlenflügel gefühlt, und auch sein getreuer Diener Sancho Pansa, nämlich Verkehrsminister »Wine« Hermann, habe ihm nicht helfen können. Darum auch die Verurteilung und nun die Strafweinübergabe.

Winfried Hermann, nicht so sehr mit närrischen Genen gesegnet wie Thomas Strobl, sprach von einem »arglistigen Narrengericht« und davon, dass er im Februar gerne seiner Ladung als Zeuge nach Stockach zur Narrengerichtsverhandlung gefolgt sei. Denn was könne es für einen Minister Schöneres geben, als die Wahrheit zu sagen. Doch vom Zeugen sei er plötzlich zum Angeklagten avanciert und ebenfalls zu einer Weinstrafe verurteilt worden. Kommentar Thomas Strobl: »Er hätte mir zur Seite stehen und mich nicht in die Seite treten sollen.«

Trotz aller verbalen Plänkeleien und trockener Trollinger-Witze war es eine humorvolle, würdige Strafweineinlösung, die in ein geselliges Beisammensein mündete. Thomas Strobl wiederholte die bereits bei der Verhandlung am »Schmotzigen Dunschdig« in der Jahnhalle gezeigte rhetorisch-närrische, mitreißende Spaßkanonade mit originellen verbalen Seitenhieben und starken Wortgefechten, Narrenrichter Koterzyna bewies spontanen Wortwitz, und auch Verkehrsminister Hermann gab sich Mühe, in den humorvollen Reigen einzutreten und dort zu bestehen. Eigentlich störten an diesem Abend auf der Nellenburg nur die abgestandenen Trollinger-Witze.

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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