WOCHENBLATT-Interview zur Beklagten 2019 mit Kläger Reuther
Von Zungen- und Herzensbrechern

Michael Nadig Wolfgang Reuther  | Foto: Freuen sich auf »AKK«: Fürsprech Michael Nadig und Kläger Wolfgang Reuther.swb-Bild: sw
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Stockach. »Häuptling Flinke Zunge« wird er auch genannt – was in seinem neuen Amt als Kläger des Stockacher Narrengerichts kein Fehler sein muss. Wolfgang Reuther hat am »Schmutzigen Dunschdig«, 28. Februar, um 17 Uhr in der Jahnhalle sein Debüt als Chef-Staatsanwalt der Stockacher Narren. Sein erstes Opfer wird die Beklagte 2019, die CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer, sein.

WOCHENBLATT: Ihr Vorgänger, Thomas Warndorf, war für seine intellektuellen Ausführungen und seine langen Plädoyers bekannt. Welche Eigenheiten wollen Sie zu Ihren Markenzeichen als Kläger machen?

Wolfgang Reuther: Intellektualität war schon immer ein Markenzeichen des Narrengerichts. Wieso sollte Thomas Warndorf hier eine Ausnahme machen? Seine Plädoyers waren nur so lange, wie die Beklagten schuldig waren. Das wesentliche Markenzeichen eines aufrechten Klägers ist sein ungetrübtes Rechtsempfinden.

WOCHENBLATT: Thomas Warndorf hat die Existenz des Stockacher Stadtheiligen Hans Kuony geleugnet. Werden Sie in bewusster Kläger-Tradition mit diesem Sakrileg fortfahren?

Wolfgang Reuther: Dies tat er in seiner Funktion und Kenntnis als Archivar und Historiker. Als Kläger hätte er sich seiner Existenzgrundlage beraubt, was auch ich nicht zu tun gedenke.

WOCHENBLATT: Ihr erstes Opfer ist wegen ihres Zungenbrecher-Namens gefürchtet. Sagen Sie sich jeden Abend vor dem Schlafengehen zehn Mal vor – Annegret Kramp-Karrenbauer, Annegret Kramp-Karrenbauer….?

Wolfgang Reuther: Vor dem Narrengericht gibt es keine Opfer, sondern nur Schuldige und Unschuldige. Als guter Christ verrichte ich vor dem Schlafengehen mein Nachtgebet und erledige lieber andere Dinge zehn Mal.

WOCHENBLATT: Als selbstständiger Immobilienmakler haben Sie bei der Wahl zum CDU-Vorsitz bestimmt Friedrich Merz die Daumen gedrückt. Werden Sie es »AKK« büßen lassen, dass sie die Nase vorn hatte?

Wolfgang Reuther: Als überzeugter Demokrat weiß ich eine Entscheidung des Parteitags zu respektieren. Für den Merz ist es im Dezember einfach noch zu früh. Seine Jahreszeit kommt noch.

WOCHENBLATT: Sind Sie als ehemaliger CDU-Landtagsabgeordneter und CDU-Fraktionsvorsitzender im Stockacher Gemeinderat nicht befangen gegenüber ihrer Parteikollegin?

Wolfgang Reuther: Ich fühle mich in manchen Dingen befangen, aber in diesem Fall wirklich nicht.

WOCHENBLATT: Das Narrengericht hat ja bekanntlich Angst vor starken Frauen – schließlich ist es eine der letzten reinen Männerbastionen im gleichberechtigten Deutschland. Wie werden Sie die narrengerichtliche Schüchternheit und seine Berührungsängste gegenüber Frauen überwinden?

Wolfgang Reuther: Wenn wir Angst vor starken Frauen hätten, wären diese schon längst im Narrengericht. Und manchmal wünschte ich mir, das Hohe Kollegium hätte etwas mehr Berührungsängste gegenüber Frauen.

WOCHENBLATT: Annegret Kramp-Karrenbauer wird als neue Kanzlerkandidatin und damit als mögliche Regierungschefin gehandelt. Wäre es da nicht angebracht, Ihr den bisher nur Männern vorbehaltenen Laufnarrenschlag zu gewähren?

Wolfgang Reuther: Ein Laufnarrenschlag allein macht noch keinen Bundeskanzler, auch wenn man sich hernach so fühlt.

WOCHENBLATT: Der einzige je vom Narrengericht ausgesprochene Freispruch wurde unter Ihnen als Narrenrichter 2005 dem damaligen saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller zuteil. Nun stehen Sie als Kläger einer Saarländerin gegenüber. Befürchten Sie, dass Ihre Klagepunkte so dünn sein könnten, dass wieder ein Freispruch rausspringt?

Wolfgang Reuther: Peter Müller war sehr sympathisch und zutiefst unschuldig, sonst wäre er heute nicht Bundesverfassungsrichter. Frau Kramp-Karrenbauer ist zumindest sehr sympathisch.

Interview: Simone Weiß

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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