Wochenblatt-Zoom-Meeting mit den KulturamtsleiterInnen der Region
»Die Kultur gehört ins Grundgesetz«

Tracik | Foto: Angélique Tracik, Fachbereichsleiterin Kultur in Radolfzell.
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Kreis Konstanz. Genauso wie die Gastronomie hat es auch die Kulturschaffenden mit am härtesten erwischt in dieser Zeit der Corona-Lockdowns. Schon seit November ist wieder Zwangspause auf den Bühnen, in den Galerien oder Orchestergräben.
Vielleicht gerade deshalb schauen die KulturamtsleiterInnen aus der Region mit ganz viel Mut in die Zukunft und damit in die Zeit »nach Corona«, wie sich bei einer gemeinsamen Videokonferenz mit dem Wochenblatt zeigte.
Das Wochenblatt hatte zu dieser Konferenz eingeladen und sehr spontane Zusagen erhalten von Angélique Tracik, Leiterin des Fachbereichs Kultur in Radolfzell, Catharina Scheufele, Kulturamtsleiterin in Singen wie Stefan Keil, Kulturamtsleiter der Stadt Stockach.
Denn alle stehen gewissermaßen auf dem Startblock für ein Comeback, auch wenn sie sich keine Illusionen darüber machen, dass im ersten Quartal dieses Jahres kaum etwas möglich sein dürfte, durch die aktuell noch immer sehr unsichere Lage mit fast täglich neuen Stimmungsbildern, bei denen man auch auf eine baldige Durchimpfung zur Risikoverringerung nicht setzen kann.
Angelique Tracik: »Wir hoffen mal sehr auf unsere große Trachtenausstellung zu den Heimattagen ab 20. März. Wir sind uns sehr sicher, dass es wohl keine Vernissage geben wird, aber vielleicht dann eine Zwischenvernissage später, und sicher eine Finissage. Wir sind guter Hoffnung, unser Seefestival oder auch das Hausherrenfest feiern zu können. Aber bei allen Plänen muss es derzeit noch einen Plan B in der Schublade geben, wie man auch auf andere Weise die Feste begehen könnte.« Vor allem mit dem bestehenden Personal und einer sehr motivierten Mannschaft könne man das schultern.
Stefan Keil zeigt sich auch ein Stück weit stolz: »Wir haben im letzten Jahr gezeigt, was wir unter diesen Bedingungen alles leisten können«, verweist er auf die vielen Konzepte zum Infektionsschutz die umgesetzt wurden. »Uns schreckt es deswegen keineswegs, wenn wir jetzt wieder öffnen könnten«, zeigt auch er seine Ungeduld. »Wichtig wäre das Signal, dass wir machen können, dann würden wir schon morgen aufsperren«, sagte er entschlossen in der Konferenz. Aus seiner Sicht, und da wird er von den Kolleginnen aus der Region bestärkt, hätten sich die Besucher von Konzerten und Theater richtig sicher und wohl gefühlt. Sie alle würden auf die Nachricht warten »Kultur geht wieder an den Start.«
Die Frage von Dominique Hahn an die Singener Kulturamtsleiterin Catharina Scheufele, wie in Singen ein Neustart möglich sein soll, wenn die Stadthalle Impfzentrum ist, und die Scheffelhalle abgebrannt ist darf nicht fehlen. »Wir sind uns natürlich sicher, dass nach dem Lockdown der Druck stärker wird, Veranstaltungen anzubieten. »Wir sind aber gerüstet und haben in der Zeit des Lockdowns weiter gearbeitet. Auch die Färbe steht in den Startlöchern um endlich ihre nächste Premiere feiern zu können, für die alles fertig geprobt ist«, sagt sie. Man habe ja das ganze Jahr über versucht, Veranstaltungen nicht gänzlich abzusagen, sondern zu verschieben. »Insofern befinden wir uns jetzt eigentlich in einem Kulturstau«, sagt sie in der Konferenz.

Kreative Cluster

Chancen durch die Krise? Die brauchen auch gerade die Künstler, die als »Soloselbständige« oder in losen Formationen bisher gut durchkamen, und nun oft komplett auf dem Trockenen sitzen – oft auch vom Staat vernachlässigt. Man habe hier mit dem Projekt »Creative Hug« der den Künstlern eine stärkere Lobby und auch mehr Kooperation und Kolaboration eröffnen und dieses Jahr einen ganz wichtigen ersten Schritt geschafft, wenn das leider auch alles erst mal im digitalen Format läuft. »Wichtig ist, dass die Kunst und Kultur, sich hier zeigen konnte.«

Neue Formate, die bleiben?

Museen mit 3D-Rundgang, virtueller Musikunterricht ohne wirkliche Infrastruktur. »Wir haben gesehen wo eine Transformation eröffnet werden kann«, wird ein Aufbruch zu neuen Ufern gesehen. Aber auch: ohne analoge Erlebnisse in Live geht es nicht. »Beim Digitalen haben wir natürlich eine absolut professionelle Konkurrenz, bei der wir nicht mithalten können«, schränkt Catharina Scheufele ein, die auch das »analoge« Kulturerlebnis in den Vordergrund stellt, denn das ist ja das einzigartige. Auf der anderen Seite wird inzwischen durch den Städtetag auf einen »Digitalpakt Kultur« hingearbeitet, um hier bessere Strukturen zu bekommen. Schon beim jetzt anstehenden Neustart sei man auch viel Besser aufgestellt mit den Erfahrungen vom letzten Sommer, als der Kulturbetrieb noch viel Mühe hatte, wieder in Gang zu kommen, wie die drei Amtsleiter bekräftigen.
Die Lockdowns haben den Kulturfunktionären freilich auch immer wieder vorgeführt, dass ihr Angebot doch immer als »Freiwilligkeitsleistung« eingestuft wurde, eben als verzichtbar, also auch nicht System- oder Zivilisationsrelevant. »Ich wünsche mir, deshalb, dass Kultur ins Grundgesetz aufgenommen wird«, sagt Angélique Tracik und bekommt dafür symbolischen Applaus aus Singen wie Stockach.
Wie es nun um das Hohen-twielfest, die Erzählzeit, Museumsnacht, Kulturnacht, Haus-herrenfest oder den Schweizer Feiertag bestellt ist, gibt es in der Video-Version der Konferenz auf

www.wochenblatt.net/tv

Tracik | Foto: Angélique Tracik, Fachbereichsleiterin Kultur in Radolfzell.
Scheufele | Foto: Catharina Scheufele, Leiterin des Kulturamts im Singener Rathaus.
Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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