Kreistag muss Finanzspritze von fünf Milionen Euro beschließen
Gesundheitsverbund kommt an den Tropf des Landkreises

Klinikverbund | Foto: Die beiden Geschäftsführer des Klinikverbunds, Peter Fischer und Rainer Ott am Montag in der Sitzung des Kreistags. swb-Bild: of
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Konstanz. Im Rahmen einer Sondersitzung musste der Konstanzer Kreistag am Montagabend eine Finanzspritze von fünf Millionen Euro für den Klinikverbund des Kreises wegen akuter Liquiditätsengpässe beschließen. Klar war in der Diskussion, dass der Klinikverbund mindestens im kommenden Jahr auf weitere Zuwendungen durch den Landkreis angewiesen ist, wenn nicht gar dauerhaft. Schon im Sommer hatte Landrat Hämmerle als Vorsitzender des Verwaltungsrats „rote Zahlen“ für dieses Geschäftsjahr angekündigt weil unter anderem durch Personalmangel Abteilungen geschlossen werden mussten und dadurch Einnahmen ausfielen. Durch das im Herbst beschlossene Pflegestärkungsgesetz, beziehungsweise damit verbundene verkürzte Verjährungsfristen für strittige Behandlungskosten mit dem Krankenkassen, sind die roten Zahlen für die nächsten Monate noch etwas roter geworden, so dass der Kreistag zur Soforthilfe schreiten musste, um einen finanziellen Kollaps zu vermeiden.

Landrat Frank Hämmerle informierte nach einer ausgiebigen nichtöffentlichen Sitzung des Gremiums: „Wir haben die Liquididät des Gesundheitsverbunds nicht sichergestellt.“ Das müsse man nun aber tun um eine Insolvenz zu vermeiden. Es habe einen Hilferuft aus dem Aufsichtsrat gegeben, was Hämmerle als den Ruf nach einem Rettungsschirm interpretierte. Es gelte nun insgesamt die Weichen für die Zukunft zu stellen, auch was eine künftige Geschäftsführung betrifft. Die Amtszeiten von Geschäftsführer Peter Fischer wurde 2022 enden, die seines Stellvertreters Rainer Ott in 2023. Man müsse hier frühzeitig die Suche nach Nachfolgern in Ganz setzen, so Hämmerle.

Jetzt ging es aber erstmal um die Geldspritze: Fünf Millionen Euro an „liquiden Mitteln“ als Darlehen in 2019 schon für den Dezember braucht das Klinikum. Dieses Geld könnte der Landkreis sogar erst mal aus Mehreinnahmen bei der Grunderwerbssteuer (2,1 Millionen Euro) bei den Schlüsselzuweisungen durch das Land (1,5 Millionen Euro), wie beim Finanzausgleich (1,4 Millionen Euro) darstellen. Die Geldspritze ist mit der Forderung nach einer Rückzahlung verbunden, falls es dem Gesundheitsverbund finanziell wieder besser gehen sollte. Eingebunden ist auch die Forderung, dass der Landkreis das Geld mit Zinsen wieder zurück will im Falle einer Insolvenz des Gesundheitsverbunds.

Klar war in der Diskussion auch, dass der Klinikverbund kapitalstärkende Maßnahmen braucht. Diese sollten zusätzlich in den Haushalt 2019 des Landkreises einfließen. Bei einem Umsatz von 280 Millionen Euro sei eine Eigenkapitaldecke von 520.000 Euro sehr gering, so Hämmerle. Dafür steht auch für 2019 eine Erhöhung der Kreisumlage im Raum, um einen halben Prozentpunkt. Damit soll dann allerdings auch ein Gutachten bezahlt werden, das die Strukturen des Gesundheitsverbunds genau unter die Lupe nehmen soll, kündige der Landrat an.

„Wir bewegen uns hier vom europäischen Beihilfenrecht bis zur Kommunalaufsicht“ deutete Hämmerle in seiner Erklärung die komplizierte Lage an. Und er gemahnte zu Eile. Die Frage des Zuschusses solle in der ersten Dezemberboche bereits geregelt werden, wohl auch um die Gehälter der Mitarbeiter zu sichern, wie angedeutet wurde.

Für die CDU-Fraktion sprach Freiherr Johannes von Bodman: Den Klinikverbund hole nun ein, dass er bei seiner Gründung vor fünf Jahren mit sehr wenig Eigenkapital ausgestattet worden sei. Bis zum Jahr 2017 hätten die Kliniken ja auch schwarze Zahlen geschrieben. Der Kreis habe ja bereits beschlossen erhebliche Mittel für die Bereich IT zur Verfügung stellen, weil der Verbund dieses aus seiner Geschäftstätigkeit schon nicht mehr darstellen konnte. „Das Thema Liquidität wird uns in den nächsten Jahren noch beschäftigen“, so von Bodmann.

Welche Alternative haben wir“, fragte sich Martin Staab als Redner für die Freien Wähler. Man wolle mit einer Zustimmung das Signal gebe, für eine Zukunft des Verbunds. Anne Overlack erinnerte in ihrem Statement für die Grünen an die Schließung der Geburtshilfe in Radolfzell. Damals sei eine Unterstützung abgelehnt worden. Sie frage ob der Aufsichtsrat seine Kontrollfunktion wahrgenommen habe und ob die Geschäftsführung wirklich einen Überblick über die wirtschaftliche Situation des Klinikverbunds habe. Ralf Baumert als Sprecher der SPD-Fraktion räumte ein, dass man die Liquiditätsproblematik trotz halbjährlicher Berichte nie in den Mittelpunkt gestellt habe. Es gebe keine andere Chance als hier eine Liquiditätsspritze zu geben. Es müsse eine mittelfristige Finanz- und Wirtschaftsplanung gebe, damit die Frage nicht mehr in dieser Form anstehe.

Dr. Georg Geiger für die FDP sieht den Kreis in der Pflicht, auch wenn dies nicht im Vertrag stehe, der zur Gründung des Verbunds geschlossen wurde. Wichtig sei es nun die Gutachten auf den Weg zu bringen, die die Finanzstrukturen durchleuchten. Kreistag Hans-Peter Koch (Linke) kündigte seine Zustimmung „mit der Faust in der Tasche“ an. Man sei sich des Versorgungsauftrags bewusst, aber es seien Fehler gemacht worden, die für die Zukunft vermieden würden werden müssten. Als Linke habe man schon länger eine Zulage für die Mitarbeiter gefordert, was seinerzeit abgelehnt worden sei. Jetzt komme ein Teil des nun anstehenden Defizits daher, dass mindestens 50 Betten wegen Personalmangels nicht belegt werden könnten.

Prof. Dieter Rühland (Neue Linie) sah das Problem grundsätzlich. Das Land lasse im baulichen Fragen die Krankenhausträger im Stich. Er forderte dass bei einer Neubesetzung der Geschäftsführung eine medizinischen Geschäftsführer eingesetzt werden sollte. Wenn es jetzt schon einen solchen gegeben hätte, hätte der viele der nun aufgelaufenen Probleme sicher erkennen können.

Der erforderliche erste Beschluss des Kreistags erfolgte einstimmig.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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