Nachfolgeregelung am 25. März 2019 / Seine Rede im Wortlaut
Landrat Hämmerle tritt zurück

Landrat Hämmerle Rücktritt | Foto: Lankrat Frank Hämmerle hat seinen Rücktritt angekündigt. swb-Bild: stm/Archiv
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Konstanz. Ein Paukenschlag hallte heute Nachmittag von der Kreistagssitzung durch den Landkreis. Landrat Frank Hämmerle gibt das Amt des Landrats des Landkreises Konstanz nach fast 21 Jahren zum 30. April 2019 ab. Damit kann eine Entscheidung über die Nachfolge durch den Kreistag am 25. März 2019 erfolgen.

Mit folgenden Worten erklärte Hämmerle seinen Rücktritt:

»Sehr geehrte Kreisrätinnen und Kreisräte, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

jetzt, vor Eintritt in die Tagesordnung der öffentlichen Kreistagssitzung möchte ich eine persönliche Erklärung abgeben: Ich erkläre hiermit meinen Rücktritt vom Amt des Landrats im Landkreis Konstanz zum 30. April 2019.

Im nächsten Jahr werde ich 67 Jahre alt. Ich bin ich nicht krank, nicht vergrämt und nicht amtsmüde. Aber jetzt ist es aus meiner Sicht und politischen Verantwortung der richtige Zeitpunkt. Und meine Frau, meine Familie, die Enkel und der Bauernhof warten auf mich. Ich habe diesen Entschluss, also rund 1 Jahr vor meiner gesetzlichen Pensionierung zum 31. August 2020 zu gehen, wohl überlegt; meine Ehrenämter werde ich weiter ausüben.

Seit Februar 1981, also dann seit über 38 Jahren diene ich unserem Landkreis. Zunächst als Regierungsassessor und persönlicher Referent meines Vorgängers Robert Maus. 1983 hat mich der damalige Kreistag einstimmig zum Verwaltungsdezernenten gewählt. Übrigens auf Vorschlag des Vorsitzenden der SPD-Fraktion. Von 1994 bis 1997 habe ich im Auftrag des Kreistags beim - wie es damals hieß - Aufbau Ost mitgearbeitet. Zentrale Aufgabe war ein Neurologisches Reha-Zentrum in Sachsen zu errichten. Das NRZ Bennewitz/Leipzig mit über 200 Plätzen wurde 1998 eingeweiht und hat seitdem tausenden Menschen nach Schlaganfällen oder Unfällen beste Hilfe gegeben.

Weitere wesentliche Stichpunkte der Bilanz sind - Große Investitionen in Infrastruktur, Schulen, Straßen, Schiene und Radwege. Die Schulen des Landkreises - berufliche und Sonderschulen - waren und sind unser Investitionsschwerpunkt: Aus der festen Überzeugung, dass eine hervorragende Ausbildung Grundlage für die Zukunftsfähigkeit unserer Bevölkerung und unseres Wohlstandes sind. Deshalb haben wir das Konzept von Berufsschulzentren umgesetzt mit dem flexibel auf Veränderungen in der Zukunft reagiert werden kann; in Stockach, Singen, Radolfzell und die Weichen für das BSZ in Konstanz sind gestellt.

Mit der Schaffung des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz am 12.12.2012 haben wir Verantwortung für unsere Bevölkerung übernommen. Öffentlich getragene Gesundheitsversorgung, räumlich gegliedert und stets in der Fortentwicklung des besten Versorgungsangebots für die Menschen die hier wohnen. Gemeinsam sind wir zukunftsfähig aufgestellt - das gilt seit 2017 auch für den Tourismus.

Weiterer Ausbau und Veränderung der Struktur des öffentlichen Personennahverkehrs, Finanzierung des Seehas durch das Land, Seehäsle, Weiterentwicklung des Tarifverbundes zum Aufgabenträgerverbund und jetzt aktuell die Festlegung der Ausschreibungskriterien des künftigen ÖPNV auf der Straße.

Sicherung unserer günstigen Abfallentsorgung, Sanierung von Deponien und Ansparung einer millionenschweren Rücklage für alle Fälle. Mit den Sozialverbänden haben wir Verträge geschlossen, die für Beratungsstellen Sicherheit geben.

Die Unterbringung von Migranten haben wir organisiert und fördern z. B. mit der Beschäftigungsgesellschaft und qualifizierter Sozialarbeit ihre Integration.

Die Gründung der Kunststiftung des Landkreises und die Beibehaltung des Kreisarchäologen stärkt das kulturelle Profil unserer Region.

Auch überregional und international haben wir einiges auf den Weg gebracht. Stichworte sind der Baufortschritt an der B33 - auch dank unseres Bundestagsabgeordneten Andy Jung. Und unser erfolgreicher Einsatz in Sachen Fluglärm, Schweizer Atomendlager, Ausbau Gäu- und Hochrheinbahn.

Dies alles - und noch viel mehr - haben wir im Kreistag gemeinsam gestaltet und erreicht. Verwaltung und Gremium ziehen gemeinsam an einem Strang und in die gleiche Richtung. Wir sind unserer Verantwortung gerecht geworden.

Ich habe jetzt 8 Kreistage seit 1981 erlebt. Und in all dieser Zeit sind mit großer Mehrheit, oft einstimmig, die aus Sicht von Verwaltung und Kreistag richtigen Entscheidungen getroffen worden. Dafür bin ich dankbar. Alle in die Entscheidungen einzubinden und mitzunehmen war mein Ziel. Vielleicht lag das auch daran, dass wir unsere Aufgabe immer am Gemeinwohl definiert haben - und nicht an parteipolitischen Interessen. So muss Kommunalpolitik sein: mit Verantwortung, unter den Augen und unmittelbarer Rückkopplung zur Bürgerschaft, also mit Bodenhaftung, Lösungen für örtliche Aufgaben zu finden und umzusetzen. Ohne ideologische Scheuklappen. Ich wünschte mir, dass auch die große Politik so handelte.

Ich hoffe, dass diese Kultur in der kommunalen Selbstverwaltung auch nach der im Mai 2019 anstehenden Wahl erhalten bleibt. Politisch überkopfte und verbissene Ideologien taugen im kommunalen Umfeld erst recht nicht. Mit meinem Rücktritt zum 30.04.2019 ist es ermöglicht, dass getreu unseres gelebten und für die Bevölkerung erfolgreichen kommunalen Selbstverständnisses von diesem jetzt amtierenden Kreistag meine Nachfolge bestimmt wird. Und deswegen verzichte ich auf ein weiteres Jahr Amtszeit.

Sie, meine verehrten Kreisrätinnen und Kreisräte, die zum Teil jahrzehntelange Erfahrungen im kommunalen Umfeld haben, können jetzt die Weichen für die nächsten 8 Jahre stellen. Deswegen, um diese Kontinuität zu sichern, erkläre ich meinen Rücktritt jetzt. Und dementsprechend präsentiere ich einen mit dem Regierungspräsidium abgestimmten Vorschlag und Zeitplan für die Wahl meiner Nachfolge.

- Stefan Mohr

Autor:

Redaktion aus Singen

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